Nicht imitieren, adaptieren
Weiter oben am Gelände findet man die Cooperage. Sie ist klein, den Bedürfnissen der Brennerei angepasst und widmet sich vor allem der Wiederaufbereitung der Fässer. Neue Fässer werden hier nicht gebaut, es sei denn, aus Bestandteilen alter. Wir fragen nach indischer Eiche und der Eignung derselben für den Fassbau. Surrinder Kumar erzählt uns, dass dementsprechend experimentiert wurde, das Holz aber für die Whiskyproduktion mehr oder weniger ungeeignet sei.
Man demonstriert uns mittels einer selbstgebauten Vorrichtung das Ausbrennen eines Fasses. Man tut das bei einem liegenden, stetig rotierenden Fass, so wie in japanischen Destillerien oder bei Loch Lomond – dort sind die Vorgänge allerdings weitestgehend automatisiert. Man hat das System nicht imitiert, sondern für den Eigengebrauch adaptiert – so wie vieles bei Amrut.
Unten sehen Sie das Ergebnis dieses Vorgangs.
Die Destillerie der Menschen
Master Distiller Surrinder Kumar hat uns eine faszinierende Zahl genannt: An die 450 Menschen finden in der Destillerie Arbeit (und nebenbei für Indien unübliche Sozialleistungen). Besonders deutlich wird diese Zahl in der Halle, in der die Flaschen abgefüllt werden. Arbeiterinnen füllen, etikettieren und verpacken hier die Flaschen in drei Schichten zu je 8 Stunden. Und fast alles geschieht in Handarbeit.
Wir haben das in einem kleinen Film festgehalten:
Hier noch einige weitere Eindrücke aus der Abfüllhalle:
Indischer Whisky kommt im Tetra Pak, und ist eigentlich wenig mehr als aromatisierter Reinalkohol, der aus verschiedensten Substanzen hergestellt werden kann. Er ist nicht einmal mit unseren Blends vergleichbar, am ehesten noch mit den Shots, die man in manchen Kneipen und Lokalen finden kann. Die Befüllung bei Amrut erfolgt maschinell, wie Sie im obenstehenden Video erleben konnten. Hier sehen Sie ihn rechts, einen Brandy links:
Größer werden
Wir verlassen die Abfüllanlage und machen uns auf den Weg auf eine Baustelle. Amrut expandiert, man will die Produktion verdreifachen (und weiß schon jetzt, dass das mit der Nachfrage nicht mithalten kann). Im Hintergrund ist das neue Lagerhaus, das größer ist als alle bestehenden Lagerhäuser zusammen, schon fertiggestellt. Vorne baut man noch an der neuen Brennerei, die die alte nicht ablösen, sondern zusätzlich arbeiten wird.
Vor Ort bekommen wir einige Erläuterungen zum Bau und Baufortschritt. Auch wenn es momentan nicht so aussieht, so soll der Neubau bereits im Mai oder Juni den Betrieb aufnehmen:
Auch ins neue Lagerhaus führt uns der Master Distiller und erläutert einige Hintergünde dazu:
Hier finden sich wieder die Systeme aus Edelstahl, in denen die Fässer gelagert werden. In einem abgetrennten Bereich wurden gerade Blending Tanks eingebaut, auch diese konnten wir sehen.
Ein Generationenwechsel
Auf dem Rückweg ins Destilleriegebäude eröffnet uns Surrinder Kumar, dass der Neubau das letzte Projekt sein wird, das er für die Destillerie Amrut vollenden wird. Im Sommer, wenn die erweiterte Brennerei den Betrieb aufnehmen wird, wird er sein Büro räumen und in den Ruhestand gehen. Surrinder sagt, dass er sich seiner Familie, die er viel zu lange vernachlässigt habe, widmen wolle.
Für seine Nachfolge sei aber bestens gesorgt, versichert uns der Master Distiller. Schon seit mehr als einem halben Jahr bilde er intensiv seinen Nachfolger aus: Ashok Chokalingam. Mit ihm wisse er die Destillerie und ihren hohen Qualitätsanspruch in besten Händen.
Wir finden uns wieder in den Büros der Destillerie, für unseren letzten Programmpunkt. Wir können dort gemeinsam mit Surrinder und Ashok alle in Deutschland erhältlichen Whiskys von Amrut verkosten – und einige mehr, wie den ausgezeichneten und beeindruckenden Rye, der einer der wenigen weltweit ist, die aus 100% Rye bestehen. Von dieser Verkostung aber mehr in einem nachfolgenden Artikel.
Respekt vor der Leidenschaft
Als wir uns am Abend verabschieden, drängt sich uns ein Resümee für den Tag auf: Was Whiskybrenner rund um die Welt verbindet, ist die Liebe zu ihrem Beruf und die Hingabe an höchste Qualität. Amrut ist da keine Ausnahme – man spürt, welche Leidenschaft hinter den Produkten steckt und wie sehr man darum kämpft, immer besser und besser zu werden. Auch wenn man mit dem, was man erschafft ganz vorne ist (Jim Murray hat Amrut in die Top 3 Whiskys der Welt gewertet), hat keine Saturiertheit Platz gegriffen und man ruht sich nicht auf Lorbeeren aus. Auch imitiert man nicht, will nicht der bessere Schotte sein, sondern der beste Amrut – bei jeder neuen Abfüllung. Deswegen, so glauben wir, macht Amrut richtig guten Whisky, der keinen Vergleich zu scheuen braucht.
Namasté, Amrut!
Im Sinne der in unseren Leitlinien vorgegebenen Transparenz geben wir bekannt, dass wir die Reisekosten nach Indien selbst bestritten haben. Das Programm vor Ort wurde von der Destillerie Amrut übernommen. Wir bedanken uns für die wunderbare Gastfreundschaft und die perfekte Betreuung.