In unserer regelmäßigen Rubrik “Whiskys des Monats” stellten wir bisher, sehr subjektiv gesehen natürlich, Whiskys vor, die wir besonders mögen, denen wir eine breitere Öffentlichkeit wünschen – und es war bis jetzt noch nie ein Blended Whisky dabei. Mit unserer Empfehlung für November ändern wir dies.
Blended Whiskys sind das wirtschaftliche Rückgrat der schottischen Whisky-Industrie. Malt Whiskys unterschiedlichen Alters verschiedener Brennereien werden miteinander verschnitten und mit Grain Whisky ergänzt. Der allergrößte Teil des in Schottland produzierten Malt Whiskys wird am Ende Teil eines Blends (es müssten so etwa 80 bis 90 % sein). Es gibt sie in unterschiedlichen Preisklassen. Je nach Alter der verwendeten Malt Whiskys und Anteil des Grain Whiskys ergibt sich daraus ein Whisky für den preisbewussten kultivierten Wirkungstrinker oder eine Abfüllung für die Kunden des Ultra-Premium-Exklusiv Bereichs.
Blended Whiskys ermöglichen die Schaffung eines Produkts mit (annähernd) gleicher Qualität über Jahre hinweg. Wo der Single Cask Genießer sich regelmäßig mit der Einmaligkeit seines Erlebnisses konfrontiert sieht (die Anzahl der aus einem Fass abgefüllten Flaschen ist endlich und jedes Fass hat einen anderen Whisky als Ergebnis), gilt es für den Blender, aus unterschiedlichen Whiskys ein immer gleiches Produkt zu kreieren. Wo das einzelne Fass, oder auch die Fässer einer einzelnen Destillerie, nur eine gewisse Palette an Aromen ermöglichen, kann der Blender durch die Verwendung unterschiedlicher Whiskys verschiedener Brennereien einen Whisky entwerfen – als Produkt eines eher industriellen Prozesses oder als Handwerk.
Die Compass Box Whisky Company versteht sich als Kunst-Handwerker des Blendens. Im Jahr 2000 wurde die Firma von John Glaser gegründet. Der Amerikaner war vorher bei Diageo als Marketing Director beschäftigt und hier vor allem für den Blend Johnnie Walker zuständig. Da sich keine Brennerei in ihrem Besitz findet, muss der Malt und Grain Whisky für die Compass Box Whiskys zugekauft werden. Vor allem Whiskys der Destillerien Ardmore, Caol Ila, Clynelish, Dailuaine, Glen Elgin, Laphroaig und Teaninich und Grain Whiskys aus Cameronbridge und Cambus finden Verwendung. Diese Whiskys werden dann nicht einfach nur miteinander gemischt – je nachdem, welches Geschmacksprofil sich John Glaser ausgedacht hat, lagert der Blend noch eine Extrazeit in speziell aufbereiteten Fässern weiter. Als 2005 der Blended Malt Whisky „The Spice Tree“ erschien, schritt die Scotch Whisky Association ein und drohte mit rechtlichen Schritten gegen Compass Box. Denn ihrer Meinung nach entsprach die Verwendung von Fässern, deren Dauben mit sog. „inner staves“ (dünne Eichenholzlatten, die innen auf den Dauben angebracht sind und so zur Verfügung stehende Holzoberfläche vergrößern und auch die Verwendung unterschiedlicher Toasting Grade in einem Fass ermöglichen) versehen sind, nicht den Regularien für Scotch Whisky. Compass Box änderte darauf hin die Fässer für zweite Reifung. Die Fassdeckel wurden aus französischer Eiche gefertigt und mit einer speziellen Röstung versehen – und danach in unterschiedlichen Varianten bei weiteren Compass Box Whiskys angewendet.
Viele Compass Box Abfüllungen sind, wegen des im Vergleich zu anderen Blends aufwändigeren Herstellungsprozesses, nur in einer begrenzten Anzahl verfügbar. Mit Great King Street Artist’s Blend erweiterte Compass Box ihr Angebot 2011 um einen Blend, der nun ständiger Bestandteil wurde. 2013 kamen zwei Experimental Batches in begrenzter Auflage hinzu: Batch TR-06 verfügte über einen höheren Anteil an Islay-Whisky und hatte deshalb natürlich einen deutlich rauchigeren-torfigeren Ausdruck, Batch 00-V4 war die leicht sherry-lastigere Variante. Im letzten Monat kam mit Great King Street “The Glasgow Blend” ein neue Erweiterung und ständiger Teil des Blends Great King Street hinzu. Wie bei vielen anderen Whiskys war auch hier die Zusammensetzung kein Geheimnis und wird von Compass Box offen kommuniziert: die Whiskys dieses Blends kommen zu rund 67% aus den Brennereien Laphroaig, Benrinnes und Clynelish, die restlichen rund 33% bestehen aus einem Lowland Single Grain Whisky. Der Whiskys durfte in einer Kombination aus Sherry-, amerikanischen Eichen- und französischen Eichen-Fässern reifen.
Verkostungsnotizen
Great King Street The Glasgow Blend
43 %, ncf, nc
Nase: Dezenter warmer Rauch, ein leichter Anflug von Dörr-Äpfel. Das Feuer erlischt und der Rauch wird kalt. Die leichte Klebstoffnote, die anfangs mal kurz auftauchte, verschwindet und kommt nicht wieder.
Gaumen: Eine schöne verwobene Leichtigkeit. Wir finden Süße, Würzigkeit und Herbes. Keine dieser Noten tritt in den Vordergrund, ohne Druck stehen sie nebeneinander verschlungen, ummantelt von leichtem Rauch. Als einzelne Geschmacksnote nur kurz angedeutet, dann zurücktretend, bilden sie gemeinsam ein harmonisches Geschmacksbild in einem gut trinkbaren sehr runden Whisky.
Finish: Trocken herb, mit lang anhaltendem kalten Rauch.
Alles in allem: Eine sehr schöne Komposition, herrlich unspektakulär ausgewogen. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass die Entwicklung dieses Blends über ein Jahr gedauert hat und es mehr als 100 Rezepte brauchte, um dieses Ergebnis zu erhalten: eine bewusst geschaffene Kreation am Ende eines Prozesses von der Idee bis zum Dram im Glas.
Erhältlich in der 0,5-Liter-Flasche für knapp unter 30 €, für die 0,7-Liter-Flasche muss ein bisschen mehr als 36 € bezahlt werden.