Samstag, 20. April 2024, 13:02:26

„Ich bin ein echter Traditionalist“ – Interview mit Ian MacMillan, Master Distiller bei Burn Stewart Distillers Ltd

Unser Gastautor Michael Schmidt hat für Whiskyexperts ein Interview mit Ian MacMillan, Head of Distilleries und Master Distiller bei Burn Stewart Distillers Ltd, geführt, in dem Ian detailliert auf verschiedene Aspekte seiner Arbeit und die Kunst des Destillierens eingeht. Zudem erfahren wir sehr Interessantes über geplante neue Abfüllungen in der Gruppe. Michael Schmidt hat uns das Interview freundlicherweise zur Verfügung gestellt – alle Rechte daran und an den begleitenden Bildern liegen bei ihm.

Mr. MacMillan, Sie gehören zu den bekanntesten Köpfen im schottischen Whiskybusiness. Seit fast 25 Jahren sind Sie bei Burn Stewart tätig. Wie hat alles angefangen? 

In der Whiskyindustrie arbeite ich seit 42 Jahren. Meine Karriere begann in der Glengoyne-Brennerei. Das ist ganz in der Nähe von dem Ort, wo ich aufgewachsen und zur Schule gegangen bin. Heute noch leben einige meiner Verwandten in Balfron – nur etwa fünf Meilen von der Brennerei entfernt. Ich bin Glengoyne immer noch sehr verbunden, weil ich solch gute Erinnerungen an diese Zeit habe. Damals habe ich die Grundlagen der Malt Whisky-Herstellung gelernt und ich erinnere mich gerne an all die Leute zurück, mit denen ich einst zusammen gearbeitet habe.

Ian MacMillan. Copyright Michael Schmidt
Ian MacMillan. Copyright Michael Schmidt

Die Glengoyne-Brennerei liegt nur einen Katzensprung von Glasgow entfernt. Trotzdem steht auf dem Etikett „Highland Whisky“. Was für ein Stil hat der Malt?

Der Whisky dort ist eher nach Art der Lowlands gemacht. Es ist ein sehr leichter Whisky. Technisch gesehen liegt ein Teil der Brennerei in den Highlands, ein anderer Teil in den Lowlands. Das liegt an der gedachten Linie, die durch das Land gezogen wurde, um zwischen Highland- und Lowland-Whisky zu unterscheiden. Es ist ein herrlicher Whisky. Ich als Blender nutze Glengoyne in vielen meiner Blends. Wenn ich Blendings herstelle – dann denke ich bei Glengoyne mehr an einen Lowland- als an einen Highland-Whisky.

Wie genau haben Sie Ihr Handwerk gelernt?

Als ich in Glengoyne begann, war ich erst 18 Jahre alt. Ich lernte als Mashman und Stillman zu arbeiten. Also habe ich den Prozess des Whiskyherstellens vom Fässer-Rollen in Lagerhäusern und vom Maischen der Gerste bis zur Destillation von Grund auf mitgemacht. So habe ich dort alle Arbeitsbereiche gelernt. Drei Jahre war ich bei Glengoyne, dann zog ich nach Glasgow.  Dort fing ich in einer Grain-Distillery an, die Port Dundas hieß. 2013 wurde sie abgerissen. Es war eine sehr große Getreidebrennerei. Schließlich versetzte man mich in eine Grain-Distillery nach London. Dort ging es um die Herstellung von Neutral-Alkohol für die Gin-Produktion. Fünf Jahre später war ich wieder zurück in Schottland, um wieder Malt Whisky zu brennen. Diesmal in der Glenturret Distillery in der Nähe von Crieff. Dort war ich zweieinhalb Jahre. Es war eine winzige Brennerei und ich war daran gewöhnt, in wesentlich größeren Produktionsbetrieben zu arbeiten. Ich suchte nach einer guten Gelegenheit – und dann kam das Angebot von Burn Stewart.

 

Wie kam es zu ihrer Arbeit für Burn Stewart?

1991 hatte Burn Stewart die Deanston Brennerei  in der Nähe von Stirling erworben und sie benötigten einen Manager. Seitdem bin ich mit im Boot. Wir haben Deanston umgestaltet und daraus gemacht, was es heute ist. Während dieser Zeit kauften wir auch 1993 Tobermory auf der Insel Mull. Auch hier überwachte ich die Neugestaltung und die Sanierung. Vor elf Jahren kam Bunnahabhain auf Islay hinzu und auch dort habe ich gearbeitet. Meine Aufgaben und Herausforderungen wuchsen und ich fand die Projekte, die ich vorantreiben konnte, äußerst spannend. Heute bin ich gleichzeitig sowohl für die Whisky-Brennereien als auch für das Blending verantwortlich. Seit zwölf Jahren bin ich sowohl Master Blender als auch Chef der Brennereien. Das heißt: bei allem, was in den Flaschen landet, habe ich die Destillation betreut. Dazu gehören die Blends, sowie wie die einzelnen Varianten – all das gehört zu meiner Arbeit.

Wie läuft das ab?

Einen Blend zu kreieren: das ist meine Aufgabe als Master Blender. Aber das Team in den Brennereien ist ebenfalls äußerst wichtig: Ein guter Manager vor Ort und ein Team, das versteht, was wir machen. Alle Mitarbeiter besitzen nicht nur darüber Kenntnisse, was sie herstellen, sondern auch, warum sie es tun. Deshalb habe ich ein persönliches Interesse daran, die Teams der Brennereien fortzubilden. Damit sie wissen, weshalb sie etwas machen. Ich kenne die Angestellten in den drei Brennereien persönlich. Bei vielen habe ich die Bewerbungsspräche selbst geführt und sie eingestellt. Wenn ich etwas probiere, ein Mischungsverhältnis festlege, muss es in der richtigen Weise umgesetzt werden. Es ist wichtig, ein gutes und engagiertes Team zu haben. Es ist eher wie in einer Familie bei uns.

Welches Selbstverständnis haben Sie als Master Blender?

Blenden heißt für mich: weiterentwickeln. Es ist die Evolution der Whiskys. Es geht auch darum, wie anpassungsfähig ein Whisky sein kann, wenn sie verschiedene Fässer mischen. Wenn sie nur einen einzelnen Stil ihres Whiskys herausbringen – und das ist alles was sie haben – dann können die Konsumenten das natürlich genießen. Es gäbe aber auch die Möglichkeit, von der gleichen Brennerei gelegentlich den Whisky, den sie mögen, ein wenig abgewandelt zu genießen. Zum Beispiel dank der Lagerung in Fässern, in denen zuvor ein Pedro Ximenez Sherry gereift war, oder Oloroso oder Manzilla. Ich habe Port Finishes herausgebracht, Marsala Finishes. Bei Bunnahabhain gibt es so viele Variationen. Zum Islay-Festival 2014 gab es einen Bunnahabhain, der zuerst in Cognac und dann in Moscatel-Fässern ein Finish erhielt wurde. All diese Whiskys geben dem Blender eine große Chance zum Experimentieren und neue Dinge für den Konsumenten herauszugeben. Und diese Experimente kommen sehr gut an.

 

Die Destillerie Tobermory (produziert auch Ledaig). Bildrechte bei Torsten Dahmke.
Die Destillerie Tobermory (produziert auch Ledaig). Bildrechte bei Torsten Dahmke.

Was unterscheidet Ihre Whisky-Kreationen von denen der Konkurrenz?

Einzigartig an uns ist, dass wir sehr traditionelle Herstellungsmethoden pflegen. Wenn Sie etwa Tobermory besuchen, sehen sie, dass wir althergebrachte Methoden anwenden. Wir haben noch einige der wenigen Maischebottiche, die auf der Oberseite offen sind. Es sind wohl die größten im ganzen Land. Ich bin ein echter Traditionalist. Ich glaube an die überlieferten Methoden.

Warum behalten sie diese Methoden bei – sie könnten doch auch moderne, vielleicht effizientere Verfahren anwenden?

Ich bin schon lange in der Whisky-Industrie und habe gelernt, alle Dinge noch in Handarbeit zu machen. Ich glaube, dass Leute, die in Kontrollräumen arbeiten, zwar wissen, was sie machen, aber sie wissen nicht weshalb. Eine der Sachen, die ich als Traditionalist bedauere, ist folgende: wenn du Brennereien besuchst und zuallererst feststellst, dass dort gar kein Mensch zu sehen ist. Alles ist automatisiert. Für mich zerstört das den Mythos des Scotch Whisky – dieses handgemachte Produkt. So ist es kaum handgemacht, wenn keine Menschen mehr in einer Brennerei arbeiten und alles von einer Kontroll-Konsole entschieden wird.

Was gibt es noch für Gründe, die Tradition hochzuhalten?

Für eine Firma unserer Größe müssen wir uns von anderen unterscheiden. Ein Merkmal heißt: traditionelle Produktionsmethoden zu erhalten. Vor ein paar Jahren wollte ich, dass alle Single Malts nicht mehr kühlgefiltert werden – alle. Wir waren nicht die erste Firma in Schottland, die damit begonnen hat, wir waren aber die ersten, die ihre komplette Bandbreite von Single Malts ungefiltert herausgegeben hat. Das war für mich ein großes Ereignis. Ich glaube an den traditionellen Weg Whisky zu machen und an den traditionellen Weg Whisky zu trinken – und nicht kühlgefiltert ist eben der traditionelle Weg.

 

Welche Veränderungen haben Sie umgesetzt, als sie bei Deanston mit der Sanierung anfingen?

Als ich hierherkam, war es eine Brennerei, die acht Jahre lang eingemottet gewesen war. Die Vorbesitzer hatten kurz zuvor den ehemaligen Manager mit ins Boot genommen und sie wieder in Gang gebracht. Aber als ich mit der Arbeit loslegte, war ich überhaupt nicht glücklich mit dem Brand. Er war aus meiner Sicht nicht wirklich rein. Ich begann die Infrastruktur zu überprüfen: den Typ der Maischebottiche, wie gemahlen wurde, welche Fermentation ablief und die Form der Brennblasen. Ich musste abwägen: was ich von diesem Equipment erwarten konnte und welche Art von Malt ich gerne damit machen würde. Ich überprüfte den Mahlvorgang des Malzes und die Fermentations-Zeiten. Es gab kleinere Sachen wie Hygiene-Probleme damals, und Leitungen mussten neu verlegt werden. Den Maische-Ablauf habe ich ebenfalls verändert. In Bezug auf die Destillation fand ich: die Zeitpunkte für die Cuts waren falsch, der Druck des Dampfs, das Destillations-Verhältnis und die Fraktionierung in der Brennblase – all das musste neu ausbalanciert werden. Nach meiner Ansicht sollte eine Brennerei wie diese einen schönen, fruchtigen honigsüßen Whisky herstellen. Das war es dann, was ich vorangetrieben habe. Das machen wir seit 1991 – einen Whisky mit einer süßen Malzigkeit von Gerstenzucker. Ich glaube nicht, dass es einen Whisky gibt, der einen stärkeren Honig-Charakter hat als Deanston. Es ist ein wunderbarer Whisky.

Die Destillerie Deanston. Copyright Michael Schmidt
Die Destillerie Deanston. Copyright Michael Schmidt

Wie entsteht dieser Deanston-Stil denn genau?

Facetten des Deanston Stils entwickeln sich bereits am Anfang der Produktionskette. Dies liegt daran, dass wir einen traditionellen Maischebottich verwenden. Beim Mahlprozess mahlt man normalerweise nicht so fein. Andere Brennereien benutzen ein vollautomatisches „Lauter-System“, was eigentlich mehr mit dem Brauen zu tun hat. Damit können sie die Körner sehr fein mahlen und erreichen einen schnellen Prozess, um die Stärke in den Zucker zu verwandeln. Wenn wir aber einen traditionellen Maischebottich benutzen, dann mahlen wir viel, viel gröber, weil die Getreidespelzen für uns so wichtig sind. Das ist der natürliche Filter im Maischebottich. Wenn wir das Getreide sehr fein mahlen, extrahieren wir Tannin, was eine „Trockenheit“ hervorruft. Wenn wir es nicht so fein machen, haben wir eher eine Süße und es gibt nicht diesen trockenen Charakter im Whisky.

Deanston Destillerie, Foto von Eileen Henderson, CC-Lizenz
Deanston Destillerie, Foto von Eileen Henderson, CC-Lizenz

Welche Rolle spielt der Maische-Prozess bei der besonderen Note des Deanston?

Das traditionelle Maischen ist ein langer Kreislauf, nichts darin geschieht mit Gewalt. Es ist eine  Extraktion der Zuckers durch Gravitation, was die wunderbare Malzigkeit beibehält. Es betont dieses  süße Honig–Aroma, das während der Reifung noch einmal konzentriert wird. Bei uns dauert der Prozess etwa zehn Stunden. Mit einer modernen Lauter Tun würde es vier oder dreieinhalb Stunden dauern – wir sind also sehr langsam. Daraus entsteht schließlich eine besonders dunkle, klare Würze. So erhalten wir die gewünschten malzigen Aromen.

Die Stills der Destillerie Deanston. Copyright Michael Schmidt
Die Stills der Destillerie Deanston. Copyright Michael Schmidt

Welche Rolle spielt der Brennvorgang?

Unsere Brennblasen besitzen in der Mitte runde Ausbuchtungen, sogenannte Bulbs, und einen leicht aufsteigenden Lyne Arm. Wir wollen nicht die öligen Congener haben, es geht uns mehr um die süßen, leichteren Congeners, die diese leichte honigartige Süße erhalten – und das ist es, was bei Deanston herüberkommt. Das ist der Unterschied zwischen Deanston und anderen Whiskys. Jeder Single Malt ist einzigartig. Es gibt ähnliche Stile in bestimmten Gegenden, aber jede Brennerei hat ihre eigene Geschichte zu erzählen. Bei uns ist es mehr ein wachsartiger Charakter wie Bienenwachs. Das ist der Stil, den wir von Deanston bekommen und das macht ihn sehr erfolgreich. Nicht nur als Single Malt, Deanston ist der wichtigste Anteil des Blends ‚Scottish Leader‘, der vor allem nach Südafrika, ins Baltikum, nach Taiwan und in die USA verkauft wird.

 

Schon im 19. Jahrhundert nutzte die Baumwollfabrik von Deanston Wasserkraft. Wie steht es um die Brennerei?

Deanston ist die einzige Whiskybrennerei, die ihren Strom vollständig selbst produziert. Wir besitzen Wasserturbinen. Auch wenn die Brennerei rund um die Uhr läuft, produzieren wir genügend Strom, um diesen wieder in das Nationale Netz einzuspeisen. Wir haben ein Plus an Energie, das hoch genug ist, um 700 Wohnungen mit Strom zu versorgen.

An den Stills der Destillerie Deanston. Copyright Michael Schmidt
An den Stills der Destillerie Deanston. Copyright Michael Schmidt

Wird der Strom auch für die energieintensive Beheizung der Brennblasen genutzt?

Nein, die Elektrizität ist nur für die Lichter und die Maschinerie zuständig. Die Brennblasen werden von ölbefeuerten Dampfheizungen erwärmt.

Könnten Sie diese nicht auch elektrisch betreiben?

Ja, wir könnten. Die Boiler sind aber noch nicht sehr alt. So müssen wir schauen, wann wir diese abschreiben können. Wenn es soweit ist, alles zu erneuern, dann würden wir nach neuen Alternativen suchen. Es gibt alle möglichen Optionen wie Biomasse-Boiler, Holzchips-Boiler und all diese Möglichkeiten. Wir denken auf jeden Fall darüber nach. Wir möchten unseren Herstellungsprozess noch „grüner“ gestalten. Wir stellen übrigens auch einen Bio-Whisky her. Das mache ich schon seit 14 Jahren – wir haben eine Zertifikation dafür, aber noch nichts davon verkauft. Wir planen 2015 einen 14 Jahre alten Single Malt Bio-Deanston herauszubringen.

Die Destillerie Deanston. Copyright Michael Schmidt
Die Destillerie Deanston. Copyright Michael Schmidt

Sie haben nicht nur Deanston neu ausgerichtet, sondern auch Tobermory auf der Insel Mull. Was haben Sie dort von ihren Ideen umsetzen können?

Tobermory wurde damals von einer privaten Firma betrieben. Meine Aufgabe nach der Übernahme bestand darin, auch diesen Whisky auf Herz und Nieren zu prüfen. Damals produzierten sie einen Whisky mit Speyside-Charakter auf Mull – und der war vollkommen unausgewogen. Es war ein nichtssagender Whisky. Es war weder das eine noch das andere, aber sie versuchten einen Speysider zu produzieren. Es war einfach unmöglich und der Whisky hatte keinen Charakter. Auch dort überprüfte ich die Ausstattung, Technik und Produktionsabläufe und arrangierte alles neu. Am Ende ließ ich einen traditionellen West Highland Whisky entstehen, der mehr Gewicht hatte und mehr Stil. 1996 führte ich den torfigen Ledaig Single Malt wieder ein, dessen Produktion einige Jahre zuvor gestoppt worden war. Erst 2003/2004 konnten wir wieder mit unseren neuen Whiskys starten. Denn wenn Sie den Stil ändern, müssen Sie gut zehn Jahre warten, bis der neue Whisky – also der Tobermory Single Malt – soweit ist, um ihn herauszubringen. 2006 kam der Ledaig als zehnjähriger Single Malt heraus.

Ian MacMillan. Copyright Michael Schmidt
Ian MacMillan. Copyright Michael Schmidt

Wie war der Start bei Bunnahabhain, der dritten Brennerei, die Burn Stewart erwarb?

Bei Bunnahabhain sah es etwas anders aus, weil Bunnahabhain bereits ein vielbeachteter Single Malt war. Es ging also eher darum, den vorhandenen Stil zu bewahren. Ich machte einige winzige Veränderungen, um den Whisky von Bunnahabhain ausgewogener zu machen. Aber als Master Blender war es für mich vor allem ein Thema, dass es damals nur den Zwölfjährigen als offizielle Abfüllung gab. Also brachte ich 2003 einen 18-Jährigen, einen 25-Jährigen. Insgesamt gab es bis heute gut 30 verschiedene Varianten des Whiskys. All die limitierten Ausgaben, für die unterschiedlichen Länder, für das Whiskyfestival und die Erweiterung der Range. Das gab es vorher nicht. Für mich war es großartig, dass ich diesem Whisky, in all seinen Stilen, meinen eigenen Stempel aufdrücken konnte. Die Entscheidung auf Kühlfiltration zu verzichten brachte ein weiteres Merkmal mit sich, in dem sich der neue von alten Bunnahabhain unterschied. Auch dies hat den Charakter des Whiskys beeinflusst.

 

Wollen Sie den Varianten-Reichtum von Bunnahabhain auch bei Tobermory und Deanston einführen?

Da gibt es schon einige Varianten. Wir bringen limitierte Ausgaben von Deanston heraus, die es aber nur direkt im Brennerei-Shop gibt. Das gleiche geschieht bei Tobermory. Es gibt zwei Abfüllungen, die nur im Besucherzentrum verkauft werden. Wir bringen jetzt einen 18 Jahre alten Ledaig heraus und auch ein 18 Jahre alter Deanston wird kommen. In die USA exportieren wir die Limited Edition eines 18 Jährigen. Dort befindet sich der beste Markt für Deanston. Die Amerikaner lieben diesen Honigstil. Er wird aber auch immer beliebter auf anderen Märkten.

Die Destillerie Bunnahabhain.  Bildrechte bei Lars Pechmann.
Die Destillerie Bunnahabhain. Bildrechte bei Lars Pechmann.

Was können sie noch zum Varianten-Spektrum von Deanston sagen?

Die einzige Erweiterung der Range, die wir bislang herausbrachten, war der ‚Virgin Oak‘ [Anm. d. Red.: Reifung zum Teil in unbenutzten, ausgebrannten Eichenfässern]. Ich war der allererste, der das machte und einige Leute haben mich kopiert. Außerdem haben wir vom 12-jährigen Single Malt zwei limitierte Ausgaben präsentiert: ‚Toasted Oak‘ und ‚Spanish Oak‘ und darüber hinaus einen Jahrgangs-Deanston 1974 vor zwei Jahren. 2015 werden wir einen vierzigjährigen Deanston herausbringen, der 1974 destilliert wurde. Ich habe einige sehr alte Whiskys in Lagerung, deren Entwicklung ich seit Jahren genau überwache – nächstes Jahr wird es einen 42 Jahre alten Tobermory geben, einen 40 Jahre alten Ledaig und wir stellen einen 45 Jahre alten Bunnahabhain vor. Und von unserem Blend, dem Scottish Leader, werden wir einen 50-Jährigen präsentieren. Dies sind alles spektakuläre Whiskys und wir machen limitierte Versionen für Länder wie Russland in kleinen Chargen.

Burn Stewart wurde 2013 von der Distell-Gruppe übernommen? Wie verläuft der Integrationsprozess?

Es ist ein sehr unterschiedliches Setup, weil Distell eine südafrikanische Firma ist. Sie haben keine große Erfahrung mit Scotch Whisky. Sie lernen von uns. Distell produziert bereits südafrikanischen Whisky. Ich war in der dortigen Brennerei gewesen und habe sie bei Ihrer Arbeit unterstützt. Sie machen einen tollen Malt Whisky. Aber das ist ein völlig anderer Stil. Distell ist der größte Spirituosenkonzern Afrikas mit globalen Ambitionen. Es ist eine große Chance für uns bei Burns Stuart, am weltweiten Netzwerk teilzuhaben und auch Distell kann von unserem Netzwerk profitieren. Die Integration in den Konzern schreitet voran. Auf beiden Seiten ist natürlich noch viel zu lernen.

Die Destillerie Bunnahabhain. Bildrechte bei Gerald Petö
Die Destillerie Bunnahabhain. Bildrechte bei Gerald Petö

Wie begegnen Sie der in den vergangenen Jahren gestiegenen Nachfrage nach Scotch?

Es kommen jetzt einige Whiskys ohne Altersangebe heraus – nach meiner Ansicht ist das eine gute Sache, weil das den Master Blendern erlaubt, wirklich ihre Fähigkeiten zu zeigen. Wenn man einen zwölfjährigen Whisky herausbringt, ist man darauf beschränkt, dass das Mindestalter zwölf Jahre beträgt. Wir als Blender wissen, was das Alter zu einem Blend beitragen kann. Junge Whiskys von Deanston oder anderen Brennereien haben etwas an sich, was einfach herrlich ist, wenn man sie mit etwas älterem Whisky mischt und dann noch einen älteren hinzugibt, bis eine Einheit entsteht. Man ist nicht auf ein Alter beschränkt. Es besteht die Möglichkeit, all die verschiedenen Altersstufen  zusammen zu bekommen – deshalb bringen wir momentan so viele Whiskys nur mit Namen oder Titel auf dem Etikett heraus. Was man von jüngeren Whiskys erhält, ist dieses Beschwingte und eine Grasigkeit, die man verliert, wenn der Whisky älter wird. Wenn man dies mit Whiskys vermählt, die durch die Reifung mehr ausgereift sind, trägt das zu größerer Komplexität bei. Es entsteht ein Whiskystil, der sich von der Norm unterscheidet. Das ist eine tolle Sache. Whiskys verschiedenen Alters können so auf unterschiedliche Weise ihren Beitrag zum Ganzen leisten.

Aber bis vor wenigen Jahren galt die Altersangabe doch den Marketingleuten als ein Qualitätsmerkmal, das es herauszustellen galt?

In manchen Märkten herrscht der Glaube, dass eine Altersangabe auf der Flasche bedeutsam ist. Aber schauen Sie auf das Etikett von Johnnie Walker Blue Label: da ist keine Altersangabe drauf. Die Hersteller sagen, es sei alter Whisky drin enthalten, aber nicht wie viel. Der Konsument muss dem Master Blender das Vertrauen schenken, dass er sein Handwerk versteht. Wer beherrscht das schon so gut wie dieser? Ich als Master Blender habe im Kopf, welchen Charakter meine Whiskys in ihren verschiedenen Altersstufen haben und ich weiß, wenn es sich um ein spezielles Fass handelt wie ein Refill Cask, ein Bourbon Cask oder ein Sherry Cask. Sie alle haben etwas, was sie zum Whisky beitragen können. Im Duty Free Bereich haben wir einige Bunnahabhains herausgebracht, die keine Altersangabe tragen. Etwa der ‚Darach Ur‘, der sehr beliebt war. Eigentlich sollte es ihn nur zwölf Monate geben, um den Druck vom Zwölfjährigen zu nehmen, der sehr gut verkauft wurde. Den ‚Darach Ur‘ gab es sechs Jahre lang und vergangenes Jahr musste ich ihn einstellen, weil die Whiskys, die ich dafür vorgesehen hatte, verbraucht waren. Als ich diesen Whisky entwickelt habe, hatte ich niemals daran gedacht, dass es ihn so lange geben würde. 2013 haben wird der ‚Eirigh-na-Greine‘ herausgebracht, bei dem Bunnahabhain in Rotweinfässern gelagert wurde. Das gibt uns die Möglichkeit als Blender, das alles zusammen zu bringen. Und das verstehen auch die Konsumenten, wenn es keine Altersangabe gibt. Das Alter wird dann interessant, wenn die Whiskys sehr alt sind. Die Konsumenten wollen wissen, dass sie in diesem Falle etwas ganz Besonderes kaufen.

 

Manche Ihrer Whiskys gibt es nur direkt an der Brennerei zu kaufen. Wieso das?

Ich finde es großartig, wenn ich einen Whisky von nur einem Fass herstelle. Und die Interessenten, die diesen besonderen Whisky haben wollen, müssen direkt zur Brennerei fahren, um ihn zu bekommen. Das macht das Ganze einzigartig. Bei vielen Brennereien ist alles erhältlich, was es auch sonst wo auf der Welt zu kaufen gibt. Bei uns gibt es diese limitierten Ausgaben ausschließlich bei der Brennerei. Es macht einen Besuch bei Tobermory, Deanston oder Bunnahabhain ganz besonders und erinnerungswürdig. Ich liebe es, die Reaktionen mitzuerleben, wenn Besucher solch einen besonderen Whisky probieren – und da gab es 2014 großartige Rückmeldungen. Wir hatten einen neunzehnjährigen Tobermory und einen 16 Jahre alten Ledaig. Beide wurden in Pedro Ximenez Sherryfässern gelagert – aber beide waren letztendlich völlig unterschiedliche Whiskys. Sie waren so erfolgreich, dass sie inzwischen ausverkauft sind. So arbeiten wir nun an einer zweiten Version.

Ian MacMillan. Copyright Michael Schmidt
Ian MacMillan. Copyright Michael Schmidt

Was wird bei Deanston geschehen, wenn die Nachfrage in der Branche weiter so stark bleibt?

In der Tat: Die Nachfrage nach Deanston wächst. Er wird auch von anderen Whisky-Blendern nachgefragt, weil es diesen wunderbaren Honigeffekt gibt. Deanston ist ein phantastischer Whisky, mit dem man arbeiten kann, wenn er jung ist. Besonders bei Blends, weil er diese besondere Note hinzufügt. Das ist essenziell. Es gibt dem Blend eine große Fülle und eine honigartige Malzigkeit. So füllen wir viel Deanston auch für andere Firmen ab, die den Whisky in ihren eigenen Blends nutzen. In Bezug auf die Single Malts habe ich ja bereits den 18-Jährigen und 40-Jährigen Deanston erwähnt, den wir herausbringen werden. Geplant ist auch ein Cognac-Finish, das exklusiv für die USA gedacht ist. Außerdem gibt es eine Reihe limitierter Ausgaben. Ich mache eine ganze Reihe von Experimenten. Offensichtlich klappt nicht alles. Jeder, der sagt, es klappt immer, der ist nicht ehrlich. Manchmal funktioniert es einfach nicht und du probierst etwas Neues. All das ist natürlich zeitaufwändig.

 

Was bedeutet das in der Praxis?

Von Seiten des Marketings kommt öfters die Frage: Wann wird es soweit sein? – und ich kann nur sagen: der Whisky ist dann fertig, wenn er fertig ist. Er wird es mir sagen, wenn es soweit ist. Ich werde probieren, Proben nehmen und feststellen: So muss es sein, wir haben den Punkt erreicht – aber ich weiß nicht genau, wann wir ihn erreichen werden. In Schottland kommt es sehr darauf an, wie hart der Winter verläuft. Im Sommer ist der Whisky dabei zu ziehen und vom Holz zu extrahieren, aber wenn es sehr kalt wird, bis minus zehn oder zwanzig Grad, dann verlangsamt sich die Reife, bis sie sichtbar stoppt. Dann gibt es keine Interaktion mit dem Holz, alles ist statisch bis es wieder wärmer wird und der Prozess von neuem beginnt. Es ist so eine Art Schlummer-Periode im Winter. Im Gegensatz zur milderen und feuchteren Westküste gibt es in Zentral- und Ost-Schottland eher einen kälteren, schneereichen Winter. Die niedrigste Temperatur, die wir hier gemessen haben, war minus 21 Grad – ziemlich kalt! Ich finde: Du kannst Whisky nicht in Eile machen. Whisky braucht seine eigene Zeit im Fass.

Ian MacMillan gehört zu den Urgesteinen der schottischen Whiskybranche. Zu den Brennereien, die er als Head of Distilleries für den Konzern Burn Stewart Distillers Ltd (Distell Group) betreut, gehören Deanston, Tobermory und Bunnahabhain. MacMillan wacht als Master Blender nicht nur über die Qualität der Blends ‚Scottish Leader‘ und ‚Black Bottle‘, sondern auch über die Single Malts des Unternehmens, von denen es inzwischen immer mehr innovative Varianten gibt. Der Autor und Fotojournalist Michael Schmidt hat MacMillan in der Deanston-Brennerei in der Nähe von Stirling getroffen und ihn zu seinem Leben und dem Whiskyhandwerk befragt. Im Mittelpunkt des Gesprächs steht Deanston. Die Brennerei befindet sich in dem historischen Gebäude einer einstigen Baumwollspinnerei. Dort wurden einige Szenen der whiskylastigen Kinokomödie ‚Angels´ Share’ gedreht.

Michael Schmidt, Jahrgang 1974, arbeitet als Autor, Videoreporter und Fotojournalist in Langen (Hessen). Er hat zwei Jahre im schottischen Glasgow gelebt und war dort als Korrespondent für deutsche Medien und als Reiseleiter tätig. Seine Themen sind neben der Whiskyproduktion und -vermarktung auch erneuerbare Energien, Medien, Kirche sowie Politik und Geschichte Schottlands. Im Rhein-Main-Gebiet veranstaltet er regelmäßig Whiskytastings und hält Multimedia-Vorträge über seine zweite Heimat Schottland. Alljährlich bringt er im Eigenverlag den Bildkalender ‚Scotland – Land of Whisky‘ heraus.

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