Als Whiskyexperts würden wir die Headline des australischen Magazins The Market Herold im letzten Wort verändern und aus dem „können“ ein „könnten“ machen, denn bei Durchsicht der aufgelisteten Abfüllungen haben wir keine entdeckt, die sich mit dem Budget eines Großteils unserer Leser decken würden. Und das „Je älter, desto besser“ würden wir noch mit einem kleinen Fragezeichen versehen.
Aber ansonsten ist der Artikel dort eine interessante Auflistung der momentan erhältlichen Methusalem-Whiskys, mit denen sich manche Destillerien und Abfüller gerade ein Match um den Weltrekord liefern (die Krone hat gerade Macallan von Gordon & MacPhail und dem Glenlivet 1940 stibitzt, mit 81 vs. 80 Jahren Reifung). Neben diesen beiden uralten Abfüllungen (den Glenlivet 1940 von Gordon & MacPhail konnten wir selbst verkosten und zu ihm ein Videointerview mit Stephen Rankin führen, das Sie hier finden) listet das Magazin auch einen Mortlach aus 1939, den Glenfarclas 60yo (eine Flasche davon wurde unlängst aus der Destillerie gestohlen) und einen Whiskylikör aus der Zeit rund um 1840 auf, der allerdings in seiner Alterseinschätzung nicht ganz unumstritten ist. Dazu gibt es noch einen Dalmore 64yo und einen Yamazaki, der mit seinen 50 Jahren in der Liste schon fast wie ein Jüngling erscheint.
Die einfache Rechnung: Je älter, desto besser, die der Artikel im Vorwort aufstellt, die wollen wir hier nicht ganz unkommentiert lassen – denn es ist eine Milchmädchenrechnung. Ja, die allermeisten der mit so hoher Altersangabe veröffentlichten Abfüllungen sind geschmacklich herausragend, aber es sind eben ausgewählte Fässer, die nach so einer langen Zeit noch großartigen Whisky enthielten. Die allermeisten Fässer schaffen es nicht, die Qualität so lange zu halten und vor allem: sie sind gar nicht dafür „gemacht“ worden. Und es sind auch nur wenige Destillerien, die Destillate erzeugen, die sich für so eine lange Lagerung anbieten – viele haben „sweet spots“, die in einem viel jüngeren Bereich liegen.
Dass aber solche alte Abfüllungen eine besonderen Faszination haben und dabei Geschichte atmen, ist natürlich eine andere Sache. Darum werden sie immer begehrt bleiben – bei Sammlern und Genießern gleichermaßen, und es werden für sie Preise gezahlt werden, die mit Ratio allein nicht erklärbar sind…