Sonntag, 22. Dezember 2024, 06:23:00

Wie trinkt man Single Malt?

So wie man ihn mag. Grundsätzlich bleibt das selbstredend jedem selbst überlassen, aber es gibt natürlich ein paar Tipps, wie man das Meiste aus seinem Whisky herausholt. Darüber wollen wir in diesem Artikel sprechen.

Zunächst einmal ist die Wahl des Trinkglases entscheidend. Entscheidend deshalb, weil Whisky nicht nur über den Gaumen, sondern auch über die Nase genossen wird. Das Glas sollte sich nach oben eher leicht verjüngen und unten bauchig sein – so kann sich das Aroma am besten entfalten. Der klassische Tumbler fällt daher einmal flach, er ist für amerikanische Whiskeys gedacht.

Ein typisches Nosing-Glas
Ein typisches Nosing-Glas

Es haben sich unter Whiskytrinkern zwei Glasformen durchgesetzt: Das klassische Nosing-Glas und das Glencairn-Glas. Beide sind recht kostengünstig in Fachgeschäften zu erhalten (zwischen 3 und 6 Euro pro Glas sollte man rechnen).

Das Glencairn-Glas
Das Glencairn-Glas

Wenn man das richtige Glas zum Genießen hat, kann es eigentlich schon losgehen. Wichtig ist es, den Whisky bei Zimmertemperatur zu trinken – dann entfaltet er seine ganze Komplexität in der Nase und am Gaumen. Damit verbietet es sich eigentlich schon von selbst, Single Malt mit Eis zu trinken. Single Malt on ice ist vorsätzliche Geschmackskastration (bei amerikanischen Whiskeys, die durch ihre Herstellungsart im Geschmack ganz anders aufgebaut sind, kann man das grundsätzlich duchaus machen).

Nachdem der Whisky ins Glas gekommen ist (2-3cl sind eine gute Verkostungsmenge), gibt man ihm zunächst etwas Zeit, sich zu entwickeln. Faustregel: Pro Jahr, das der Whisky im Faß verbracht hat, gibt man ihm eine Minute Ruhezeit. Wenn man will, kann man in dieser Wartezeit bereits hin und wieder an ihm riechen – bei manchen Whiskys wird dabei offensichtlich, wie sehr sich dessen Geschmack durch das Warten verändert.

An Whisky riecht man vorsichtig. Man bringt das Glas an die Nase, riecht ein wenig daran, führt ihn wieder weg, riecht erneut, und ein drittes Mal. Benutzen Sie beide Nasenlöcher abwechselnd – das Riechempfinden kann sehr unterschiedlich sein. Versuchen Sie das, was Sie errochen haben, in Worte zu fassen. Anfangs werden Sie zwei, drei verschiedene Gerüche erkennen, mit der Zeit und der Erfahrung riechen und schmecken Sie eine Unzahl von Geschmacksnoten heraus.

Die Wartezeit sollte man übrigens auch bei schon geöffneten Flaschen zumindest im ersten Drittel einhalten – später dann verkürzt sie sich mit dem Füllstand. Halten Sie das Glas schief und drehen sie es um den Stiel. Dann beobachten Sie die kleinen Tröpfchen, die an der Glasinnenwand nach unten laufen. Je langsamer sie sind, desto gehaltvoller ist der Whisky. Farbe ist bei Whisky übrigens kein Qualitätskriterium. Achten Sie nur darauf, dass der Whisky ungefärbt und nicht kühlfiltriert ist – beides verändert den Geschmack.

Jetzt wird es Zeit für den ersten Schluck. Trinken Sie vom Whisky und behalten Sie ihn kurze Zeit im Mund. Lassen Sie ihn um die Zunge spielen und führen Sie ihn über den Gaumen. Auch jetzt beobachten Sie, welche Geschmäcker sie erkennen können. Welches Gefühl hinterlässt er im Mund? Manche Whiskys beißen in die Zungenspitze, manche ins Zahnfleisch, manche überhaupt nicht – das ist übrigens auch ein wenig von Ihrer eigenen Tagesverfassung abhängig.

Single malt whiskyUnd jetzt: runterschlucken und wieder dem Geschmack nachspüren. Was schmecken Sie? Wie lange schmecken Sie ihn noch? Es gibt Whiskys, die sich geschmacklich nach kurzer Zeit verflüchtigt haben (das ist meist nicht die ausgereifteste Qualität), andere schmecken schier endlos nach. Sie werden wohl noch zwei, drei Schlucke im Glas haben. Wiederholen Sie das Verkosten mit etwas zeitlichem Abstand. Was ändert sich? Was wird deutlicher, was schwächer?

Einen Schluck Single Malt kann man zelebrieren. Man sollte das auch. Die Komplexität macht Whisky so besonders; der Umstand, dass er nicht nach etwas schmeckt, sondern nach vielem. Dass er sich mit mehr Erfahrung immer mehr öffnet, macht die Sache besonders spannend. Man lernt nie aus.

Zum Abschluss noch die Antwort auf eine oft gestellte Frage: Kann/soll man Whisky mit Wasser verdünnen? Das kann man so halten, wie man will. Man sollte sich eines gewahr sein: Wasser öffnet den Whisky für die Nase, aber es verändert den Geschmack am Gaumen und ruiniert vor allem das Finish beim Schlucken. Und zwar sehr. Unterschiedliche Wasserarten wirken auch unterschiedlich. Geschmacklich ist es nicht egal, ob man Wiener oder Salzburger Leitungswasser verwendet. Ich persönlich trinke Whisky niemals mit Wasser. Bei den normalen Abfüllungen mit 40-46% ist es irgendwie nicht nötig, die sind bereits mit Wasser auf diese Prozentstärke gebracht. Bei Fassstärken zwischen 50 und über 60 Prozent kann es manchmal durchaus Sinn haben, ein paar Tropfen (!) Wasser beizumengen (bitte wirklich ganz vorsichtig dosieren, ev. über die Fingerkuppe). Experimentieren Sie einfach und finden Sie heraus, was für Sie die beste Art ist, den Whisky zu genießen. Jeder mag es anders. Schließlich sind Sie so einzigartig wie der Single Malt, der vor Ihnen im Glas steht…

1 Kommentar

  1. Die Dosierung des Wasser empfinde ich mit einem Kaffee- oder Espressolöffel am einfachsten.
    Mein favorisiertes Glas für Whiskyverkostungen ist der Spey Tumbler. Er hat alle oben erwähnten Eigenschaften : bauchig und nach oben verjüngt, ist aber auch für Bourbon geeignet. Und wenn ein Gast mal unbedingt Eis im Whisky möchte, ist auch das möglich ( wenn man es mit seinem Gewissen vereinbaren kann 😉 )

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