Whisky ist immer sehr stark mit den Menschen verbunden, die ihn erzeugen. Ihre Ideen, ihre Erfahrungen prägen seinen Stil ebenso wie es die Brennblasen tun.
Es sind aber nicht nur die im Rampenlicht stehenden Menschen, wie zum Beispiel die Master Blender oder die Distillery Manager – jeder der Mitarbeiter, vom Mash Man bis zum Verantwortlichen für die Lagerhäuser, trägt seinen Teil dazu bei, dass der Whisky einer Brennerei im Idealfall etwas Unverwechselbares wird – oder, wenn es sich um Mitarbeiter des Visitor Centers handelt, der Besuch dort.
Unser Gastautor Stefan Bügler, dem wir schon einen einfühlsamen Artikel über ein Fest bei der Lindores Abbey Distillery verdanken, nimmt sich in einem neuen Beitrag den Menschen hinter der Brennerei Glen Scotia in der Whiskyregion Campbeltown an und nähert sich auf diese Weise dem, was die Destillerie besonders macht. Den Artikel bringen wir für Sie in zwei Teilen heute und morgen – und wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre:
Treffpunkt an der Ecke Saddell & High – Face to Face bei der Glen Scotia Distillery (Teil 1)
Was sich wie ein Treffpunkt in New York City anhört, sind weltweit die einzigartigen Koordinaten an denen am südlichen Ende der schottischen Kintyre Halbinsel die Glen Scotia Distillery in Campbeltown liegt.
An dieser Straßenecke begrüßen mich aber Tausende „Mitarbeiter“ der Destillerie: Honigbienen. Seitdem sie im letzten Jahr „eingestellt“ wurden, brummt es gewaltig unter den Kirschbäumen. Hier stellen die Bienen ihre Version eines Drams flüssigen Goldes her, der auch im Shop der Brennerei als „Distillery Release“ verkauft wird.
Distillery Manager Iain Mc Allister sieht das Bienenprojekt als ihren kleinen Beitrag „die Umwelt mit Respekt zu behandeln und für zukünftige Generationen zu erhalten.“
Meet: The Bees
Bei Glen Scotia seit: August 2018 – in zwei Bienenstöcken lebt jeweils eine Population von etwa 250.000 Bienen
Lieblingsplatz in der Brennerei: unter den Kirschbäumen mit Blick auf Glen Scotia.
Glen Scotia Lieblingsabfüllung: Kirschblütenhonig von den Bäumen der Brennerei
Distillery Shop – Face to Face mit Roseanne & Hannah
Ein paar Meter weiter in der High Street brummt es auf eine etwas andere Weise vor dem Distillery Shop. Roseanne beginnt mit ihrer Tour für rund 20 Besucher aus Amerika, Asien und Europa.
Im Shop füllt Hannah gerade die Regale wieder auf, die während des Campbeltown Malts Festivals in der vorherigen Woche von Hunderten von Besuchern komplett geplündert wurden. „Das hat richtig Spaß gemacht“, sagt sie. Besucher aus aller Welt willkommen zu heißen, ist eine Herzensangelegenheit für Roseanne, Hannah und ihren Kollegen Callum Frazer, der heute frei hat. Zudem können sie das im grandiosen Ambiente der 1900er tun, in dem der Besucherbereich der Destillerie eingerichtet ist.
Meet: Roseanne Powell & Hannah Young, Shop and Tour Guides
Bei Glen Scotia seit: März 2019 (Roseanne) & April 2019 (Hannah)
Lieblingsplatz in der Brennerei: der Distillery Shop, „wo sich die Welt bei Glen Scotia trifft“
Glen Scotia Lieblingswhisky: Campbeltown Malts Festival 2019, 2003, 15 yo Peated & Rum Finished, aufgrund „seiner Tiefe,Süße und Sanftheit“ (Roseanne) & die Distillery Shop Abfüllung „Peated 2008“, wegen „ihres öligen Charakters gepaart mit einer guten Portion Torf und Rauch“ (Hannah)
Mash House – Face to Face mit David Watson
Im Mash House treffe ich David Watson, der gerade die Befüllung der 2,8t fassenden Mash Tun mit dem First Water begutachtet, das den Zucker aus dem gemahlenen Gerstenmalz extrahiert. Vor einigen Monaten wurden zwei obere Sektionen aus der Mash Tun entfernt und nun bietet sich Mitarbeitern wie Besuchern ein freier Blick in das Innere. Zudem verbreitet sich so ungehindert der süße malzige Geruch im ganzen Gebäude.
Die Mash Tun ist nicht einfach nur ein Arbeitsgerät für David. Er arbeitet hier seit 1991 und ist der am längsten beschäftigte Mitarbeiter, der alle Höhen und Tiefen (in denen er bei der Brennerei angestellt blieb) erlebt hat. Damit ist er quasi eine Institution und ein Füllhorn an Informationen, die er einem lokalen Autor für eine kürzlich veröffentlichte Broschüre über die Historie der Brennerei seit ihrer Gründung 1832 zur Verfügung gestellt hat.
David ist komplett zufrieden mit seinem Arbeitsplatz und sagt: „ich habe hier im Mash House angefangen und hier ist der Platz an dem ich auch aufhören möchte.“ Die nun blau gestrichene Mash Tun (früher in rot), die stolz in der Mitte des Gebäudes steht, ist synonym für Glen Scotia’s Wiederbelebung im Jahr 2014, als der Eigentümer Loch Lomond Distillery von Exponent Private Equity übernommen wurde. Seitdem wurde stark in die Brennerei investiert und die Produktpalette überarbeitet und erweitert.
Zur Produktion erzählt David: „die Mash Tun wird mit dem gemahlenen Gerstenmalz befüllt und viermal mit heißem Wasser durchspült, um Stärke in Zucker umzuwandeln und letzteren zu extrahieren. Das First Water wird mit 66°C eingebracht. Die Temperatur wird mit jeder Befüllung erhöht und endet mit 85°C bei der vierten Befüllung. Dieses sogenannte Fourth Water wird dann wieder als erste Befüllung für den nächsten Batch genutzt, da der Zuckeranteil schon relativ gering ist, aber natürlich genutzt werden soll. So wird im kompletten Prozess auch nichts vergeudet, denn die zurückbleibenden festen Bestandteile des Malzes (Draff) wird an lokale Farmer als Viehfutter verkauft. Der komplette Prozess dauert rund 8,5 Stunden.
Meet: David Watson, Mashman
Bei Glen Scotia seit: März 1991
Lieblingsplatz in der Brennerei: das Mash House – „hier habe ich angefangen und hier möchte ich aufhören“ (in Rente gehen)
Glen Scotia Lieblingswhisky: 25 year old – „diese Abfüllung enthält Whisky aus meiner Anfangszeit bei Glen Scotia. Ich habe ihn mitproduziert und er hat mein komplettes Arbeitsleben, alle Höhen und Tiefen in der Brennerei begleitet. Deshalb wird er neben seinem tollen Geschmack immer eine spezielle Bedeutung für mich haben.“
Tun Room – Face to Face mit Hector McMurchy
Vom Mash House gehe ich schnell durch das Stillhouse in den dahinter gelegenen Tun Room, der im Jahr 2010 komplett erneuert wurde. Ich kann mich noch gut an die sechs alten hellblau gestrichenen Washbacks aus Corton Stahl erinnern, die durch sechs glänzende neue 25.000l fassende Washbacks ersetzt wurden. Der Austausch fand via Kran durch ein extra dafür geschaffenes Loch im Dach statt.
Zwischen den Washbacks treffe ich auf Assistant Distillery Manager Hector McMurchy, der mir auch die drei draußen vor der Tür instaliierten Washbacks zeigt. Ein seltener Anblick in einer Malt Distillery und für Hector ein spannender Teil der Produktion: „die Gärung ist draußen langsamer als im Tun Room. Dadurch erhalten wir ein anderes Geschmacksprofil mit stärkeren Fruchtnoten im Rohbrand.“
Zudem werden alle Washbacks nur mit 14.500l befüllt mit einer minimalen Gärzeit von 70 Stunden. In der Praxis jedoch hat Glen Scotia eine über alle neun Washbacks gerechnete durchschnittliche Gärzeit von fast 129 Stunden. Das dürfte einer der längsten Gärzeiten in der schottischen Whiskyindustrie sein, die auch zur Fruchtigkeit im New Make beiträgt.
Gerade an diesem lokalen Campbeltown Geschmack hat Hector großen Spaß, seitdem er 2015 von der benachbarten Springbank zu Glen Scotia wechselte.
Meet: Hector McMurchy, Assistant Distillery Manager
Bei Glen Scotia seit: Januar 2015
Lieblingsplatz in der Brennerei: der Tun Room, „aufgrund der drei Washbacks vor der Tür und den langen Gärzeiten.“
Glen Scotia Lieblingswhisky: 200ml Warehouse Abfüllungen, „da unsere Besucher das Erlebnis des Lagerhaustastings mit nach Hause nehmen können.“
(Den zweiten Teil des Artikels können Sie am Donnerstag bei uns lesen…)