Das Schöne an einer Trilogie ist, dass im Idealfall auf einen gelungenen Auftakt eine Fortsetzung folgt – das Imperium schlägt zurück, oder wie Tolkien schreiben würde: die Zwei Türme – nun es waren derer eher vier, und zwar Islay Destillerien.
Standen beim ersten „Secrets of Islay“ Tasting Bowmore, Lagavulin, Caol Ila und Ardbeg auf der Menüfolge, so konnte man sich in etwa ausmalen, welche Leckerbissen dieses Mal kredenzt werden würden. Alleine die Geheimnisse der Küche blieben vorerst noch gewahrt, auch wenn die zahlreichen Gäste bei der Ankunft im Extrazimmer der Halbestadt schon mit einladenden Düften begrüßt wurden.
Mit rund dreißig Leuten war das Séparée zum Bersten voll, die herzlichen Gastgeber dirigierten mit viel Fingerspitzengefühl Sessel, Polstermöbel und Tischchen, für alle gab es Platz und heimelige Atmosphäre.
Zu Beginn präsentierte Gerald Petö, Whisky Purbach, eine schottisch gälische Einstimmung in Form einer Videozuspielung mit viel Dudelsack Piping, Drums und Tartan-Romance, für regelmäßige Besucher seiner Verkostungen schon eine liebgewonnene Tradition. Für all jene, die dem ersten Abend nicht beiwohnen konnten, klärte man auch diesmal noch kurz die geographischen Parameter – alles auf Islay justiert – die ersten Drams wurden ausgeschenkt.
Bunnahabhain durfte den Anfang machen, Darach Ur, übersetzt in etwa „neue Eiche“, war der Ouverture Schluck. Die New Oak amerikanischer Provenienz machte sich auch im Glas bemerkbar und eine gerbstoffig füllige Holznote begleitete die Destillerie Signatur von floralen und maritimen Tönen, weicher Textur und sanften Vanille- und Fruchttönen. Deren etwas weniger fand man im Toiteach, einer rauchig torfigen Expression Bunnahabhains, die besonders für sprachliche Fragezeichen in den Augen der Verkostern sorgte.
Begleitet wurde der Flight von einem cremig nussigen Salätchen von Gemüsejulienne, Apfel und Sellerie, leicht floral, eine wirklich harmonische Kombination, „aufgeknuspert“ durch ein Blätterteigstangerl und geröstete Sesamkörner.
Die kürzlich von Remy Cointreau übernommene Bruichladdich Brennerei wurde anschließend ins Rennen geschickt, Laddie Ten und Port Charlotte Peat Project wurden als Protagonisten ausgewählt. Die zehnjährige Standardabfüllung (whiskyexperts.net Whisky des Monats) verursachte den Unternehmern wie ihren Fans unlängst Kopfzerbrechen ob der sehr limitierten Verfügbarkeit und einem eventuellen stillen Abgang durch die Hintertüre – die Qualität des Malts war durchaus ansprechend! Auch der zweite Whisky, wie bei Flight Eins hatte man hier eine sanftere und eine kräftig muskulösere Parallele vor sich, wusste einige Teilnehmer zu begeistern, die Nase füllig und vielversprechend, am Gaumen und im Finish dann aber doch hinter den Erwartungen.
Aus der Küche schwebten Bärlauch-Spinat-Süppchen ein, vollendet durch Schafkäseschäumchen und getrocknetes Tomatenpesto, sämig sanft mit leicht salzigem Einschlag, deutlicher und üppiger in der Ausgestaltung, die grünlichen Noten spielten auch hier wunderbar mit den zwei Whiskys und begleiteten die muskulöseren Noten von Bourbon und Sherry so wie die Torfakzente.
Nach einer kurzen Pause dann hatte Kilchoman seinen Auftritt – ein anfänglich „farmyard“ und „craft“ orientiertes Projekt, deren Abfüllungen preislich mittlerweile stolze Ausmaße angenommen haben, aber auch großartige Leistungen abrufen.
Die 2013 Machir Bay Charge, ein Vatting aus vier- und fünfjährigen Fässern, in natürlicher Farbe und ohne Kühlfiltration, duftete aus dem Glas. (Um die Zahlenspiele noch etwas weiter zu spinnen: die vierjährigen Malts wurden für etwa vier Wochen in Olorosofässern endgelagert, bevor sie sich in das Gesamtbild schmiegen durften.) Ein sehr positiver Gesamteindruck entlockte dem Gaumen ein Lächeln, der anschließende Loch Gorm stimmte nahtlos mit ein in den hochqualitativen Reigen.
Gänzlich im Sherryfass für über fünf Jahre gelagert, zeigte dieser Dram ein komplexes Aromenspiel, ohne je jung oder sprittig anzumuten, eine elegante Balance von Reife und Frische offenbarte sich. Zudem waren die würzig kräutrigen Dörrobstnoten, die trockenblättrige Textur und kraftvollen Tannine eine absolut fantastische Ergänzung zum dritten Gang aus der Küche, Hirschragout mit Vanille Herzoginenkartoffeln und in Butter und Olivenöl geschwenkten Karotten mit derlei Kräutern – vielleicht das beste Pairing des Abends.
Zeit für ein Dessert – in flüssiger Form hieß das Laphroaig, die verbleibende Islay Grazie, deren Whiskys sonst eher nicht mit dem Terminus „grazil“ zu versehen wären. Der 10y Old, eine verlässliche, robuste Standardabfüllung, zeigte sich erstaunlich süß aber harmonisch und imposant, Quartercask spielte im zweiten Glas dann seine ganzen Trümpfe aus und setzte einen krönenden Schlusspunkt unter eine lange Reise über die kleine Hebrideninsel. Auch fand sich ein kräftiger Schluck ebendieser Abfüllung in der Whisky-Orangen-Sabayone wieder, die knusprig frittierte Polsterzipfelchen zum kulinarischen Finish begleitete.
Sogar die Rührschüssel wurde noch bis auf den letzten Tropfen ausgewischt, kein Brösel wurde übrig gelassen – mehr muss man da wohl nicht sagen, die Stille, die sich während des Essens ausbreitete, war ein ebenso deutliches wie ehrlich wohlwollendes Kompliment an die tolle Leistung am Herd.
Gastgeber Erich Wassicek spendierte abschließend noch ein Highlight aus seinem Privatschatz und kredenzte eine Bombe von Single Cask Collection Abfüllung aus dem Hause Laphroaig, mit über 60% Vol. Alkohol eine klare Ansage, aber in keinem Moment unausgewogen – ein Spiel aus Wuchtigkeit, Salz und Bittermandel, etwas eingelegte Zitronen und cremig buttriger Vanillecustard!
In Geselligkeit, guten Gesprächen und dem ein oder anderen Nachverkostungsschluck verlief sich das Tasting, Teil Zwei der Dreierserie war gemeistert, schwer gefallen ist dies aber wahrlich niemandem. Wiederum ein sehr gelungener Abend, geprägt von der Souveränität und Herzlichkeit der Gastgeber, und dem ein oder anderen Geheimnis am Gaumen.
Mit den besten Spirits,
Reinhard Pohorec