Fährt man von Aschaffenburg südwärts den Main entlang, kommt man nach ca. 40 Kilometern in die kleine Stadt Miltenberg, die auf der einen Seite im Odenwald, auf der anderen Seite im Spessart liegt. Von dort aus führt eine kleine Straße ein paar Kilometer westlich in den verträumten Ort Rüdenau, der gerade einmal 750 Einwohner zählt. So klein und abgelegen ist er, dass keine zweite Straße aus ihm wieder heraus führt und man in ihm wenden muss, wenn man ihn wieder verlassen will.
Der Ort selbst besitzt einen verschlafenen Charme – allerdings selbst wenig Infrastruktur: Es gibt ein Gasthaus mit einer angeschlossenen Fleischerei, das für drei Tage unsere Unterkunft darstellte, und daneben viele Privathäuser, ein Wochenendgebiet und einige Schafweiden.
Was Rüdenau an der Ortseinfahrt bietet, ist aber noch ungewöhnlicher als die Abgeschiedenheit des Ortes: Hier steht die Destillerie St. Kilian, die größte ihrer Art in Deutschland, und wohl auch die schottischste – auch wenn man das dem Gebäude von außen nicht ansehen mag.
Bei St. Kilian sind wir mit Irene Zieger, der Office Managerin der Destillerie, und Mario Rudolf, dem Master Distiller, verabredet. Wir wollen vor Ort und aus erster Hand erfahren, was es mit Deutschlands größter Destillerie, die seit über einem Jahr produziert und bereits mehr als 100.000 Liter Spirit in Fässern lagert, auf sich hat.
Der Master Distiller
Wir bitten Mario Rudolf, den bei Glendronach zum Distiller ausgebildeten ehemaligen Braumeister (Weihenstephan), uns ein wenig über sich und wie es dazu gekommen ist, dass er bei St. Kilian arbeitet, zu erzählen:
Den Namen bezieht die Destillerie übrigens von einem irisch-schottischen Missionsbischof, der der Legende nach im siebten Jahrhundert in Würzburg verstorben sein soll und als Schutzpatron der Franken gilt. Auch ihm kann man in St. Kilian natürlich begegnen:
Der Standort – warum Rüdenau?
Mit Mario Rudolf gehen wir danach vor die beiden Silos für das gemälzte Getreide, wo er uns darüber erzählt, warum die Destillerie gerade in Rüdenau entstand – und was die Lage für eine Brennerei, die ganz im schottischen Stil arbeitet, so besonders macht:
Das Gebäude mit bewegter Geschichte
Nicht nur die Lage hat eine interessante Geschichte, auch das Gebäude. Die Firma, die darin einst arbeitete, beschäftigte mit der Herstellung von Maßanzügen über 300 Mitarbeiter, die meisten aus Rüdenau. Sie ging im Zuge des Niedergangs der deutschen Textilindustrie pleite – und das war für den Ort natürlich eine gewaltige Katastrophe. Als Andreas Thümmler, der Besitzer der Destillerie, die Räumlichkeiten kaufte, war ihm, einem passionierten Whiskyfreund und Investmentbanker, noch nicht klar, dass er hier eine Destillerie bauen würde. Der Gedanke kam ihm erst bei einem Besuch der Liegenschaft mit seinem Freund, Master Distiller David F. Hynes aus Dublin:
Nun wollten wir aber die Destillerie auch von innen sehen und begaben uns gemeinsam mit Mario Rudolf zu den hölzernen Washbacks, für die man sich nicht ohne Grund entschieden hatte.
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