Montag, 23. Dezember 2024, 13:22:31

Wir verkosten: Aberlour-Glenlivet 19y, 52,6%, Cadenhead

Die Authentic Collection des Hauses Cadenhead zielt darauf ab, den natürlichen und gänzlich unverfälschten Charakter einzelner Fasswhiskys zu präsentieren. Ohne Filtration und Farbstoffzugabe abzufüllen wird in der Branche Gott sei Dank zur immer gängigeren Handhabe, für die 1842 gegründete Unternehmung mit Sitz in Campbeltown ist dies zweifelsohne keine Novität.

„Distilled at Aberlour-Glenlivet“ prangt auf dem Flaschenetikett, fast wehmütig die Erinnerungen an Drams längst vergangener Zeiten, als Destillerien noch den Beinamen „Glenlivet“ verwendeten, um sich mit Federn des Weltruhms zu schmücken. Für neunzehn Jahre gereift, liest man weiters, ebenso den sportlichen Alkoholgehalt von über 52% – die Speichelproduktion auf Hochtouren, erstes Zungen-Aquaplaning. Doch wir wollen nicht voreilig sein und halten einmal dezent Nase und Lippen ins Glas.

aberlour-glenlivet

Verkoster: Reinhard Pohorec
Sample von Cadenhead Austria

Nase: spicy, sehr prononciert würziges Opening, kandierter Ingwer, Kardamomkapseln und etwas Koriandersamen, ölig nussige Anmutung nebst frischer rötlicher Apfelfrucht, auch Marille ist da, zuerst unmittelbar, direkt herbschalig und dann aber auch marmeladig, fast wie ein sämiger Marillenröster. Haselnüsse sind es, auch Paranüsse, Buttertoffee, Blockmalz und ein äußerst dezenter Hauch von Rauch, der allerdings nur kurz „Hallo“ winkt und wieder der vollen, süßlich wirkenden Speyside Stilistik Platz macht. Honig gesellt sich dazu, auch die Vanilleschote aber in einer sehr stängelig rohen Variante.

Gaumen: hat man sich vielleicht etwas liebliche Charakteristika von der Nase herleiten mögen, so überrascht der erste Schluck mit nahezu salzig, mineralischem Fokus. Dicht und konzentriert kommt der Malt auf die Zunge. Wiederum eine prickelnd-animierende Würze, schwarzer Pfeffer, auch der Ingwer kommt wieder durch, hier jedoch in aller Frische, grünlich grasig, ja sogar Zitronengras. Tropische Früchte, auch Avocado kommt dazu. Herbschalige Erinnerungen fast an Quitte und etwas Williams. Gerbstoffe, die von Wein herzurühren scheinen. Trotz des doch stattlichen Alkohols ist Wasserzugabe eine Option aber sicher kein Muss, die Entwicklung zu verfolgen ein spannendes Asset.

Finish: der mittelkräftige Körper zieht sich ins gut ausgebaute Finish. Nicht die kolossale Länge eines hochkomplexen Whiskys aber mit Präzision und durchaus auch Kraft. Der Alkohol ist präsent und lange wärmend aber nicht dominierend. Auch die crispe Schärfe bleibt erhalten, macht noch einmal einer herben Süße Platz, Brioche, Kokosraspel und karamellisierte Cox-Orange Äpfel. Überreife Banane mit Vanille, Buttertoast und Lakritz.

Alles in allem: ein imposanter Whisky, der einen gelungenen Mix aus Frische, Trinkfreude und Üppigkeit zeigt. Es ist eine harmonische Interaktion von der Würze und dem mundfüllenden Schmelz, der den Whisky lange am Gaumen und in Erinnerung hält. Als finales Element fallen Süße und Gerbstoff auf die Habenseite – nichts ist dominant, störend oder offensiv. Ein sehr gelungener Dram präsentiert sich im Glas, insgesamt in einer sehr gelbfruchtig, cremig und vollmundigen Stilistik, die von einer Herbe und zupackender Konzentration gestützt wird.

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