Nach einer pandemiebedingten Pause fand am 23. April 2023 endlich wieder ein Flughafen-Tasting am Albrecht Dürer Airport Nürnberg statt, nachdem es zuvor nur online abgehalten werden konnte. Das Besondere an diesem Tasting: Alle in der Verkostung präsentierten Whiskys stammen aus dem Duty Free und können offiziell auch nur dort erworben werden.
Diesmal waren es offiziell sechs teilnehmende Whiskys, die zu einem 3-Gänge-Menü gereicht wurden, und dazu gab es für die mehr als 120 Gäste noch einen siebten Whisky, der nach dem offiziellen Teil ausgeschenkt wurde. Und: St. Kilian war als Nummer acht sozusagen als „Lokalmatador“ ebenfalls vertreten – Andreas Kreser, der extra von Limburg nach Nürnberg kam, schenkte an einem Stand Whiskys und Liköre der größten deutschen Whiskybrennerei aus Rüdenau aus.
Die whiskyinteressierten Gästen fanden sich am späten Nachmittag im Saal des Mövenpick-Restaurants am Flughafen ein, mit einem wunderbaren Blick auf das Vor- und Rollfeld.
Nach der Begrüßung durch den Leiter der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit des Flughafens, Christian Albrecht, moderierte Michael Gradl, Whisky-Urgestein aus Nürnberg, den Abend zwischen Kulinarik und Whiskygenuss.
Im Folgenden wollen wir Ihnen die Whiskys des Abends kurz vorstellen und beschreiben um Ihnen unseren persönlichen Eindruck vom Tasting wiederzugeben. Begonnen wurde mit einem Japaner, dem The Kurayoshi 8yo Pure Malt Whisky von Matsui Shuzou aus der Tottori-Präfektur. Er ist ein freundlicher, fast fröhlicher Whisky mit süßem Malzton und einem fruchtigen Überbau und einer fast irisch anmutenden Gesamtstimmung. Nichts Herausforderndes, aber angenehm und gut trinkbar.
Zur Vorspeise, eine Lachsvariation mit Honigsenf, gab es dann den Talisker Surge (zu deutsch: Flut). Wer wegen des Namens hier einen Ansturm der maritimen Noten erwartet, der musste seine Erwartungshaltung revidieren: Der Talisker Surge setzt mehr auf Malzigkeit, ist eher wie ein von der Brandung rundgeschliffener Stein als eine kantige Klippe in der Brandung. Während er für einen ausgewiesenen Talisker-Freak wohl zu rund und zu sanft sein mag, kam er bei den Gästen hervorragend an – das lag wohl daran, dass er bei seiner Weichheit die maritime Noten trotzdem behalten konnte.
Als Zwischengang gab es dann eine besondere Abfüllung aus einer Lost Distillery: Caperdonich. Am Caperdonich 18yo peated ist dreierlei interessant: Der Whisky stammt aus einer Destillerie, die bereits abgerissen ist und daher nichts mehr „nachproduzieren“ kann und der dementsprechend immer seltener wird. Noch dazu ist es eine leicht torfige Abfüllung – etwas, was es aus Caperdonich kaum gab. Und dann kostet dieser mit 48% vol. Alkoholstärke Whisky mit 120 Euro nicht viel mehr als manche gleichaltrige Abfüllung aus noch arbeitenden Brennereien (obwohl man aus berufenem Munde hört, dass dieser Preis nicht mehr lange halten wird).
Am Geschmack kann es nicht liegen, denn der fruchtig-blumige Speysider mit einer zarten Rauchnote zählte für uns zu den Highlights des Abends, er hat schöne Süße durch die amerikanischen Eichenfässer, und der Rauch gibt ihm mehr Würze als Rauchigkeit.
Zum Hauptgang, einem herrlichen Rindsragout, kam dann die zweite Überraschung für uns auf den Tisch: Der Macallan Terra, der mit über 200 Euro pro Flasche teuerste Whisky des Abends. Warum Überraschung? Weil er im ersten Schluck etwas flach wirkte, und verhalten, sich aber über die Zeit immer mehr entwickelte und dann schöne Noten eines excellenten Sherryfasses entwickelte und ein „echter Macallan“ wurde. Bei Macallan zahlt man zwar immer den Namen mit, aber am Macallan Terra selbst gab es wenig auszusetzen, wenn man polierte und samtige Whiskys schätzt.
Und wieder kam ein Whisky als Zwischengang, diesmal der Dalmore The Quartet – eine Komposition aus vier Fass-finishes: first fill ex-bourbon, 30 Year Old Matusalem sherry, 30 Year Old Apostoles sherry und Bordeaux Cabernet Sauvignon. Das Ganze ergibt vielfältige Geschmackseindrücke von dunklen und hellen Früchten, Tabak und poliertem Holz, er hätte aber nach unserem Gefühl vielleicht eine etwas höhere Alkoholstärke für den Zusammenhalt vertragen als die 41,5% vol., mit denen er abgefüllt wurde.
Das Dessert war ein Tiramisu mit einem Kern aus Shortbread, und als Begleitung hatte man den Ardbeg Smoketrails ins Rennen geschickt, der mit seinen Bourbon- und Manzanillafässern (ein recht trockener Sherry) sehr pointiert rauchig daherkam und die Süße einerseits mit der Vanille aus der amerikanischen Eiche aufnahm, andererseits mit dem doch kräftigen Raucharoma wieder konterkarierte. Ein schöner Ardbeg, der mit den Standardabfüllungen gut mithält.
Den Abschluss der Verkostung bildete der St. Kilian Signature Edition Thirteen, und der zeigte, dass man mit kombinierten Vollreifungen aus unterschiedlichen Holzarten druckvolle Aromen bringen kann. Verwendet wurden Fässer aus Pfälzer und Ungarischer Eiche, wilde Robinie (Scheinakazie), Kastanie und Kirsche – das Destillat wurde aus getorfter Gerste (54ppm) gewonnen. Dennoch ist der Thirteen kein Rauchhammer, die Aromen stehen beim Eindruck klar im Vordergrund – und die über 53% vol. Alkoholstärke tun ein Übriges, um den St. Kilian Signature Edition Thirteen zu einem Genuss zu machen, der an diesem Abend viel Zustimmung fand.
Mit dem Ende des offiziellen Teils war der Genuss aber noch nicht vorbei – im Foyer gab es danach noch den Big Peat Duty Free Edition zu verkosten, ein typischer Big Peat mit rauchigem und kohligen Fokus und viel Bourbonfass-Einfluss. Und auch bei St. Kilian konnte man noch die eine oder andere Abfüllung nachprobieren.
Der Abend wurde einhellig als großer Erfolg gesehen, und man plant, sollte es dann genügend neue Abfüllungen geben, die Veranstaltung im Herbst zu wiederholen.
Whiskys, die man sonst nicht so geballt an einem Ort verkosten kann, eine einzigartige Location, gutes Essen und gute Unterhaltung – bei dieser Mischung sollten auch die Nachfolge-Events kein Problem haben, wieder rasch ausverkauft zu sein.