In der letzten Woche fand in Hamburg endlich wieder die Hanse Spirit statt, in diesem Jahr in der Messehalle B1, statt wie vor der Corona-Pause in der Fischauktionshalle (wir berichteten). An drei Tagen, vom 26. bis 28. Januar, präsentierten sich die Aussteller mit ihren Spirituosen und Spezialitäten auf fast 6.500 m², und luden sowohl zum Probieren und als auch Plaudern ein. Unser freier Mitarbeiter Stefan Bügler nahm diese Gelegenheit am ersten Veranstaltungstag wahr und besuchte die Hanse Spirit. Begleiten Sie ihn auf einem Messerundgang, auf dem er uns sieben der Aussteller aus dem Bereich Whisky näher vorstellt.
Alle Bilder Copyright Stefan Bügler
Messeschlaglichter – Die Hanse Spirit 2023 in Hamburg
Am vergangenen Donnerstag (26.1.23) war es wieder soweit: nach fast drei Jahren Zwangspause öffnete die Hanse Spirit für drei Tage ihre Tore. Seit 2011 ist die Messe eine Institution in Deutschlands Whisky-Norden, die in diesem Jahr wieder in die Hamburger Messehallen zurückkehrte. Im Vergleich zu den Vorjahren in der Fischauktionshalle bot der Veranstaltungsraum deutlich mehr Platz, was von vielen Stammgästen begrüßt wurde.
Rund 80 nationale und internationale Aussteller präsentierten ihren Whisk(e)y, aber auch Rum, Gin, Vodka, Liköre und andere Getränke. Sieben sehr unterschiedliche Aussteller stellen wir heute in unseren Messeschlaglichtern vor.
M&H – Milk and Honey Distillery, Israel
Seit 2014 fließt nicht nur als Milch und Honig in Israel, sondern auch der Rohbrand aus den Brennblasen von M&H in Tel Aviv. Kein geringerer als der Whisky-Experte Dr. James Swan begleitete die Brennerei, die mittlerweile ein breites und qualitativ hochwertiges Sortiment mit unterschiedlichsten Fassarten und Lagerorten aufgebaut hat. Davon waren auf der Messe einige Kostproben zu verkosten. Neben der Dead Sea Lagerung standen verschiedenste Abfüllungen (Single Cask bzw. Small Batch) aus der APEX Serie und natürlich der M&H Classic zur Verkostung bereit.
Meet: Shilton Almeida, Global Brand Ambassador
Shilton hat rund zwölf Jahre Erfahrung in der Whiskyindustrie und ist seit rund einem Jahr bei M&H. Ihn reizt es sehr die Whiskymarke M&H zu entwickeln, aber am meisten schätzt er das Team bzw. den Team Spirit in einer unabhängigen sehr innovativen Firma. Innovativ bedeutet für Shilton, dass der M&H Whisky in fünf unterschiedlichen Klimazonen in Israel reift und viele spannende und ungewöhnliche Fassarten (z.B. Granatapfelweinfässer) genutzt werden. Sein Lieblingswhisky ist der M&H Classic, weil dieser den Brennerei-Charakter optimal offenbart.
Catawiki – With a „license to sell“
Catawiki ist ein neuer aber stetig bekannter werdender Name in der Whiskywelt. Allerdings handelt es sich weder um eine Brennerei, einen Importeur oder Einzelhändler. Catawiki ist ein Online-Auktionshaus, das seine Whiskyexpertise in den letzten Jahren sehr stark ausgebaut hat.
Die Flaschenauswahl am Messestand war sehr erlesen und wurde mit viel Herz und Wissen vom Catawiki Team präsentiert.
Meet Guido Mascini, Director Automotive, Wine and Whisky
Guido hat wahrhaftig die „License to Sell“, denn seine Mitarbeiternummer die er 2012 bei seinem Start bei Catawiki bekam lautet 009. 2011 startete die Firma mit sieben Mitarbeitern, heute sind es über 700, die für etwa eine halbe Milliarde Euro an Kundenumsatz verantwortlich sind. Eine rasante Entwicklung, die das damalige Start-Up derzeit zum Scale-Up macht. Guido sieht sogar Potential, dass sich die Firma zu einem Unicorn entwickelt. Die Whiskysparte entwickelte sich damals per Zufall, als in 2014 der externe Designer, der für den Auktionskatalog verantwortlich war, aufgrund einer Scheidung seine Balblair-Sammlung verkaufen wollte. Seitdem hat Guido ein Team von Whiskyexperten um sich versammelt, die einen umfassenden Service rund um die Whiskyauktion liefern. Guidos Lieblingswhisky ist ein Aberlour 18y.o. aus der eckigen Flasche.
St. Kilian – Whisky made in Germany
Geht es irgendwo um deutschen Whisky, dann ist St. Kilian eigentlich immer dabei. Die Brennerei setzt Standards mit qualitativ hochwertigen und sehr unterschiedlichen Whiskies. Bestes Zeugnis dafür sind über 110 Goldmedaillen, die die Brennerei während ihres kurzen Wirkens schon gewonnen hat. Denn Eigentümer Andi Thümmler hat bei der Gründung von St. Kilian nicht nur in sehr gutes Equipment (u.a. Brennblasen aus Schottland, sehr gute Fässer) investiert, sondern auch in die Menschen, allen voran Master Distiller Mario Rudolf, der nicht nur für die Destillation des Rohbrandes, sondern auch für die Komposition der Whiskies zuständig ist.
Meet Olli Fink
Meet Olli Fink. Er ist St. Kilians Brand Ambassador für die Nordhälfte Deutschlands und vertritt die Marke bei Messen und Tastings. Wenn er nicht für St. Kilian unterwegs ist, bietet der Flensburger private Tastings an und stellt rustikale Holzmöbel her. Olli hat fast zehn Jahre Erfahrung in der Whiskyindustrie und ist seit 2019 bei St. Kilian.
Auf der Hanse Spirit präsentierte Olli – neben den im Fachhandel erhältlichen Abfüllungen – diverse getorfte und ungetorfte Einzelfassabfüllungen, die einen Eindruck der Vielseitigkeit St. Kilians vermitteln, die auf mehr als 280 verschiedene Fasssorten zurückgeht. Das innovative Fassmanagement, die experimentelle Lagerung (Erdreifung, Bunker) und der hohe Qualitätsstandard sind Dinge die Olli an St. Kilian begeistern. Das wichtigste seien ihm jedoch die Menschen, die die Vielfalt des Teams ausmachen. Sein Lieblingswhisky ist derzeit der St. Kilian Signature 13 – für den Mario Rudolf fünf verschiedene Virgin Oak Fassarten vermählt hat – aufgrund der fantastischen Kirschnoten.
Prineus – mit Herzblut für den Whisky
Prineus wurde 2004 auf Initiative von Gerd Schmerschneider gegründet. Die Freundschaft zu John Glaser, der ein paar Jahre zuvor Compass Box gegründet hatte, war nicht nur prägend für ihn selbst, sondern auch für Prineus. Mit einem sehr ausgewählten Sortiment hat sich Prineus nun schon seit Jahren in der Top-Riege Deutscher Whiskyimporteure etabliert. Die Firma hat heute drei Gesellschafter, die Herzblut und Liebe für Whisky verbindet:
Meet Gerd Schmerschneider, Thomas Unger und Marc-Björn Stock, Eigentümer von Prineus
„Kurze Wege im Mittelfeld“ sieht Gerd als größte Stärke des Teams. „Wir können sehr sehr schnell mit unseren Entscheidungen sein, die kommen von Herzen und deshalb sind wir auch mit Herzblut für unsere Marken dabei.“ Die „Drei“ sind sich auch sofort einig über die wichtigsten Eigenschaften der Firma: Import und Großhandel von kleinen aber feinen Marken (u.a. Whisky, Rum, Cognac, Gin) mit hoher Qualität und sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Zu den wichtigsten Whisky-Marken zählen Lindores Abbey, Chichibu, Firkin Whisky, Fable Whisky, Cley und bald Finn Thomson. In 2023 rechnen die drei mit einem großen Coming-out von Indri aus Indien. Neben dem schon erhältlichen sehr süffigen Indri-Standard ist eine sehr interessante Ausweitung des Sortiments geplant.
Der Whisky auf den sich alle „Drei“ freuen ist der „The one I love“ – von Compass Box. Er ist mit der Hilfe von Gerd entstanden und war auf der Messe im Vorverkauf. Nun ist die Flasche nur noch über die Facebookgruppe „I love Compassbox“ beziehbar, die für die restlichen Flaschen ein Vorkaufsrecht hat.
Lindores Abbey – wo alles begann
Hier destillierte 1494 Bruder John Cor für King James IV. einen Brand aus gemälzter Gerste. Es ist die erste Aufzeichnung dieser Art in Schottland. Deshalb gilt Lindores Abbey als die Wiege des Schottischen Whiskys. Im Jahr 2017 lebte diese Brenntradition an alter Stelle wieder auf. Drew und Helen McKenzie-Smith gründeten die Brennerei und sicherten sich in Gary Haggart einen Distillery Manager, der zuvor bei Cragganmore wirkte. Rund 150.000 Liter reinen Alkohol/Jahr stellt die Brennerei her und achtet auf höchste Qualität in Produktion und Lagerung.
Meet Elliot Wynn-Higgins, Export Manager und Manager für Fassverkäufe
Seit Juni 2018 ist Elliot bei Lindores und damit fast von Anfang an. Er ist verantwortlich für Fassverkäufe, die Betreuung der Fasseigentümer, baut die internationalen Marketing- und Vertriebsverbindungen auf und vertritt die Marke als Botschafter. An Lindores Abbey begeistert ihn einerseits die Verbindung von Historie und Moderne, die durch die heutige Destillation die DNA von 1494 weiterspinnt. Andererseits ist der menschliche Faktor in einem privat geführten Unternehmen mit einem tollen Team der Faktor, der die DNA auch wirklich mit Leben füllt.
Er mag Lindores am liebsten aus Ex-Old Forester Bourbonfässern und nennt deshalb auch die entsprechend gelagerten Einzelfassabfüllungen und den Cask of Lindores Bourbon.
Stauning – sss nicht sch
In Hamburg stolpert man sprachlich gesehen bekanntlich über den spitzen Stein. Bei Stauning aus Dänemark ist das genauso: Ssstauning, nicht Schtauning. Sehr klein fing die Brennerei damals in 2005 an, als sich neun Freunde in einer alten Schlachterei trafen, um herauszufinden wie Whisky produziert wird. Ab 2009 wurden 6.000, ab 2012 15.000 Liter reiner Alkohol produziert. Seit 2015 hält Diageo 40% der Anteile, die Produktion liegt heute ein Vielfaches über dem damaligen Niveau und Stauning ist zu einer international renommierten Marke geworden. Der erste Whisky wurde 2011 veröffentlicht und heute ist das Sortiment, das vorwiegend aus Rye Whisky und einigen Malt Whiskies besteht, aus keinem Fachgeschäft mehr wegzudenken.
Meet Jonas Jensen (links, Storyteller) und Henning Grubb (Brand Ambassador Deutschland, Österreich, Schweiz)
Jonas ist Geschichtenerzähler, arbeitet hauptsächlich in der Brennerei und ist auf der Hanse Spirit zum ersten Mal auf einer Messe dabei. Die Geschichten zu Stauning erzählt er mit einem Wir-Gefühl und einem Augenzwinkern und das seit August 2020. Erst seit einem Jahr dabei ist Henning, der seine Rolle als Botschafter für Stauning ebenfalls mit dem Stauning-Wir-Gefühl ausfüllt. Tatsächlich berichten beide von der tollen Atmosphäre wie in einem kleinen Familienunternehmen, in dem die Mitarbeiter mit starkem Vertrauen sehr eng zusammenarbeiteten und wo jeder immer von „wir“ spricht, wenn es um die Firma geht. Die Produktion ist modern und altmodisch zugleich und nicht auf Effizienz ausgerichtet. So bleibt Raum für kleine Experiente mit verrückten Fässern (z.B. Tabascofass). Die hands-on Mentalität des Anfangs ist immer noch präsent. Learning by doing wird als wichtige Philosophie betrachtet. Im Bereich Mälzen haben sich die Dänen eine so große Expertise erarbeitet, dass Brauereien sogar Spezialmalze von Stauning beziehen.
Jonas hat einen klaren Favoriten: den Stauning Single Malt mit Heidekrautrauch. Henning nennt auch die Single Malt Experimente (z.B. Maple Syrup Cask) aufgrund ihrer Vielfalt und der kleinen Auflage, findet aber auch die Rye Abfüllungen nicht weniger spannend.
Seven Seals – Die sieben Siegel der Reifung
Gegenüber von Stauning liegt der Stand von Seven Seals. Zentrales Know-how der Firma ist ein spezielles Veredlungs- und Reifeverfahren: die Stockhausen-Methode – gleichsam das Buch mit sieben Siegeln – in die nur wenige Personen eingeweiht sind. Irischer Whisky wird in der Schweiz in Fässern veredelt, deren Fassoberfläche durch einen mechanischen Eingriff exponentiell vergrößert wurde. Das ermöglicht eine weitaus schnellere Reifung und kreiert zudem eine intensive Aromenvielfalt, die herkömmlich gelagerte Whiskies erst viele Jahre später erreichen können. So gesehen verhalten sich der Fassraum und die Reifezeit aus der Sicht eines Whiskys in einem mit der Stockhausen-Methode behandelten Fasses komplett anderes, als in einem herkömmlichen. Von einer neuen „Relativitätstheorie- bzw. -praxis“ will er nicht natürlich nicht sprechen, wohl aber, dass Seven Seals die Grenzen einer traditionell geprägten Industrie stark verschiebt:
Meet Thorsten Manus, Vertriebsleiter Deutschland und Brand Ambassador
Thorsten ist ein Urgestein in der Whiskybranche in der er seit 2008 wirkt. Seit 2021 ist er bei Seven Seals und absolut begeistert von der Geschichte des Firmengründers Dr. Dolf Stockhausen, „der komplett anderes denkt. Irische Tradition trifft auf schweizer Innovation und das zusammen ergibt eine der aromenreichsten und edelsten Whiskyranges, die es im Moment auf dem Markt gibt.“ Im Einzelnen sind das die Classic Range mit 46% aus Sherry, Amarone oder Portfässern -peated oder unpeated – sowie die Zodiac-Range mit fast 50% in unterschiedlichen Fassarten gereift. Alle Abfüllungen verfügen über eine sehr tiefe Farbe und ein intensives süffiges Aroma, das keinen Vergleich zu den traditionell gereiften Whiskies zu scheuen braucht. Im Gegenteil berichtet Thorsten von Experten-Blind-Tastings in Schottland in denen die Seven Seals Whiskies als schottisch eingestuft wurden. Es wird spannend sein, welchen Stellenwert diese Methode in der Zukunft erlangen wird. Zwar bedient sie nicht das Credo der Traditionalisten, aber der innovative Ansatz von Dr. Dolf Stockhausen scheint weitaus nachhaltiger (Holzverwertung, Angels Share, Zeiteinsatz) und geschmacklich sehr ansprechend. Thorstens Lieblingswhisky, der getorfte Taurus – der in zwei verschiedenen Portfässern reifte – ist hierfür ein sehr prägnantes Beispiel.