Freitag, 19. April 2024, 00:26:05

Wir verkosten: An Cnoc 1975 26yo Highland Selection

Wer auf der Whiskylandkarte nach einer An Cnoc Distillery sucht, wird bald erfolglos das Handtuch werfen. Dem kleinen namentlichen Verwirrspiel liegt zu Grunde, dass die Besitzer der Destillerie Knockdhu fürchteten, man würde ihren Whisky mit Knockando verwechseln. Nun ja, Ardmore ist auch nicht Ardbeg, Glenlivet nicht Glenlossie und wer sich die Whisky Schatzsuche begibt, würde sich dieser Gefahr wohl bereitwillig aussetzen.

Unbestritten bleibt allerdings, dass Knockdhu eine – wie ich finde – höchst unterschätzte und unterrepräsentierte Destillerie ist, die großartige Malts zu bieten hat.

Der Gründung im Jahre 1893 folgte ein geschichtlich turbulentes Wechselbad der Gefühle, erstmalig zwischen 1931 und 1933 geschlossen, folgten fünfzig Jahre unter United Distillers Führung, die in einer erneuten Schließung 1983 währen wirtschaftlich schwerer Zeiten folgte.

Inver House, die auch Balblair, Pulteney, Speyburn und Balmenach unter ihrer Obhut haben, kaufte 1988 die Knockdhu Destillerie und heizte 1989 die stills an.

Eine kleine, feine Auswahl an offiziellen Abfüllungen, beginnend mit einem 12y, 16y, 22y, ein sehr rarer 35y, und einige Vintage Malts, sowie Abfüllungen, deren Label von dem Schottischen Künstler Peter Arkle designed werden.

Unabhängige Abfüllungen sind sehr selten, dann aber eher unter dem Destillerienamen Knockdhu, ebenso wie zwei (official bottlings) Sammlerstücke in einer schwarzen Flasche und Box, 21y und 23y Knockdhu in Fassstärke – traumhafte old school Speyside Whiskies.

Stichwort Speyside: dort ist die Brennerie, deren Name „schwarzer Hügel“ bedeutet, angesiedelt, genauer gesagt im malerischen Örtchen Knock, Aberdeenshire.

Die Destillerie Knockdhu (An Cnoc).  Bildrechte bei Lars Pechmann.
Die Destillerie Knockdhu (An Cnoc). Bildrechte bei Lars Pechmann.

Der Unternehmer John Morrison kaufte das Grundstück „Knock“ im Jahre 1892, wo er alsbald am Fuße des Knock Hill auf eine vielversprechende und qualitativ hochwertige Wasserquelle stieß. Eine Untersuchung durch ein Laboratorium aus Edinburgh von Distillers Limited betrieben) und ein Offert, das Gelände von Morrison zu kaufen, folgten, um die Destillerie zu errichten.

Der Charakter des Malts heute ist von Komplexität, Vielfalt und Aromen geprägt, die etwas von der, oft mit Speyside assoziierten süßlich malzigen Stilistik, weggehen. Dazu bemühen sich die Betreiber ihrem Whisky eine zusätzliche Qualitätspräsentation angedeihen zu lassen, alle Abfüllungen (bis auf den 12y) weisen zumindest 46% vol. auf, sind nicht gefärbt oder kühlfiltriert.  Auch dezent getroftes Gerstenmalz wird verwendet, größtenteils für Inver House eigene Blend Marken. Eine wash und eine spirit still können jährlich eine Kapazität von ca. 1,5 Millionen Litern reinen Alkohols produzieren, die nach der Destillation mittels gusseiserner worm tubs gekühlt werden.

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An Cnoc 1975 26y Highland Selection, 48,2% vol., ncf

Unter dem Namen Highland Selection bringt Inver House eine Reihe von Abfüllungen seiner fünf Destillerien auf den Markt, die von den distillery managern speziell selektioniert und dieser raren Sammlung zugeführt werden.

Dieser seltene Knockdhu Tropfen trägt nicht nur den Originalnamen am Etikett sondern birgt auch ein außergewöhnliches Whiskyerlebnis in der Flasche.

Nase: cremig weiches Vanille Opening, sanfte Frucht und auch Salzzitrone, plötzlich Melone!?! überraschend aber ganz prägnant, saftig vollreife Zucker- und Cantaloopmelone, etwas „seifige“ (nicht negativ) Getreidekomponenten verstecken sich dahinter, und dann rollen frische Haselnüsse daher, umgeben von ganz hellem Zucker und etwas Honig, auch vegetabile Aromen von Gurke und Sellerie spielen mit, ein ganz vorsichtiger dash Wasser bringt mehr dunkle Noten zum vorschein, Melasse trifft Melone, zehn Minuten braucht dieses komplexe flüssige Gold im Glas um mit dunklem Rauch und röstigen Malzaromen aufzuwarten, gleich darauf sagt noch etwas grüner Apfel „hallo“ um uns zu erinnern, dass dieser Malt für sein Alter unglaublich frisch wirkt, verspiel, sehr ausgewogen

Gaumen: feinste Vanillecreme, mit Marille und Pfirsich getoppt, voll, fett, cremig, richtig chewy, hier ist sie wieder, die Melone, Orange, heißer Buttertoast, entwickelt auch würzige Noten und insgesamt mit feiner, trockener Struktur

Finish: lang, länger, noch länger, zieht sich wunderbar dahin, getragen von diesem Spiel aus trockenen Vanillenoten, mit frischer Frucht hinterlegt, dann kommen  Gewürznoten von Thymian und Liebstöckel, auch Muskat gesellt sich in den bunten Reigen, dezenter Pfeffer gegen Ende

Alles in allem: was soll man sich denn noch wünschen von einem Single Malt, erzählte Geschichte im Glas, ein Sammelsurium von Aromen, Geschmäckern und Eindrücken, die alle in Harmonie zueinander stehen, ständig neue Überraschungen, und von einer Jugendlichkeit, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.

Ein Erlebnis, ein seltenes wohlgemerkt, aber ein außergewöhnlicher Malt.

Verkoster: Reinhard Pohorec arbeitet zur Zeit als Bartender im Savoy in London und beschreibt sich selbst als leidenschaftlicher Whiskygenießer. Er hat sich in seinem Berufsfeld auf den Purbereich und Whiskys spezialisiert und ist für whiskyexperts als freier Kolumnist tätig.

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