Am Freitag der letzten Woche hatte Whiskyexperts die Gelegenheit, auf Einladung von Diageo gemeinsam mit Global Brand Ambassador Georgie Bell die neuen offiziellen Abfüllungen aus der Speyside-Destillerie Mortlach zu verkosten. Mortlach lud die Gäste zu einem Lunch im Restaurant Heuer in Wien, um dort mehr über die Destillerie und die neuen Abfüllungen zu erzählen.
Mortlach hat unter Whiskyfreunden seit jeher einen formidablen Ruf, und die ganz wenigen offiziellen Abfüllungen bisher sind begehrte Flaschen. Bei unabhängigen Abfüllern war Mortlach schon eher und leichter zu finden – aber diese Absenz eines dauernden regelmäßigen Bottlings hatte einen Nachteil: der (zwar immer sehr dominante) Destilleriestil war für den gelegentlichen Mortlach-Genießer schwer zu definieren, da die Einzelfassabfüllungen der Unabhängigen natürlich eine weite Bandbreite zeigten.
Der allseits geschätzte Whisky-Kenner Michael Jackson beschrieb Mortlach als „den Speyside-Klassiker, elegant und blumig, aber dennoch geschmeidig und kräftig. Ungemein komplex, von erstaunlicher Länge“ – und damit traf er das Besondere von Mortlach wohl sehr genau.
Diese besondere Komplexität erreicht Mortlach auch durch seinen völlig atypischen Brennvorgang, der über sechs Brennblasen geht und dabei den Spirit in verschiedene Ströme aufteilt – so errechnet sich die auf den neuen Flaschen angegebene 2.81fache Destillation. Wie und warum dieser Vorgang den Whisky so dicht macht, entzieht sich durch die Unzahl der Vorgänge einer genauen wissenschaftlichen Beschreibung, aber zumindest weiß man, dass der insgesamt geringe Kupferkontakt viel dazu beiträgt.
Diese Eigenart des Whiskys aus Mortlach (dicht, komplex) hat Diageo dazu veranlasst, ihm die von Whiskyautor Dave Broom ersonnene Bezeichnung „The Beast of Dufftown“ zu geben und als eine Art Flagship-Brand im Luxussegment zu positionieren – und das auch über die Preisgestaltung. Für Diageo, und das betont auch Georgie Bell in ihrem Vortrag, soll Mortlach etwas wie der Ferrari unter den Whiskymarken werden – und das wird natürlich auch über den Preis gespielt.
Die drei Abfüllungen im Fachhandel kommen noch dazu in kleineren Flaschen mit 0.5l, sodass sich summa summarum ein doch merkbar höherer Preis ergibt. Eine bewusste Entscheidung von Diageo, die man mögen kann oder nicht, die aber für das Produkt und die damit verfolgte Strategie absolut sinnfällig ist. 55 Euro für den alterslosen Rare Old, 225 Euro für den 18jährigen und 600Euro für den 25jährigen muss man auf den Tisch legen, und das wohlgemerkt für 500 ml.
Wir haben im Rahmen der Veranstaltung alle drei Mortlachs verkostet, und vorweg den New Make, der allen dreien zugrunde liegt. Unser Spezialist Reinhard Pohorec, eine der besten Whiskynasen im deutschen Sprachraum, hat sie in seinen Verkostungsnotizen beschrieben:
New make 63,5%
Grüne Kochbanane, süßlich dick. Straffe Getreide und Grasnoten, Karamell, Blockmalz, Haselnuss, Brioche, Quitte, Fruchtnoten, Zwetschgen, geräucherte Aprikosen. Fleischig fett, ölig, mit Pfeffer und Ingwer im Hintergrund, rund, harmonisch, sehr dicke Marille, Bierwürze, Weizen, Senfsaat.
Mortlach rare Old, 43,4%
Vier Fasstypen. First fill Bourbon. First fill sherry Butt. Refill und rejuvenated casks verschiedenen Alters
Nase: Spicy! Würziger Ingwer, Karamell, grasige Anmutung von grünem Apfel, Brioche, Bittermandel, Sandelholz, etwas weißer Rauch, helle Asche, frisch, dann kommt die gelbe Frucht, samtig, Vanille, etwas Tropenfrucht, grüne Banane, salzige Nüsse, auch Salzstangen. Es braucht Zeit, bis die dunkle Seite durchbricht, Hafermark, Schokolade mit hohem Kakaoanteil, Malzkaffee.
Gaumen: Am Gaumen wiederum mit würziger Signatur, hell. Duftig, mit viel Nachdruck, dick ölig, lemon sherbet, Blockmalz, Zimt, Englisch Breakfast Tee mit Milch, Zitrusfrüchte, Limettenzeste,
Finish: Mittleres Finish, angenehme Balance von Süße, Fülle und Finesse, es bleiben üppige Tropenfrucht, Salzmandeln, getrocknete Marille und Marmelade liegen
Mortlach 18y, 43,4%
First fill sherry Oloroso, refill american oak
Nase: Butterscotch, rauchige Kamille, Karamell, Thymian, Liebstöckel, etwas Lavendel, Anis und Fenchel, grüne Bohne, dahinter kandierter Ingwer, Schoko- und Rum-Anmutungen kommen mit der Zeit dazu, Espresso, etwas Kaffee mit Milch und Kakaopulver, roter Apfel, gebackene Apfelspalten, Mandelmilch. Geröstete Walnüsse und Sherry, Sherry, Sherry. Trockene Früchte, Rosinen. Kumquat, gekochtes Mus, strohig, stängelig, mit Wasser noch mehr Druck, Salz, eingelegte Zitronen, dick ölige Fruchtsüße
Gaumen: Trocken am Gaumen, fett, cremig, sehr würzig, wiederum Vanillecustard, viel Zimt, trockene Würze, Frucht, Marillenmarmelade, Bourbon, viel Sherry Charakter, Estragon. Kräutersträußchen, Maggi
Finish: Im Abgang Banane, gekochtes Gemüse und viel Schmelz. Langes Finish mit viel Süße, samtig, sehr vielfältig
Mortlach 25y, 43.4%
ausschließlich Bourbon refill
Nase: Apfelschale, gedörrt, sämig, Rum-Rosinen, milchig, trockenblättrig, Brunnenkresse, Birnenconfit, Orangenmarmelade, sehr stängelig, wenig Holz für das Alter, super balanciert, sehr viel Honig, parfümierte wachsige Bienenwabe, Veilchen. Rosmarinnadeln, würzige Schwammerl, Crisp
Gaumen: Trocken, Mixed Pickles, Walnüsse, Karamell, Trockenfleisch, Salzmandeln, wieder der Honig, walnut brittle, Porridge, Englische Creme, gerösteter Nussmix und Fenchel, Pfeffer, Umeshu. Salzige Zwetsche
Finish: Ewig langes Finish, herbschalig, Birnenquitte. Dicht, verbrannter Karamell, Pfeffer, eingelegte Gurken, Rauchfleisch, Sellerie, Speck, Sandelholz
Unser Fazit? Die neuen, offiziellen Mortlachs sind durchaus beeindruckende Whiskys. Der Rare Old ist ein schöner Trinkwhisky, der schon deutlich über den gängigen, auf absolute Gefälligkeit designten Einsteigerwhiskys anderer Marken steht. Der Mortlach 18yo gefällt uns ausnehmend, er ist druckvoll und komplex, eigentlich unser Liebling unter den dreien. Der Mortlach 25yo zeigt Reife und Geschliffenheit auf hohem Niveau.
Man hat sich bei allen Abfüllungen Mühe gegeben, die Eigenarten von Mortlach einzufangen – und das ist gelungen. Auch das Flaschendesign ist geschmackvoll: Besonders, aber frei von Pomp und Schwulst.
Für daily drams sind uns die Preise natürlich zu hoch, aber das ist so gewollt und Teil der Markenstrategie. Hier kann man, wenn man will, derweilen noch auf die Unabhängigen ausweichen (aber ein guter Mortlach hatte auch bei denen immer schon seinen Preis). Wer den Destillerie-Stil verdichtet und kraftvoll erleben will und das nötige Geld entbehren kann, dem würden wir raten, gleich zum Mortlach 18yo zu greifen. Für uns ist er das Highlight der neuen Abfüllungen.