Montag, 29. April 2024, 07:48:43

Irland, Kurs Südsüdwest: Eine Reise zu Destillerien, Natur und Kultur – von Markus Höller

Ein bebilderter Reisebericht des österreichischen Journalisten Markus Höller von seiner Irland-Reise - exklusiv für Whiskyexperts

Whiskyfreunde haben viele Sehnsuchtsziele, was Reisen anbelangt – und Irland ist zweifelsohne eines davon. Eine Reise auf die grüne Insel zahlt sich aber nicht nur des Whiskeys und der Destillerien wegen aus – auch die Natur und die vielen historischen Stätten machen einen Besuch dort lohnend.

Der österreichische Journalist Markus Höller (WIENER, Österreichischer Wirtschaftsverlag) erliegt privat immer wieder dem Lockruf der Whiskyregionen – jetzt im Juni war es Irland, das ihn erneut in seinen Bann zog. Seine Eindrücke von der kurzen, aber intensiven Reise hat er in einem Text und mit mehreren Bilder für uns exklusiv zusammengefasst – und nimmt sie so mit auf seine Reise nach Irland, Kurs Südsüdwest...


Irland, Kurs Südsüdwest    

Nach dem Tief des irischen Whiskeys Ende des 20. Jahrhunderts erlebt der Uisce Beatha von der grünen Insel seit den 2010er Jahren wieder einen enormen Höhenflug. Eine Reise wert, allerdings sollte man bei einem Besuch der Destillerien des Revivals nicht darauf vergessen, was dazwischen liegt: bezaubernde Natur und spannende Geschichte. Ein Reisebericht. Text und Fotos: Markus Höller      

Via Flugzeug in Dublin ankommend und mit einem Leihwagen ausgestattet, ist man gut beraten, ehestmöglich dem dichten Verkehr rund um die Hauptstadt zu entfliehen. Das geht flott über die M4 und M6 Richtung Westen, schon nach eineinhalb Stunden befindet man sich praktisch in der Mitte der Insel, wo Whiskeykennern zwei bekannte Namen auf den Wegweisern entgegenstrahlen: Kilbeggan und Tullamore. Tatsächlich befinden sich hier die Brennereien der entsprechenden Marken, speziell Kilbeggan ist aufgrund der überschaubaren Größe ein ideales Anschauungsbeispiel, wie Whiskey hergestellt wird. Hier muss man sich auch entscheiden, ob man weiter Richtung Westen ins zauberhafte Galway oder zu den legendären Cliffs of Moher möchte, oder lieber den touristisch etwas weniger exponierten Südwesten der Insel zu erkunden. Letzteres habe ich dann auch getan.

Ab in den Süden

Auf dem Weg Richtung Südwestspitze hantelt man sich am besten den Wild Atlantic Way entlang, einem mit guten Straßen und Aussichtspunkten ausgebauten Trail von rund 2.500 km Lämnge entlang der Atlantikküste Irlands. Vorbei an Limerick, der Metropole am River Shannon, kommt man am linken Ufer der Trichtermündung in die kleine Ortschaft Foynes. Für Whiskeytrinker eine signifikante Location, wurde doch hier nachweislich der Irish Coffee erfunden; die damit verbundene Geschichte ist jedoch noch viel interessanter. Denn hier befand sich für einen kurzen Zeitraum in den 1940er Jahren einer der wichtigsten Knotenpunkte für den noch in den Kinderschuhen steckenden transatlantischen Flugverkehr – und zwar via Flugboot. Das Foynes Flying Boat Museum dokumentiert diese faszinierende technische Ära, on top kann man nicht nur eine originalgroße Replika der berühmten „Yankee Clipper“ begehen, sondern auch einen Schnellkurs in der korrekten Zubereitung des im Winter 1943 von Koch Joe Sheridan im Flughafenrestaurant kreierten Irish Coffee absolvieren. Ein in jeder Hinsicht erhebender und lehrreicher Stopp!

Halbinsel mit Geschichte

Weiter entlang des Wild Atlantic Way lohnt sich die Erkundung der Halbinsel Dingle. Schon klar, alleine wegen der höchst fähigen Brennerei, aber auch wegen des wunderschönen gleichnamigen Städtchens. Hier kann man den belebten Kai entlangflanieren, sich in einem der Eisläden von Murphys ausgezeichnetes, kreatives Gefrorenes gönnen oder in der schrägen Bar/Ledermanufaktur/Microbrewery Dick Mack’s vorbeischauen. Diese in vierter Generation familiengeführte Haberdashery ist nicht nur eine gemütliche Bar mit einer beachtlichen Auswahl an Whisky und Whiskey, sondern war einst auch ein Schusterladen. Heute werden zwar nur noch Gürtel und keine Schuhe mehr hergestellt, dafür aber sehr gute Biere in der kleinen Kellerbrauerei. Ein ehemaliges Bierfass fand sogar mal den Weg in die Experimentierküche von John Teeling – die Sonderabfüllungen sind sehr rar! Noch weiter bis zur Spitze der Halbinsel, und man landet im Blasket Center. Hier wird anschaulich und berührend das einfache, harte Leben der zu Spitzenzeiten von gerade mal rund 170 Ansässigen bevölkerten Insel Blasket dokumentiert, deren letzter Bewohner 1954 abzog. Durch die isolierte Lage konnte sich die irische Sprache dort unverfälscht halten, zahlreiche Aufzeichnungen der Bewohner und Studien angereister Linguisten schufen damals eine der wichtigsten Grundlagen für die Forschung rund um diese heute wenig gesprochene Sprache.

Entlegen, aber bekannt

Wieder zurück von der Halbinsel, kommt man am Weg zur nächsten großen Landzunge direkt in Killarney vorbei. Diese bei den Iren populäre Stadt ist nicht nur ein Paradies für Foodies (Tip: Kitty O’Se’s Seafood and Grill Restaurant, unbedingt reservieren!), sondern liegt auch direkt angrenzend am Killarney National Park. Ein sogar für irische Verhältnisse extra grüner Ort, der von Seen über einen Wasserfall bis zur pittoresken Ruine der Muckross Abbey unglaublich viel Erholung zu bieten hat. Von hier aus geht es Richtung Atlantik zu einem kleinen Juwel am Meer, den Sommerfrische-Ort Waterville. Die putzige Ortschaft mit dem herrlichen Sandstrand ist wirklich zum Verlieben – das dachte auch der große Charlie Chaplin, der hier mehr als zehn Jahre lang regelmäßig urlaubte. Wer hätte es gedacht? Wesentlich bekannter als diese Tatsache jedoch ist die schroffe, entlegene Insel Skellig Michael. Der breiten Öffentlichkeit durch Star Wars populär gemacht, lässt sich dieser faszinierende Ort per Boot von Portmagee aus erkunden. Die Landing Tours, die eine Besichtigung des unter großen Entbehrungen im 7. Jahrhundert von Mönchen erbauten Insel-Klosters vor Ort ermöglichen, müssen lange im Voraus gebucht werden, reine Cruises rund um das Eiland sind auch kurzfristig zu haben. Wenn man in der Gegend ist, ein unbedingtes Must!

Weiter geht’s nicht mehr

Wieder zurück Richtung Landmasse kommt man, vorbei an Kenmare nach Mizen. Diese – erraten – Halbinsel kann sich rühmen, mit Mizen Head den südwestlichsten Punkt Irlands zu markieren. Über das Visitor’s Center und eine beeindruckende Fußgängerbrücke erreicht man dann das Häuschen, wo nicht nur der Leuchtturmwärter seine Arbeit verrichtete, sondern auch Technikpionier Guglielmo Marconi einen europäischen Signalpunkt für seine Funkübertragungen in die USA etablierte. Ein bisschen weniger einsam ist es im kleinen Örtchen Baltimore, von hier aus kann man zu Walbeobachtungen aufbrechen. Im nahegelegenen Skibereen wiederum ist es wesentlich belebter, mit ein wenig Glück kann man die unglaublich vielseitige, moderne und computergesteuerte West Cork Distillery besuchen. Weniger modern, aber dafür umso größer geht es punkto Whiskey in Midleton zur Sache. In der operativen Brennerei werden von Jameson über Redbreast bis Powers und Green Spot eine Reihe von populären Marken hergestellt, im alten und nicht mehr operativen Teil kann man eine interessante Tour genießen. Hier steht unter anderem der größte je gebaute Pot Still: satte 143.600 Liter wurden hier bis 1975 eingefüllt.

Zurück im City Life

Abschließend lohnt sich auf jeden Fall noch ein Aufenthalt in Cork, der zweitgrößten Stadt der Republik Irland. Eine geführte Walking Tour bringt Besuchern die abwechslungsreiche und bewegte Geschichte der Stadt näher, die berühmte Persönlichkeiten wie Ausnahmemusiker Rory Gallagher, Schauspieler Cilian Murphy oder Fußballer Roy Keane hervorbrachte. Auch Feinschmecker kommen hier auf ihre Kosten, besonders der überdachte English Market ist einen Besuch mit Appetit wert. Ach ja, eines noch, apropos englisch: man ist auch hier nach wie vor meist nicht so gut auf England zu sprechen, die Iren sind sehr stolz auf ihre Identität und Geschichte. Daher ist der klassische Kalorienbomber zum Frühstück hier ein „Full Irish“. Nicht verplappern!

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