Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Zeit für die Graham Brüder Charles, David und Gordon gekommen, war ihr Aberdeen Teegeschäft und die damit verbundene Blending Kompetenz in Schottland wohlbekannt, so wollte man sich fortan der landestypischen Flüssigkeit schlechthin widmen und die Herren wagten den Schritt in die Whiskyindustrie.
Als perfekte Widerspiegelung des charaktervollen Whiskys, entschied man sich für ein extravagantes Packaging aus schwarzem Glas, welches in Deutschland gefertigt wurde. Erst die Wirrungen der Weltkriege machten den Nachschub unmöglich und ein dunkles Grün ersetzte das Markenzeichen des Blends.
Burn Stewart, in deren Portfolio Black Bottle zu finden ist, gab der traditionsreichen Marke im vergangenen Jahr einen neuen Anstrich, man besann sich der originalen Flaschenfarbe, und auch das Geschmacksprofil sollte wieder näher am Ursprung sein, mit mehr würzigen und trockenbeerigen Noten. Islay Malts und milde Grain Whiskys verschmelzen also zu der Komposition, die sich einer treuen Anhängerschaft erfreut.
Und um es mit den Worten der Grahams zu sagen:
If on my theme I right think
There are five reasons why I drink
Good wine – a friend – because I’m dry.
Or lest I should be by-and-by
Or any other reason why.
Nase: Dunkel, lackig, röstige Noten von Dörrpflaume und frischem Holz, gekohlte Eichennoten, warm und einladend, rauchig, erdig und sehr voll in der Stilistik, Salzmandeln, dunkler Sherry gepaart mit süßlichen Mistella-Erinnerungen, Brioche bestrichen mit Nutella und warmer Butter, etwas verbrannter Karamell, schwarzer Pfeffer auf Erdbeeren, Rosinen und Kartoffelchips
Gaumen: Süßlich cremig und fast sirupartig im ersten Schluck, weiche Wachsnoten gesellen sich dazu, ungemein röstig, verbrannter Karamell, man fühlt sich erinnert an die Kindertage mit Malzkaffee, Honigmilch und Cerealien, holzig dann, Eichenspäne, rauchig, etwas dunkle Selchnoten, Paranüsse, die frisch geröstet wurden, verbrannte Mandeln, Zuckerwatte, Kubebenpfeffer
Finish: Mittellange bleibt er haften, der dram aus der schwarzen Flasche, rund, dicht, etwas dick süßlich aber ansonsten sehr harmonisch durch das spicy Finish, im Abgang nochmals eine Erinnerung an die Trockenpflaumen, Medjoul Datteln und Custard Creme
Alles in allem: was soll man gegen ein so gekonntes „Niemand-Weh-Tun“ im Glas sagen, dunkel röstig, schmeichlerisch süß und dicklich cremig, das Mundgefühl ist sämig und macht Lust auf einen weiteren Schluck. Natürlich könnte man leise einen Hauch von „gemacht“ und „konstruiert“ Kritik aufbringen, aber dieser Blend ist handwerklich einfach sehr gut gelungen. Dabei ein nicht unkomplexes Spiel an Nase und Gaumen, ein Allrounder, pur, auf Eis, um Himmels Willen gerne auch mit einem kohlensäurehältigen Filler. Share and enjoy, genießen – nicht überkomplizieren! Als Blend: Ein Sehr Gut.
Slainte und mit den besten Spirits,
Reinhard Pohorec