Dienstag, 19. März 2024, 12:12:03

Whisky des Monats April 2021: Laphroaig 10yo Sherry Oak Finish

Den Neuzugang im Portfolio von Laphroaig empfehlen wir in diesem Monat - unter bestimmten Bedingungen

Es geht um Qualität, Preis und Verfügbarkeit, dies zusammen muss uns überzeugen. So ist die monatliche Aufgabe formuliert. Und manches Mal müssen wir von diesen knallharten Bedingen etwas abweichen und die Kriterien aufweichen. Denn uns gefällt zum April der Laphroaig 10yo Sherry Oak Finish. Und das ist nicht ganz so einfach.

Bingo!

Unverwechselbar, legendär und charaktervoll. Ausgewählte Fässer, süße Noten und Oloroso-Sherry-Fass. Limitierte Edition: Die perfekte Ergänzung jeder Whisky-Sammlung.

Beim Durchlesen der offiziellen deutschen Mitteilung zur Markteinführung des Laphroaig 10yo Sherry Oak Finish gleitet unser Stift pfeilschnell durch den Text. Und bereits nach kurzer Zeit können wir ausrufen: Bingo! Denn wir finden hier all die Buzzwords, die benötigt werden, um im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die Aufmerksamkeit für eine neue Whisky-Abfüllung zu erhalten. Und es sind ebenfalls die erforderlichen Formulierungen, um bei den Kunden den zum Kauf notwendigen Reflex auszulösen. So kommt eins zum anderen und wird ein Ganzes. Und wir sind weder überrascht noch verwundert.

Sonderausgabe oder neues Mitglied der Standard-Range?

Als wir Ende September 2020 in der der us-amerikanischen TTB-Datenbank das Label dieses Bottlings der Islay-Brennerei fanden, stellten wir (uns) die Frage: Sonderausgabe oder neues Mitglied der Standard-Range? Nach dem Studium unterschiedlicher Quellen lautet unsere momentane Antwort: Beides.

Bei der Vorstellung dieses neuen Laphroaig war von einer limitierten Ausgabe die Rede, wie bei Sonderausgaben üblich. Die Zahl der veröffentlichten Flaschen ist allerdings nicht erwähnt (wir finden die Praxis bei manch anderer Brennerei, und haben uns daran gewöhnt – nein, gewöhnen müssen). Zusätzlich wird der Laphroaig 10yo Sherry Oak Finish als „a new addition for the brand’s core range“ vorgestellt, also als „Neuzugang im Kernsortiment der Marke“.
Beim gestrigen #LaphroaigLive Spring 2021 sprach Distillery Manager John Campbell unter anderem auch über die neue Laphroaig Veröffentlichung, und dies sehr ausführlich und detailiert. Es war die Rede von ungefähr 4.000 Cases, die wohl in den ersten jahren von diesem Single Malt erscheinen. Und auch davon, dass es einige Zeit dauern wird, bis Laphroaig mehr ihres 10-jährigen Sherry Oak Finish veröffentlichen können. Wenn wir es richtig verstanden haben.
Dies addiert lässt uns eine hoffentlich gute und eine leider schlechte Nachricht vermuten: Der Laphroaig 10yo Sherry Oak Finish wird regelmäßig erscheinen, doch werden die Flaschen nicht für alle reichen.

Laphroaigs Distillery Manager John Campbell

Weniger Ecken, weniger Laphroaig

Eine Zeitlang konnten Scotch Whiskys nicht rauchig genug sein. An der ppm-Schraube wurde gedreht, um die Messlatte immer weiter nach oben zu verschieben. Und manche Brennerei erweiterte ihr Portfolio auch um einen Malt aus getorfer Gerste. Oder fanden in alten Unterlagen, in der hintersten Ecke des ware houses in einem alten Fass, den Beweis, dass in ihrer Brennerei eigentlich schon früher ein rauchiger Whisky hergestellt wurde. Und reaktivierten diese alte Art und Weise.

Bild © Jochen Wied

Laphroaig hatte eine Teilnahme an diesem Wettbewerb nicht nötig. Ihr Single Malt war und ist auf dem Gebiet Rauchig/Torfig eigentlich der Maßstab, auch wenn andere Brennereien ihr Produkt für ultimativen Islay Single Malt Scotch Whisky halten. Vielmehr schien das Problem zu sein, oder sprechen wir hier besser von anstehender Aufgabe, aus diesem „the most richly flavoured of all Scotch whiskies“ ein Produkt zu gestalten und formen, das auch einem breiteren Publikum vorgestellt und verkauft werden kann. Durch den deutlichen Einfluss unterschiedlicher Fass-Sorten schliff Laphroaig einige Ecken ihres prägnanten Single Malts weg und präsentierten neue Abfüllungen. Diese wurden dann zugänglicher. Jedoch oft auch etwas weniger Laphroaig.

Süß ist das neue rauchig

Das Schöne an Trends ist ihr absehbares Ende. Nun gilt es seit einiger Zeit bei den Neuerscheinungen der schottischen Malts eine neue Mode. Durch den massiven Einsatz von Fässern soll ein maximal süßes Ergebnis erreicht werden. Der Genuss von Scotch Whisky wird hier dann zur Fortbildungsmaßnahme auf dem Gebiet „Süßweine der Welt“: Sauternes, Tokajer, Eiswein, Portwein, Madeira, Moscatel und natürlich Sherry. Es sind alle Arten der (vermeintlich) süßlichen Weine hier zu finden. Und bei mancher Abfüllung drücken diese den Charakter der Brennerei und ihres Destillats gänzlich an den Rand des Geschmacks und raus aus dem Profil. Nicht jede Abfüllung scheint gelungen.

Auch im Portfolio von Laphroaig fanden sich bereits Abfüllungen, die einen deutlichen Einfluss von Süßwein-Fässern aufwiesen: Der Brodir, eine alterslose Abfüllung mit einem Finish in Portwein-Fässern. Und Laphroaig PX Cask, auch ohne Altersangabe. Dieser lagerte zunächst in Ex-Bourbon Barrels und dann in Quarter Casks, bevor er dann in Pedro Ximénez Sherry Fässern reifen durfte. Und nun kommt jetzt noch der Laphroaig 10yo Sherry Oak Finish hinzu.

Bild mit freundlicher Genehmigung von whiskybase.com

Reifung in Refill Oloroso und Ex-Bourbon Fässern

Dieser Single Malt lagert sowohl in Refill Oloroso Sherry Hogsheads (25 % reifen vollständig in diesen Fässern) und Ex-Bourbon Casks. Diese 75 % wechseln nach 9 Jahren dann für 12 Monate in First Fill Oloroso Sherry Hogsheads. Abgefüllt mit 48 % Vol. kommt der Laphroaig 10yo Sherry Oak Finish ungefärbt und ohne Kühlfiltrierung in unser Glas.

Der wuchtige Start bringt uns in der Nase das Beste von Beidem, also typische Laphroiag-Noten und deutliche Oloroso-Aromen. Medizinisch, Jod und Rauch mit einem trockenen, fruchtigen, leicht süßem Aromen-Spiel. Sehr präsent, sehr deutlich, sehr raumgreifend. Am Gaumen erscheinen zuerst eine Meeresbrise, der eine leicht bittere, würzige Fruchtigkeit mit einem süßen deutlichem Hauch folgt. Mit der Zeit ergänzen im Hintergrund Noten von dunkler Schokolade und alles verbindet sich sehr Mund füllend. Mit andauernder Zeit am Gaumen wirkt er ein wenig gebändigt, um sich dann aufbäumend mit einem vollem Finish zu verabschieden: Medizinische Noten, Honig und würziger Rauch. Der Laphroaig 10yo Sherry Oak Finish vollzieht den Spagat zwischen Destillerie-Charakter und Fasseinfluss ohne zu wackeln und steht souverän auf diesen beiden Beinen. Ein kräftiger und voller Single Malt mit wunderbar eingebundenen 48 % Vol.. Was wir uns nach diesem Dram fragen, weil wir es gerade auf der Tube entdecken: Warum ist denn Laphroaig nur noch „One of the most richly flavoured of all Scotch whiskies“?

Die Preisfrage

Wir müssen an dieser Stelle auch einmal über den Preis reden. Friends of Laphroaig können den Laphroaig 10yo Sherry Oak Finish als exklusiven Artikel online (Stand 29.03.2021) zu einem Preis von 59,90 € erwerben (plus 6,06 € Versandkosten nach Deutschland). Die unverbindliche Preisempfehlung für den Markt in Groß-Britannien beträgt £65, was etwas mehr als 75 € entspricht. Dieser Betrag ist für diese Abfüllung auch in den Ergebnislisten diverser Preis-Suchmaschinen zu finden. Einige Händler gehen mit ihrem Preis sogar deutlich die Richtung der 100 € Marke. Und beim größten deutschen Online-Händel ist diese Abfüllung nur noch zusammen im Set mit dem Laphroaig 10 yo für 99,99 € erhältlich (lieferbar ab 21.04.2021, nur ein Set pro Kunde). Ziehen wir hier den dortigen Preis für letzteres Bottling (32,99 €) ab, steht für den Sherry Oak eine 67 als Verkaufspreis.

Wir sind damit beim und mit dem Laphroaig 10yo Sherry Oak Finish eigentlich deutlich oberhalb unseres nicht exakt formulierten Budgets für einen Whisky des Monats. Wir finden allerdings auch beim und mit dem Laphroaig 10 yo Sherry Oak eine außergewöhnliche Neuerscheinung, der wir gerne unser monatliches Label verleihen möchten. Aus diesem Grund machen wir im April von unserem Recht auf Ausnahmen Gebrauch und empfehlen den Laphroaig 10 yo Sherry Oak – unter Vorbehalt. Denn einerseits wird er auf dem Markt zu Preisen angeboten, die wir hier nicht kommentieren möchten. Und andererseits ist er limitiert, ohne dass wir die Zahl der veröffentlichten Flaschen kennen. Die Markteinführung in Groß-Britannien erfolgt scheinbar erst am 12. April. Beam Suntory wird also erst mit der Zeit sehen, welcher Markt wie auf diese Abfüllung reagiert.

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