Das Auktionshaus Kirschner & Sons hat uns einen Pressetext über eine ganz besondere Flasche gesendet, die dort im Rahmen der 10. Auktion ab heute, dem 29. April, zur Versteigerung kommen wird. Es handelt sich um einen Glenlivet 1943 von Gordon & MacPhail – ein rarer Single Malt, hinter dem nicht nur eine Destillerie mit weit zurückreichender Tradition steht, sondern auch ein ebenso altehrwürdiger Abfüller. In dem von Christian Schrade verfassten Text wird deren Geschichte erzählt:
Behind the bottle: Glenlivet 1943 von Gordon & MacPhail
Ein Farmer mit dem richtigen Riecher und ein Kaufmann mit dem Gespür für guten Whisky. Ohne zwei Männer mit Weitsicht, würde es diesen Schatz nicht geben: Kirschner & Sons präsentiert einen „Glenlivet“ aus dem Jahr 1943. Die Geschichte einer wahren Whisky-Rarität.
73 Jahre ist es her, da floss dieses Destillat aus der Brennblase einer schottischen Destillerie in der Nähe des kleinen Örtchens Ballindalloch, im Herzen der Speyside. Allein schon deswegen ist diese Flasche Single Malt Scotch Whisky eine Rarität: Denn 1943, während des Zweiten Weltkriegs, lag fast die gesamte schottische WhiskyIndustrie brach. Zwei Jahre gab es gar ein komplettes Produktionsverbot zugunsten im Krieg benötigten Industrie-Alkohols. Dass es dieser Whisky trotzdem erst ins Fass und rund 50 Jahre später in die Flasche schaffte, ist der Weitsicht wahrer WhiskyPioniere zu verdanken.
George Smith, zusammen mit seinem Sohn John Gordon „J. G.“ Smith auf dem Etikett verewigt, hatte schon früh sein Talent für das Destillieren hochprozentiger Getreidebrände entdeckt. Dass das Whiskybrennen Anfang des 19. Jahrhunderts noch illegal war, störte den Farmer ebenso wenig wie rund 200 andere Schwarzbrenner im Tal (schottisch „glen“) des Flusses Livet. Hier waren die Bedingungen ideal: Genügend Quellwasser aus den Cairngorms, der südlich gelegenen Bergkette. Gerste aus den umliegenden Feldern und ausreichend verwinkelte Ecken, um seine illegale Destillerie zu verstecken. Und drohte diese doch einmal aufzufliegen, bauten die Schotten schnell alles ab, ließen etwas Equipment zurück und meldeten den Behörden ganz unschuldig den Fund einer illegalen Brennerei. Natürlich nicht, ohne die Belohnung dafür einzustreichen: Das war einfach erwirtschaftetes Geld, mit dessen Hilfe gleich die nächste „schwarze“ Destillerie errichtet wurde.
Als der Staat 1823 dem illegalen Whiskygeschäft ein Ende bereiten wollte, erkannte George Smith seine Chance: Nur ein Jahr später erwarb er die erste legale Lizenz zum Whiskybrennen im Tal des Livet – der Startschuss für die traditionsreiche Glenlivet Distillery, in der knapp 120 Jahre später dieser Whisky gebrannt werden sollte. Fortan lebte Smith gefährlich, trug Tag und Nacht eine Pistole bei sich und ließ sich von „Bodyguards“ beschützen, um dem Zorn seiner illegal brennenden Mitbewerber zu entgehen. Seine Erfolgsgeschichte konnten die aber nicht aufhalten: So wurde aus dem „Verräter“, der mit der englisch kontrollierten Obrigkeit gemeinsame Sache machte, ein angesehener Whisky-Pionier. Und dessen Whisky wurde so begehrt, dass sich auch andere Destillerieren aus dem Tal den Namen „Glenlivet“ aneigneten und an den eigenen Namen dranhängten – zum Beispiel Craigellachie-Glenlivet, Benrinnes-Glenlivet oder Glenfarclas-Glenlivet.
Dass solche Whiskys später viel Wert sein könnten, dachte sich damals auch der Kaufmann James Gordon, der im kleinen Städtchen Elgin einen Kaufladen für Tee, Wein und Spirituosen betrieb. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Alexander MacPhail begann er 1895, frisches Destillat – den sogenannten „New Make“ – von den Destillerien aufzukaufen und im Keller des Unternehmens in eigenen Holzfässern zu Whisky zu reifen. So gingen beide in die Whisky-Geschichte ein – als Gründer des berühmten unabhängigen Whisky-Abfüllers Gordon & MacPhail. Deren Feinkostgeschäft in der South Street in Elgin ist heute immer noch eines der begehrtesten schottischen Reiseziele für Whisky Liebhaber aus aller Welt. Und Ursprungsort dieses Single Malts aus dem Jahr 1943, der erst in den 1990ern, nach rund 50 Jahren Reifezeit, in die Flasche abgefüllt wurde.
Und genau diese Flasche dieses raren Whiskys können Sie in der aktuellen Auktion von Kirschner & Sons ersteigern. Wie wäre es also mit einer ganz besonderen Whisky-Geschichte im Glas?