Als Abschluss unseres Lowland Roundabouts in viert Teilen ( Teil 1: Infos über die Lowlands, Teil 2: Die drei Großen der Lowlands, Teil 3: Die Lost Distilleries der Lowlands) sollen hier jene Destillerien beschrieben werden, die erst kürzlich in den erlauchten Kreis der aktiven Produzenten gestoßen sind, deren new make zwar schon aus den stills tropft, vielleicht aber noch gar nicht aus den Fässern abgefüllt wurde, weil man noch den idealen Reifepunkt abwartet.
In den Lowlands, auch unter dem Namen „a‘ Ghalldachd“ („non gaelic region“) bekannt, konnte man gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit Fug und Recht behaupten, jede größere Ansiedlung, um nicht den Ausdruck „Stadt“ zu bemüßigen, hätte eine eigene Brennerei. Über die Jahre und Wirrungen der schottischen Whisky Industrie hinweg, reduzierte sich diese einst stattliche Zahl, wie auch in den anderen Beiträgen ausführlich zu lesen ist, auf gerade einmal drei Destillerien. Dazu sind noch einige wenige Abfüllungen großer Namen vergangener Zeiten wie St. Magdalene oder Rosebank zu erwerben, sofern man das nötige Kleingeld auftreiben kann.
Doch es rührt sich etwas in den Lowlands, ein Lichtstreif am Malt Horizont schimmert dem Whiskyliebhaber 2013 entgegen, Rauch steigt auf über neuen pagoda roofs, mash tuns rattern, pot stills blubbern und Fässer werden gefüllt. Eine kleine Zusammenstellung der neuen Destillerieprojekte, teils im Werden, manche bereits voll aktiv oder am besten Wege dahin.
Ailsa Bay
Zum Whiskyriesen William Grant & Sons gehörig, wird die Destillerie im Jahre 2007 gegründet, im Städtchen Girvan und damit in Steinwurf-Reichweite zur Girvan Distillery an der schottischen Westküste. Bereits im September desselben Jahres fließt die hochgeistige Flüssigkeit aus den vier wash und vier spirit stills, Anfang Oktober füllt man die ersten Fässer.
Die Brennblasen sind jenen der Balvenie Destillerie nachempfunden, mit kleinen Kniffen hier und da, um eine Variation des finalen Produkts zu ermöglichen. Man produziert einen leichteren, einen voluminöseren und zwei getorfte Whiskystile, die wohl zum größten Teil in den Blends des Mutterkonzerns ihren Beitrag leisten. Parallelen zur Kininvie Distillery sind hier recht deutlich erkennbar. 6 250 000 Liter Alkohol stellen die volle Kapazität von Ailsa Bay dar, mit fünfundzwanzig mashes pro Woche erreicht man diese auch und fährt quasi auf Anschlag. Zur Reifung bedient man sich gebrauchter Bourbonfässer, first fill bourbon und sherry casks, der Name der Destillerie übrigens leitet sich von „Aisla Craig“ ab, einer etwas mythischen Insel vor der Küste Ayrshires.
Annandale
Obwohl es sich hierbei um ein neues Projekt handelt, blickt Annandale auf eine lange Brennereigeschichte zurück. 1830 gründet man hier die Destillerie, die später auch für Johnnie Walker produziert, 1919 aber geschlossen wird (manche Quellen nennen hier auch die Jahre 1921, respektive 1924…). Professor David Thomson kauft 2007 mit seiner Frau den Grund, auf dem die Gebäude immer noch erhalten sind, aber einer zünftigen Renovierung bedürfen. Diese startet im Sommer 2011 und ebnet den Weg zu einer Revitalisierung von Schottlands südlichster Destillerie.
Zahlreiche Geschichten spinnen sich um das Städtchen Annan, von dessen Hafen aus viele Schotten ihr Heil in der Ferne suchen – der Schriftzug des neuen Malts zollt mit dem „A“ in Form eines Segeltuchs dieser Anekdote Tribut. Außerdem beruft man sich auf die „two RBs“, zwei der berühmtesten Figuren schottischer Geschichte: Robert Bruce, seines Zeichens 7th Earl of Annandale und Robert Burns, der seinen Lebensabend als Steuereintreiber in Dumfries-shire verbringt. Eine geplante Ausbringungsmenge von 250 000 Litern soll in den nächsten Jahren erreicht werden. Vom Stil her orientiert man sich an früher gängigen phenolisch rauchigen Lowland Whiskys, obwohl man auch eine zweite Expression mit zugänglicherem Charakter im Auge hat. Besonders spannend ist auch die angedachte Whisky Academy, die zunächst in Form einer Online Learning Platform eingerichtet und später mit einer Hands On Experience vor Ort kombiniert werden soll.
Daftmill
In sechster Generation wird das Daftmill Farmgelände heute von Francis und Ian Cuthbert betreut, die Finanzierung der Destillerie, der 2003 die offizielle Genehmigung erteilt wird, erfolgt durch die Brüder selbst. Bis ins die späten 1600er Jahre kann man die Familientradition und auch manche Gebäude zurückdatieren. Der Name stammt vom nahen „daft burn“ (burn bezeichnet in schottischer Mundart einen kleinen Bach), dem man nachsagt er fließe stormaufwärts, Daftmill wiederum ist eine Anlehnung an die zusätzliche Nutzung als Mühle (ganz nebenbei betreibt man auch noch ein Kieswerk) und Francis Cuthbert bestellt die Gerstenfelder selbst, die ihm im Jahr rund 800 Tonnen Getreide einbringen. Etwa ein Achtel davon – je nach Jahr und Laune erntet man Optic, Publican oder Concerto und andere Sorten – wird zur hauseigenen Whiskyproduktion verwendet, man beliefert aber auch andere Brennereien, wie beispielsweise Macallan. Rund 20 000 Liter produziert man im Jahr, erstmaliges Destillationsdatum: 16. Dezember 2005. Der Whisky, in seinem Stil ein leichter, floraler Lowlander, an Rosebank erinnernd, bekommt gewisse Charakteristika unter anderem durch die Form der stills, deren leicht nach oben gerichtete Schwanenhälse viel Kupferkontakt und Reflux sicherstellen sollen.
Als echte Farmdestillerie geführt, ruhen die Brennanlagen im Frühling und Herbst, wenn die Felder Vorrang haben. Von Juni bis August und November bis Februar widmet sich Francis dann aber seinem Lebenswasser, das derweil noch unberührt in den Fässern schlummert und dem perfekten Zeitpunkt entgegenstrebt.