Dienstag, 05. November 2024, 06:43:12

Deutsche Whiskyszene: „Bavarian Pure Pott Still Whiskey“ aus der Feinbrennerei Simon‘s

30 Whiskys, 7 Destillerien, 1 Mälzerei – und dafür genau 3 Tage Zeit: Die WhiskyTour 2015 führte unsere Gastautoren Simon Weiß von whiskyerlebnisse.de und Christian Schrade von Heart-of-the-Run.de an einem langen Wochenende zu den deutschen Whiskybrennern. Das Ziel: Eindrücke, Einblicke und Einsichten von in und über die deutsche Whiskyszene. Ihre Berichte (Text: Christian Schrade) und Bilder darüber bringen wir mit freundlicher Genehmigung der Autoren auch auf Whiskyexperts. Heute: „Bavarian Pure Pott Still Whiskey“ aus der Feinbrennerei Simon‘s.

„Man darf das alles nicht so fanatisch betrachten. Das passt nicht zum Whiskymachen.“ Diese Aussage macht uns Severin Simon von Anfang an sympathisch. Was ist Whisky? Was darf sich Whisky nennen? Und wer entscheidet das eigentlich? Gerade in Deutschland gibt es darüber teils heftige Kontroversen. Insbesondere, wenn es um Whisky aus dem eigenen Land geht. Während wir uns in der Frühlingssonne unterhalten, mit Blick auf seinen Hof und den Weinhang, den Simon bewirtschaftet, wird uns schnell klar – in die Diskussion steigt der Whiskeybrenner gar nicht erst ein. „Letztendlich geht es doch darum, ein gutes Produkt zu machen. Und wenn es den Leuten schmeckt, dann ist doch eigentlich alles gesagt, oder?“

Dram in der Sonne: Simon Weiß und Severin Simon (v. l.). Foto: Christian Schrade
Dram in der Sonne: Simon Weiß und Severin Simon (v. l.). Foto: Christian Schrade

Das Produkt bei Simon‘s, das ist ein Whiskey. Mit e. Eigentlich ungewöhnlich für einen deutschen Gerstenbrand. „Das kommt daher, dass wir uns eher an der irischen Tradition orientieren, zumindest, was die Rohstoffe angeht“, erklärt Simon. Sein Whiskey wird aus gemälzter und ungemälzter Gerste hergestellt, so wie man es von den Destillaten der grünen Insel her kennt. Und da die Iren sich als Alleinstellungsmerkmal für ihren Whisk-E-y irgendwann das zusätzliche „e“ gegönnt haben, steht es jetzt auch bei Simon auf den Flaschen. Etwa 70 Prozent ungemälzte Gerste machen seinen „Bavarian Pure Pott Still Whiskey“ dann auch recht weich und rund – so wie man es eben von einem Pure Pot Still her gewohnt ist. Ob das zusätzliche „t“ ein Druckfehler ist oder Absicht, wie bei den Iren, das bleibt offen. Unverwechselbar macht es seinen Whiskey in jedem Fall.

Feines Paket: Whiskey und Rum aus der Feinbrennerei Simon's. Foto: Simon Weiß
Feines Paket: Whiskey und Rum aus der Feinbrennerei Simon’s. Foto: Simon Weiß

Wobei es Simon nicht allein um Abgrenzung geht, ganz im Gegenteil. Um neue Whisky-Kreationen zu schaffen, holt sich der Brenner auch schon mal Hilfe von seinen Kollegen aus der Gegend. „Wir kooperieren hier seit einigen Jahren sehr erfolgreich“, berichtet Simon. 13 Whiskybrenner sind sie inzwischen, die meisten davon kleine „Abfindungsbrenner“, die pro Jahr nur 300 Liter Alkohol produzieren – was etwa zwei Fässern Whisky entspricht. Das Ergebnis dieser kleinen Kooperative im Kahlgrund – so nennt sich die Gegend um den Fluss Kahl herum: ein eigener, regionaler Blended Whisky. Simons Whiskey macht darin den größten Anteil aus, das Mischungsverhältnis tüftelten die Brenner in mühsamer Arbeit gemeinsam mit der deutschen Whiskykennerin Julia Nourney aus. „Außerdem bieten wir alle gemeinsam einmal im Jahr eine Art Tag der offenen Tür bei uns Brennern an. Da kommen bis zu 20.000 Besucher zu uns in den Kahlgrund“, berichtet Simon mit bodenständigem Stolz. Der nächste Aktionstag am letzten Sonntag im Oktober sei bereits in der Planung, erklärt der Whiskymacher – mit Touren, Show-Destillation, Verkostungen und Genussprogramm. Ein richtiges regionales Whiskyfestival. Wer hätte das hier erwartet, direkt an der hessisch-bayerischen Grenze, unweit von Hanau bei Frankfurt.

Mehr Whiskey seit 2012: Severin Simon und Christian Schrade (v. l.) vor der neuen Brennanlage. Foto: Simon Weiß
Mehr Whiskey seit 2012: Severin Simon und Christian Schrade (v. l.) vor der neuen Brennanlage. Foto: Simon Weiß

Regional bleiben – das ist Severin Simons Devise. „Wir versuchen hier, möglichst viel selbst zu machen und eben nicht von weit weg hinzuzukaufen“, sagt Simon. Eine eigene Wasserquelle für den Whisky, die Brennblase wird mit Holzscheiten aus der Region befeuert. „Nur eben fanatisch darf man das nicht sehen“, wiederholt der Whiskeybrenner. Dass er für die Reifung seines Whiskeys neue Fässer aus deutscher Spessarteiche verwendet, ist daher für ihn auch keine geografische Entscheidung. „Das gibt unserem recht weichen New Make einen gewissen Pepp“, sagt Simon. Klar, dass bei einem Weingut auch Weinfässer im Spiel sind, wenn es um die Holzfasslagerung geht. „Zu 90 Prozent sind das dann Rotweinfässer, Fässer mit Weißweinvorbelegung verwenden wir für den Whiskey recht selten.“ Und der würzig-harzige Nachhall, den man in seinem „Pure Pott Still“ schmecken kann? „Der kommt von den Akazienfässern, in denen auch ein kleiner Teil unseres Whiskeys für wenige Monate reift.“ Wieder so eine für Whiskymacher nicht alltägliche Entscheidung. Schmeckt aber, wie wir finden, wenn auch zunächst etwas ungewohnt auf der Zunge. Und was ist mit Sherryfässern? „Die verwenden wir eigentlich nicht für unseren Whiskey, passt nicht zur Linie. Dafür tun die aber unserem Rum recht gut“, ergänzt Simon, während wir uns bereits die neue Brennanlage der Destillerie anschauen.

„Die haben wir 2012 eingebaut“, berichtet Simon. Seitdem wird auch wesentlich mehr Whiskey produziert als in der Anfangszeit. Die liegt für einen deutschen Whiskybrenner schon recht weit zurück. Anfang der 1990er startete Simon die Destillation aus Getreidemaische. Mehr als 100 Jahre, nachdem sein Ur-Urgroßvater damit begonnen hatte, auf einer kleinen Abfindungsanlage zu brennen. Der alte Mann auf der Whiskyflasche, der ist also keine Werbefigur erfahren wir. Wenn der wüsste, was inzwischen aus der Brennerei geworden ist, wäre er sicher stolz, mutmaßen wir. Zumal so viel in Eigenregie auf dem Hof entsteht.

Gäste können hier bald guten Whiskey angeln: Die Fischbecken sollen zu Warehouses umgebaut werden. Foto: Simon Weiß
Gäste können hier bald guten Whiskey angeln: Die Fischbecken sollen zu Warehouses umgebaut werden. Foto: Simon Weiß

„Es ist einfach immer viel zu tun, da dauern Projekte auch mal länger“, gesteht Simon ein. Nicht schlimm, finden wir. Auch Whisky braucht seine Zeit für die Reifung. Die soll demnächst dort stattfinden, wo jetzt noch Fische im Kreis schwimmen. „Die alten Becken sind fünf Meter tief, ideal, um darin Fässer zu stapeln“, erklärt Simon mit einer gewissen Vorfreude in der Stimme. „Im Dach wird es ein begehbares Glasfenster geben, um auch von oben reingucken zu können.“ Wann es damit losgeht? Dauert noch ein bisschen, wiegelt Simon ab. Jetzt geht es erst einmal auf den eigenen Stand auf der Landesgartenschau – 87 Tage lang Werbung für seine Brennerei. Whiskymachen braucht eben seine Zeit.

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