Freitag, 22. November 2024, 05:32:17

Exclusiv: Ein Besuch bei Compass Box in London

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„John Glaser“, stellt sich ein einladend freundlicher Gentleman vor. Ein Lächeln, ein fester Händedruck, rundherum die wenigen Teammitglieder, die ich zum Teil schon früher kennenlernen durfte. Eine unscheinbare Office-2-let Fläche im westlichen Randeinzugsgebiet der 7,5Millionenmetropole London.

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In einem modern und funktional eingerichteten, lichtdurchfluteten „Büro“ mit IT-Geräten, Flaschen und Kartonboxen an den Wänden, einer kleinen „prep-Küche“ mit großem Gemeinschaftstisch und einer ganzen Reihe teils versteckter Samplefläschchen, die darauf warten verkostet und „bearbeitet“ zu werden, laufen alle Drähte der Firma Compass Box zusammen.

Der gebürtige Amerikaner John Glaser sammelte in Napa, California erst Weinerfahrung, wechselte vom Rebensaft schließlich zum Lebenswasser und arbeitete für die kleine unscheinbare Marke Johnnie Walker. Bereits während der Anfänge seiner Zeit in Großbritannien verschnitt er „zum Spaß und als Hobby“ diverse Whiskys in den eigenen vier Wänden. Blending war für ihn immer ein Feld der Kreativität und des Sich-Ausprobierens und -Auslebens und nicht ein von Malt-Puristen belächelter Abkömmling.

Dreizehn Jahre später blickt der American Ex-Pat auf eine Reihe von Erfolgen, Auszeichnungen und einen Ruf als höchst respektierter Whiskymaker zurück. Aus der Vision eine der spannendsten, aufregendsten und besten Unternehmungen für Schottischen Whisky zu gründen, ist das geworden, was die Company heute ist.

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„2 5 3“, beschreibt Glaser mit tonvoller, fast lyrisch erzählender Stimme, „wäre in kürzester Form, was man über Scotch Whisky“ und seine Werke wissen muss.

Zwei Arten von uisghe beatha werden produziert: Malt und Grain Whisky…

Fünf Klassifikationen hat die Scotch Whisky Association 2009 dazu festgelegt: Single Malt, Single Grain, Blended Scotch, Blended Malt, Blended Grain…

Drei davon sind also Blends…

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Und das ist es auch, was John Glaser in die Flaschen zaubert. Die langweiligen, charakterlosen und oft qualitativ ungenügenden Massenware-Verschnittwhiskys waren ihm immer zu wenig, er will etwas schaffen, dass für die Leute relevant, greifbar, „crafted“ und höchsten Ansprüchen gerecht  sei. Die Produkte sollen die Vielfalt Schottlands widerspiegeln, von bestem Holzeinsatz geprägt sein und reichhaltige, aber balancierte Geschmackserlebnisse schenken.

Zwei Abfüllstandorte und etwa dreizehn Destillerien, mit denen man eng zusammen arbeitet, bringen hervor, was in kleinen Fläschchen und Proben in den Chiswick Studios, 9 Power Road, West London landet. „Denke an die Leute, für die du den Whisky machst, führe dir die Gelegenheit, die Situation vor Augen. Und der Blend wird dir wie aus den Fingern laufen.“ Glaser liebt es Whiskys zu kreieren, nach einem bestimmten Bild oder einer Idee in seinem Kopf. Auch ein Name oder ein Gefühl kann ihn inspirieren.

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Mit den Grains und Malts, die ihm dann zur Verfügung stehen, komponiert er – den Taktstock schwingend – eine flüssige Symphonie, die durch hochqualitative, aktive Eichenfässer den finalen Touch bekommen soll. Übermüdetes, ausgelaugtes, nichts sagendes, schwefeliges und minderwertiges Holz ist etwas, das der Whiskymaker nicht an den Genießer weitergeben möchte. Die zumeist schon gereiften verschiedenen Ausdrücke einzelner Brennereien, vereint das Team von Compass Box zu Blends, die noch in eigens gefertigten, und nach bestimmten Kriterien ausgesuchten Fässern abgerundet und akzentuiert werden.

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Dabei ist man sehr offen und kommunikativ was die detaillierte Beschreibung sämtlicher Einflüsse anbelangt. Auf der Website, den Flaschen und generell für jeden leicht herausfindbar, scheut man sich keineswegs die Herkunft des Destillats, Fasstyp, die Zusammensetzung des Verschnitts usw. anzugeben oder zu mystifizieren. Auch wird klar kommuniziert, mit welchem – meist etwas erhöhten – Alkoholgehalt man das Produkt präsentiert, stets ohne die Zugabe von Karamell oder dem Einsatz von Kühlfiltration.

Einzig Qualität ist relevant für den Herren, der vielleicht ein Dorn im Auge manch starrsinniger Köpfe der Branche sein mag… Die SWA verbot vor Jahren sogar einmal den weiteren Verkauf eines Produkts, weil Glaser als Erster mit so genannten „inner staves“ arbeitete, eine in der Weinwelt übliche Verfahrensweise, die man in Schottland nicht dulden wollte. (Der amerikanische Whisky Maker’s 46 hat übrigens in einer aktuellen Werbekampagne mit den Worte „warum da noch niemand früher drauf gekommen wäre“, die eigene Verwendung von inner staves propagiert.)

Glaser deswegen aber als Querkopf, Eigenbrötler oder schwierigen Charakter abzustempeln, wäre vollkommen unpassend – mit solidem Auftreten, ungemein freundlichem Wesen und großem Wissen ausgestattet, sieht man ihm die funkelnde Leidenschaft in den Augen an.

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Asyla, Oak Cross, Spice Tree, Peat Monster und Hedonism stellen die Compass Box Signature Range dar, allesamt Blended Malts beziehungsweise ein Blended Grain Whisky, ein Unikat der schottischen Whiskylandschaft. Dazu Great King Street Artisan’s Blend, mehr als nur ein Blended Scotch Whisky, sondern eine „Mission“, wie man nicht müde wird zu betonen. Eine Mission um dem Ansehen von hochqualitativem Blended Scotch Raum zu geben und zu zeigen, was in dieser Kategorie stecken kann. Hier soll sich nächsten Herbst eine zweite Edition herauskristallisieren, 2013 hat man mit zwei Versuchsbatches schon etwas den Speichelfluss der Whiskyfans angeregt. Zu guter Letzt füllt man für bestimmte Anlässe, Jubiläen oder nach Lust und Laune auch Limited Editions ab, die sich nie lange in den Regalen halten.

Die Whiskys von Compass Box haben einen wiedererkennbaren Hausstil, sind verführerisch (wenn auch vielleicht nicht für jedermans/-fraus Gaumen) und anders, aber nicht um des Anders-Sein-Willens, sondern einfach um Spaß zu machen, Genuss zu bringen und die Leute einzuladen, auch einmal outside of the box zu denken. Ganz getreu dem Motto: „above all, share & enjoy“.

Amen, kann ich da nur sagen, voller Herz und Leidenschaft.

Mit den besten Spirits aus London,

Reinhard Pohorec

2 Kommentare

  1. hmm, inner staves…
    hab einmal den spice tree gekostet, war nett, aber holzchips, naja…
    ich find das auch bei wein nicht ok. ist für mich wie aufzuckern, wobei bei blends kann man darüber diskutieren. bei single… für mich ein nogo!

  2. ist in der tat ein strittiger punkt – inner staves muss man allerdings klar von holzchips unterscheiden, auch der effekt ist ein anderer (ich habe selbst damit herumgespielt!).
    für spice tree und auch teile von oak cross verwendet compass box heute übrigens fässer aus amerikanischer eiche, einzig die „heads“, also die 2 enden der fässer sind aus französischer eiche.
    es ist sehr spannend die unterschiede nebeneinander zu verkosten, und am ende des tages ist es doch die vielfalt, die whisky so spannend macht – eine reise, voller neuer entdeckungen!
    glg und danke für die anmerkung!

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