Samstag, 21. Dezember 2024, 17:57:31

2. Whisky Festival bei St. Kilian – so feiert man Whisky!

Unser Bericht mit Bildern und Videos aus Rüdenau von der Brennerei St. Kilian und ihrem Fest zum Tag des Deutschen Whiskys

Die Faszination von Destillerien geht nicht nur von ihrem Produkt aus. Gewiss, ohne einen guten Whisky kann eine Brennerei nicht gefallen, aber: mindestens ebenso wichtig ist es, wie sie mit ihren Fans kommuniziert und umgeht.

Die Destillerie St. Kilian in Rüdenau hat nicht umsonst ein großes Fandom, das den Ereignissen in der Brennerei aufmerksam folgt. Man tut etwas dafür, und das wird angenommen – sei es bei den bestens besuchten Online-Tastings, auf den Kanälen auf Social Media oder auch bei uns auf Whiskyexperts. Artikel von und über St. Kilian werden hier gerne und aufmerksam gelesen – jener über den ersten Bud Spencer Whisky war der meistgelesene aller Zeiten bei uns.

Im Vorjahr veranstaltete man erstmals ein Whisky Festival zum Tag des Deutschen Whiskys (unsere Bilderstrecke davon können Sie hier finden) – und schon damals meinten wir: Seien Sie das nächste Mal unbedingt dabei.

Wir haben uns an unseren eigenen Vorschlag gehalten und sind auch in diesem Jahr, zum 2. Whisky Festival der St. Kilian Distillers, an beiden Tagen vor Ort gewesen. Begonnen hat alles mit dem

Pre-Opening am Freitag

Musik von Paddy Schmidt

Im Gegensatz zum Vorjahr, als das Pre-Opening für geladene Gäste stattfand, hat man es diesmal für Fans und Freunde der Destillerie geöffnet – eine unserer Meinung nach völlig richtige Entscheidung. Die 210 Gäste, die sich dazu auf dem Gelände vor und in der Brennerei einfanden, hatten nicht nur die Möglichkeit, einem exklusiven Tasting mit Master Distiller Mario Rudolf und Brand Ambassador Christoph B. Albietz beeizuwohnen, sondern erhielten auch für ihr Eintrittsgeld eine exklusive Pre-Opening Abfüllung. Zudem gab es an drei Stationen ein Pairing von Whisky mit dem Getränk, das die Vorbelegung des Fasses für den Whisky darstellte: Apfelwein, Bier und Rotwein (Ripasso Valpolicella). Jede Menge Möglichkeiten also, sich mit den verschiedenen Ausprägungen des Whiskys aus St. Kilian (mit 384 verschiedenen Fassarten in den Lagern ist man übrigens nach eigenen Angaben Weltmeister) auseinanderzusetzen. Food Trucks sorgten für das leibliche Wohlbefinden, und der Abend wurde von Musik von Paddy Schmidt hevrorragend begleitet, wie Sie an unseren Videos sehen und hören können.

An diesem Abend (und übrigens auch am nächsten Tag, als wir insgesamt 18 verschiedene Proben in vier Tastings verkosteten) war kein einziger Whisky dabei, über den wir ein weniger vorteilhaftes Urteil hätten fällen können – in der Tat haben die Whiskys von St. Kilian mittlerweile eine erstaunliche Ausgereiftheit erlangt. Zurückzuführen ist das laut Master Distiller Mario Rudolf darauf, dass man genügend Wissen und Erfahrung gesammelt hat, um einen New Make zu brennen, der in den unterschiedlichsten Fassarten harmonisch mit dem Holz zusammenarbeitet und sich auf sehr Exotisches auch gut adaptieren lässt (die Kühlspindel im Schwanenhals der Brennblasen lässt hier unterschiedlichste Reflux-Werte zu, die den Charakter des Spirits ändern können). Müssten wir einen oder zwei der Whiskys herausheben, dann könnten wir nur mehr nach persönlichen Geschmack differenzieren, sicher nicht nach handwerklicher Qualität, weil die ohnehin tadellos ist: Unsere beiden Favoriten waren die ungetorfte Festivalabfüllung, einWhisky aus American Oak, Ex-Rye und einem kleineren Anteil ex Rhum Agricole Fässern, der mit seiner würzig-süßen Fruchtigkeit beeindruckte und ein sechsjähriger St. Kilian aus einem Virgin Hungarian Oak Cask, der eine Eleganz zeigte, die seinem tatsächlichen Alter unserem Empfinden nach deutlich voraus war.

So musikalisch wie der Abend begonnen hatte, so ging er auch zu Ende…

Tag 2: Bunker City

Der Samstag war der Tag des deutschen Whiskys, und gleichzeitig der öffentlich zugängliche Part der Veranstaltung, zu dem man auch ohne Ticket kommen konnte. Wie im Vorjahr fand er an zwei Veranstaltungsorten statt: Der Destillerie selbst, wo es Führungen und Tastings gab, und der Bunker City, dem ehemaligen NATO-Munitionsdepot, wo St. Kilian Distillers mittlerweile 19 Bunker gemietet haben, um dort knapp 10.000 ihrer 11.000 Fässer zu lagern. Auch in der Bunker City gab es Verkostungen für interessierte Whiskyfreunde. Wir haben die meiste Zeit des Tages dort verbracht.

Die Tastings waren in diesem Jahr thematisch übertitelt – was die Entscheidung, welches man belegen sollte, etwas leichter machte. Das erste Tasting des Tages nahm seinen Ausgang am Festival-Parkplatz für Gäste zwischen Rüdenau und Miltenberg, von wo Mario Rudolf die erste Gruppe im Bus hinauf zur Bunker City begleitete. Oben gab es dann ein bayrisches Whiskyfrühstück mit Augustiner Weißbier (dort, in der Augustiner Brauerei, brennt man übrigens schon einen eigenen Whisky – wir sind sehr gespannt darauf) und herrlichen Weißwürsten. Dazu verkostete man drei Whiskys, die in Bierfässern gelagert waren. Nun ist ja unserer Meinung nach der Whisky, der schlecht aus einem Bierfass kommt, noch nicht erfunden worden – unsere hohen Erwartungen wurden aber von den fassstarken Abfüllungen noch übertroffen. Favorit war hier ein Whisky aus einem ex Imperial Stout Fass von Michels Bier, noch keine vier Jahre alt. Aber auch die anderen (ex Brauerreserve und ex Scotch Ale) wussten zu überzeugen.

Unsere weiteren Tastings fanden dann in den Bunkern statt – wo sich auch Stationen für die Whisky-Rally befanden. Dort konnte man sich durch fünf unterschiedliche Abfüllungen durchkosten und danach eine Art Diplom erlangen – der Weg war da sicherlich das Ziel.

Werfen Sie mit uns einmal einen Blick in einen Bunker. So bequem zu begehen wie dieser, in dem einige Privatfässer lagern, sind die wenigsten – normalerweise lagern etwas unter 600 Fässer darin. Man hat mit Lagerung auf Palletten experimentiert, also stehend, ist dann aber doch zur Rack-Lagerung zurückgekehrt – sie ist für die Qualitätssicherung einfach geeigneter.

Unser nächstes Tasting, gehalten von Andreas Kreser, hatte Frankreich zum Motto, und aus den 384 verschiedenen Fasstypen suchte Andreas hier fünf wirklich außergewöhnliche Fässer aus – es begann zum Beispiel schon mit einem Rumfass aus den karibischen Gebieten Frankreichs, also mit Vorbelegung mit Rum Agricole, der aus Zuckerrohrsaft und nicht aus Melasse gewonnen wird.

Mit diesem Fass als Starter war klar, dass die Verkostung unter dem Titel „Frankreich“ alles andere als die erwartbare Standardkost bieten würde. Und so war es dann auch. Eines der Fässer war zum Beispiel mit Armagnac vorbelegt, der sich vom Cognac nicht nur durch Terroir und die Rebsorten unterscheidet, sondern vor allem durch die kontinuierliche Säulen-Destillation im Gegensatz zu der Brennblase beim Cognac. Hier die gesamte Tasting-Liste:

6310Ex Rhum Agricole – Origin Habitation St Etienne, Martinique  Distilled: 10.3.21, 190 Liter, AWE, Pilsner Malz 
3032Ex Chateau MargauxDistilled: 26.9.2018, 225l Barrique, frz. Eiche, Pilsner Malz
4942Ex PacherenDistilled: 7.2.2020, 225l Barrique, frz. Eiche, Pilsner Malz
4146Grande Maison D’Armagnac, FrankreichDistilled: 14.8.2019, 450l, frz. Eiche, Peated (80 ppm)
1786 Pineau de CharentesDistilled: 6.12.2017, 300l, frz. Eiche, UHP (135 ppm)

Apropos Fässer: 2023 gab es ja ebenfalls viele Einzelfässer zu verkosten, aber welche dann jeweils abgefüllt werden würden, stand danach in den Sternen. Diesmal hatte man sich etwas Besonderes einfallen lassen: Es gab Listen mit den Fässern der Verkostungen, und wer danach eine verbindliche Bestelloption auf eine Flasche (oder mehrere) eines bestimmten Fasses abgab (zum Preis von 69,90), der wird diese auch bekommen, sollte das Fass abgefüllt werden – und das wrid es ebenso verbindlich, wenn 50% der erwarteten Flaschen daraus vorbestellt sind. So kann man diesmal seine Lieblinge unter Umständen auch tatsächlich erhalten.

Unser letztes Tasting oben in Bunker City hatten wir mit Zoltán Fódi, gemeinsam mit Mario Rudolf für die Destillation verantwortlich. Seine fünf Fässer standen unter dem Motto „Franken und Ungarn“ – und hier war unser Lieblingsfass die Nummer 680, ein über sechs Jahre altes Fass aus Virgin Hungarian Oak, ein eleganter, runder Whisky mit genau dem richtigen Maß Holzlast, um ihm enormen Körper zu geben ohne den Gaumen mit Eichenparkett auszukleiden. Von der ungarischen Eiche gab es auch noch ein rauchiges Fass, ebenso sehr gelungen. Das Tokaijer-Fass, das wir ebenfalls verkosten konnten, war schon durch seine Geschichte interessant: Zoltán hatte es, gemeinsam mit 14 Schwesterfässern, selbst aus Ungarn abgeholt und nach Rüdenau gebracht. Dann gab es noch ein Fass des fränkischen Weinguts Fürst (das allerdings nicht, wie erwartbar gewesen wäre, zuvor Wein enthielt, sondern Birnenbrand) und ein Fass mit Vorbelegung durch die lokale Brauerei Faust. Insgesamt eine schmackhafte und informative Stunde, die man mit Zoltán im Bunker verbringen durfte.

Auch hier wollen wir die Fässern einzeln im Detail vorstellen:

3469Weingut Fürst, ex Birnenbrand, unpeatedDistilled: 6.2.2019, Pfälzer Eiche, Barrique, Pilsner Malz
1741Brauerei Faust ex Brauerreserve, unpeatedDistilled: 6.12.2017, AWE, 190l, Pilsner Malz
680Ungarische EicheDistilled: 29.3.2017, Barrique, interner New Make Blend
4761ex TokajiDistilled: 12.12.2019, Barrique, peated (80 ppm)
2014Ungarische EicheDistilled: 7.2.2018, Barrique, peated (135 ppm)

Das Wetter an diesem Samstag war übrigens mehr als sommerlich – und wer oben in der Bunker City fand, dass es nicht nur mehr als sommerlich, sondern bullig heiß war, der fand Rüdenau, 240 Höhenmeter tiefer liegend, noch bulliger heiß vor. Zum Glück gab es in der Destillerie mehrere Cool Spots und die Schirme über den Bänken halfen ebenso, sodass man es sehr gut bei der guten Musik von Dom Mayer mit einem Dram oder einem anderen Getränk aushalten konnte. Neben kurzen Destillerieführungen und einigen Ausschankstationen gab es dort auch noch interessante Tastings mit „Whiskyprofessor“ Dr. Heinz Weinberger und Brand Ambassador Christoph B. Albietz, der sich dem Pairing von Pfeife und Whisky widmete.

Um 20 Uhr waren die beiden ereignisreichen Tage dann vorbei – das Publikum zeigte einen gewissen „Zug zum Tor“, stand doch um 21 Uhr das Achtelfinal-Spiel Deutschland gegen Dänemark an, das das Team von St. Kilian dann nach dem gemeinsamen Abbau der Tische, Bänke und Schirme gemeinsam im Innenhof verfolgte.

Unser Fazit des Besuchs: was für großartige zwei Tage! Man hat die Learnings aus dem ohnehin schon gelungenen Festival des Vorjahres konsequent umgesetzt und damit etwas Gutes noch besser gemacht. Das Herzstück des Festivals, der Whisky aus St. Kilian, ist von ausgezeichneter Qualität, die weltmeisterliche Anzahl verschiedener Fassarten macht das Verkosten zu einem spannenden Geschmacksabenteuer und es ist wunderbar, das an den beiden Tagen so konzentriert erleben zu dürfen.

Was bleibt zu sagen? Eigentlich nur eines, und das mit exakt den Worten, mit denen wir auch den Vorjahresbericht nach dem ersten Festival beendet haben:

Seien Sie auf jeden Fall das nächste Mal dabei – es war wirklich ein Fest für den Whisky!

Im Sinne des transparenten Journalismus geben wir bekannt, dass St. Kilian für die Übernachtungskosten aufgekommen ist. Die Destillerie hatte selbstredend keinerlei Einfluss auf unsere Berichterstattung.

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