Freitag, 19. April 2024, 20:28:57

Wir verkosten: Knockdhu 23yo, OB, 57.4%

knock23yo

Eine der ganz wenigen offiziellen Abfüllungen unter dem Namen Knockdhu, eine Rarität und noch dazu ein Speyside Whisky der Alten Schule, der sämtliche Stücke spielt und einen auf eine Zeit- und Aromenreise schickt.

Nase: grüner Apfel, frisch saftig, sanft schmeicheln die Düfte um die Nase, zu Beginn fast noch etwas scheu und verhalten, aber fast wie wenn der Whisky drohend den Finger hebt und „warte nur“ flüstert, treacle tarte, Toffee und Vanillecustard kündigen sich an, wirkt verspielt, jugendlich und ungemein „saftig“ für sein Alter, Honig, blumige Noten rund um Vanilleschote, jetzt wird die Geschichte immer lauter, expressiver, Rauch kommt, schwarzer Pfeffer frisch aus der Mühle, Zitrone spielt mit grasigen Noten, etwas grünlich, aber dahinter gleich wieder der volle Druck von dunkel röstigen Malzaromen, ein herrliches Reifebukett von Leder, Gewürznelken, Piment, ein kleines Kräutersträußchen, Karamell, Kirschtabak, Zedernholz, eigentlich perfekt.

Gaumen: wie eine Walze aus überwältigender Weichheit, Cremigkeit, Fülle, Opulenz und öliger Textur, der ganze Mundraum und Gaumen werden umspielt von frischen Fruchtnoten, der Apfel ist wieder da, fast wie gebackene Apfelspalten, mit ordentlich Schlagobers und Vanillecreme dazu, darüber der Pfeffer, der auch schon in der Nase „hallo“ gesagt hat, jetzt kommen mehr würzige Noten, ledrig trockene Rauchnoten, der Alkohol ist dermaßen fantastisch eingebunden und trägt das Aromenfeuerwerk, ist aber nie präsent oder gar unangenehm auffallend, Honig, Kubebenpfeffer, blumig fruchtig, in Honig gekleidete Malzkaffee-Töne, tänzelnd, verspielt, ein Wechselbad aus hellen, frischen grasigen Noten, dunkler Würze, Reife und Jugendlichkeit, alles da.

Finish: mit diesem Malt hat man im besten Falle ohnehin schon mal mindestens eine Stunde zugebracht und sich auf eine Entdeckungsreise begeben, aber das Finish ist von einer Länge und Beständigkeit, dass man glaubt gar nicht mehr aufhören zu können, getragen von der Verspieltheit der Aromen, der Würze, dem Rauch und der blumig fruchtigen Süße als Balance zu dem generell sehr trockenen Abgang – er bleibt und bleibt und bleibt und bleibt … Lassen Sie das geleerte (wie schade) Glas über Nacht stehen und sie werden noch eine Woche an den Düften zehren können, im Mund zündet der Whisky ein letztes Feuerwerk und Vanille und Spicy Pfeffer, zieht sein mehr als üppiges Auftreten bis zur allerletzten Sekunde durch und reitet in den aromatischen Sonnenuntergang.

Alles in allem: man tut sich ja immer ein wenig schwer, einen wirklich außergewöhnlich Malt-Moment objektiv zu betrachten oder eine Einstufung, gerade im Vergleich mit anderen Whiskys zu treffen. Ich finde es generell auch schwierig Äpfel mit Windows, Verzeihung, Birnen in einen Topf zu werfen und meine, jeder Whisky müsste in seinem Kontext beschrieben und beurteilt werden, ob das jetzt ein einfacher Blend ist, ein vatted malt (auch wenn man das offiziell nicht mehr sagen darf), oder ein herausragender Single Malt. Dieser Freund hier ist allerdings mal wieder so ein Geschenk, ein Erlebnis, ein Stück Geschichte und selbst ohne blauäugiger Verklärtheit, muss man diesen Tropfen in all seiner Pracht beschreiben. Wenn man das Glück hat, einen solchen Speyside Whisky der alten Schule zu verkosten und zu entdecken, tun Sie es! Ein fantastischer Whisky, der heute sehr sehr rar und selten ist, aber wehe man kommt an eine Flasche oder ein Gläschen…

Verkoster: Reinhard Pohorec arbeitet zur Zeit als Bartender im Savoy in London und beschreibt sich selbst als leidenschaftlicher Whiskygenießer. Er hat sich in seinem Berufsfeld auf den Purbereich und Whiskys spezialisiert und ist für whiskyexperts als freier Kolumnist tätig.

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