Mit diesem exklusiven Artikel aus der Feder von Erhard Ruthner, einem der profiliertesten Kenner österreichischen Whiskys und Besitzer der Destille.at, wollen wir ein großes lexikalisches Roundup der Whiskydestillerien in Österreich beginnen. Erhard Ruthner wird uns in Folge die Destillerien des Alpenlandes vorstellen – mit ihren Besonderheiten, ihren Produkten und den Geschichten, die hinter den Destillaten stehen…
Dass die Herstellung edler Destillate in Österreich eine lange Tradition besitzt, ist wohl unumstritten. Seit Jahrhunderten beschäftigen sich Landwirte und später auch professionelle Brenner damit die Früchte der Natur, die Wurzeln und Zapfen der Alpen und nicht zuletzt das Getreide ihrer Landwirtschaften in haltbare, flüssige Form zu bringen. Trotzdem ist Whisky wohl nicht die allererste Kategorie an Hochprozentigem, die im Allgemeinen mit Österreich als Herkunftsland in Beziehung gebracht wird. Tatsächlich ist es weniger als 20 Jahre her, dass der erste österreichische Produzent begann sich mit Whisky als solchem auseinander zu setzen. Wer einen Passanten nach einer Schätzung fragen würde, wie viele Whiskyproduzenten es wohl in Österreich gibt, ist meist eine Zahl zwischen 1 und 5 zu hören. Tatsächlich sind dem Autor mehr als 50 Betriebe bekannt, die einen fassgelagerten Kornbrand zu ihrem Sortiment zählen.
Österreichischen Whisky zu definieren ist allerdings keine ganz leichte Aufgabe. Seit 1995 ist Österreich Mitglied der EU und somit unterliegt die Definition von fassgelagerten Kornbränden, die man Whisky nennen möchte EU Regulationen. Diese besagen, dass Whisky aus Getreidemalzmaische gewonnen werden muss, die mittels Hefe vergoren wird. Weiters darf die Maische nicht über 94,8 % vol. Alkohol destilliert werden, wobei die geschmacklichen Eigenschaften des Ausgangsmateriales gewahrt bleiben müssen. Der Brand muss anschließend für mindestens 3 Jahre in Holzfässern mit einem Inhalt von 700 Liter, oder weniger gelagert werden. Für den fertigen Whisky ist ein Mindestalkoholgehalt von 40% vol. Vorschrift. (Verordnung (EG) Nr. 1882/2003). Diese Mindestanforderungen gelten für jeden, innerhalb der EU produzierten Whisky, also auch für Scotch Whisky und Irish Whiskey. Diese beiden sind allerdings in ihren Ursprungsländern noch genauer durch Landesgesetze definiert. Der österreichische Lebensmittelkodex besagt neben den erwähnten Bedingungen nur noch, dass Whisky weder gesüßt noch aromatisiert werden darf. Zuckercouleur zur Anpassung der Farbe ist zulässig. (Österreichisches Lebensmittelbuch IV. Auflage, Codexkapitel/B23/Spirituosen, veröffentlicht 4.2.2010).
Damit hört die Gemeinsamkeit von österreichischem Whisky auch schon auf. Wichtige Komponenten, die im Endeffekt Stil und Geschmack des Whiskies ausmachen, sind sehr allgemein definiert. Dadurch bleiben dem Destillateur große Freiheiten innerhalb dieser Gruppe von Spirituosen.
Die Basis von Whisky ist eigentlich eine Art Bier. Aus Getreide wird der Zucker generiert, der zur Vergärung geeignet ist. Der entscheidende Unterschied ist allerdings, dass für die Basis von Whisky kein Hopfen zugesetzt wird. Einfach Bier weiterzuverarbeiten ist nicht zulässig, da Bierbrände extra geregelt sind.
Erster wichtiger Inhaltsstoff ist das Getreide. Dabei ist Getreide jeglicher Art, sei es Gerste, Roggen, Weizen, Mais, Dinkel, Hafer, Einkorn, Emmer, etc. zulässig. Rein von dieser Seite her bietet Österreich eine unglaubliche Vielfalt, da alle oben angeführten Getreidesorten, reinsortig, oder gemischt, gemälzt, oder ungemälzt verwendet werden. Manchmal kommen auch Torf, Schilf, oder Stroh für das Trocknen des Malzes zum Einsatz, um eine zusätzliche Geschmacksnuance zu erzielen, wobei meist das bereits fertige Malz mit Rauch behandelt wird.
Der nächste Faktor ist die Vergärung. Hier ist es interessant zu beobachten, wie sich die verschiedenen Hersteller diesem Thema nähern. Österreich hat ja bekanntlich eine lange Brautradition, daher ist man sich der Bedeutung von Hefe während eines Gärprozesses sehr bewusst. Da die Alkoholgewinnung von Getreide aufwendiger ist, als bei Obst, arbeiten einige Brenner hier mit professionellen Brauern zusammen, um ein optimales Ausgangsprodukt zu erhalten. In einigen Fällen kommt sogar die Initiative einen Whisky herzustellen von der Seite der Brauer. Dabei wird mitunter große Sorgfalt darauf verwandt, welche Getreidesorten mittels welcher Hefestränge vergoren werden, so dass die gewünschten Geschmackseffekte erzielt werden können.
Ohne Destillation kein Whisky. Die Frage der Destillationstechnik ist wohl eine der Komplexesten, da sowohl traditionellen Brennblasen für eine doppeltes Brennen (Raubrand – Feinbrand), als auch Kolonnenbrennereien im Einsatz sind. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass die traditionellen Anlagen mit Pot Stills, die in Schottland im Einsatz sind nicht viel gemeinsam haben. Im Allgemeinen sind die heimischen Versionen kleiner und können sehr genau gesteuert werden. Auch die genaueste Trennung des Herzstücks von Vorlauf und Nachlauf ist dem guten Obstbrenner (aus dieser Tradition stammen die meisten Whiskyhersteller in Österreich) ein besonderes Anliegen. Dadurch entstehen sehr saubere Grunddestillate.
Der letzte, aber sehr wichtige Schritt in der Produktion ist die Fasslagerung. Der Gesetzgeber sieht lediglich Holzfässer mit 700l oder weniger Inhalt vor. Damit haben die Produzenten freie Auswahl hinsichtlich der Fassgröße (bis 700l), der Holzart, des Toastings, einer eventuellen Vorbelegung und der Herkunft ihrer Fässer. Hier wird in Österreich auch wirklich sehr viel experimentiert. Obwohl Eichenfässer den überwiegenden Teil ausmachen, versuchen sich einige Hersteller in der Reifung mit anderen Hölzern. Die Fassgrößen variieren oftmals innerhalb eines Betriebs zwischen etwa 50l und 250l. Viele Brenner bleiben gerne bei der Auswahl ihrer Fässer regional, aber auch diverse internationale Typen sind im Einsatz.
Auf dem Markt findet man daher viele verschiedene Stile, vom Single Malt, über reinen Roggen-, bis hin zu Haferwhisky oder Bourbon-artige Whiskies mit Mais. So versucht jeder Brenner seinen eigenen Stil zu entwickeln und dabei kommt eine überraschend vielseitige und interessante Whiskylandschaft in Österreich zum Vorschein.
In allen Bundesländern Whisky hergestellt. Der Erste entstand in Niederösterreich, inzwischen kann man eine Konzentration im Waldviertel (inkl. Wachau) feststellen. Ebenso wartet Oberösterreich mit zahlreichen Herstellern auf, Salzburg steht dem kaum nach, die Brennereien sind im Norden dieser Bundesländer. In der Steiermark, Kärnten und im Burgenland befinden sich die Brennereien eher im Süden. In Vorarlberg findet man den Whisky ganz im Westen, Tirol weist eine Verteilung von Ost nach West auf.
Bei dieser Vielfalt wartet eine ganze Menge Whisky darauf von Whiskyliebhabern, aber auch von Neueinsteigern und Interessierten verkostet zu werden.