Samstag, 23. November 2024, 06:48:30

Wir verkosten: Caol Ila 12yo, 57.6%

Rund um Weihnachten kann man durchaus ein paar ungewöhnlichere und ausgefallenere Drams ins Glas gießen – war zuletzt ein älterer und torfiger BenRiach ein spannendes Erlebnis, so drehe ich heute den Spieß ein wenig um und verkoste einen Whisky, den man sonst eher mit kraftvollen Rauchnoten und Torf verbindet, diesmal aber „unpeated“ präsentiert bekommt.

Schon eine ganze Reihe von Abfüllungen des Caol Ila unpeated haben über die Jahre die Special Releases von Mutterkonzern Diageo bereichert, unterschiedliche Altersangaben, meist zwischen acht und vierzehn Jahren, sowie unterschiedliche Fasstypen hat man probiert.

Was bei diesem (schon ein paar Jahre zurückliegenden, hier nur als Symbolfoto abgebildeten) aber sehr harmonischen Batch analog zu seinen Geschwistern interessant ist, ist die Möglichkeit Caol Ila „nackt“, roh, pur und Destillats fokussiert zu verkosten.

ciup

Nase: Süßlich voll, Butterscotch, dunkler Karamell zu Beginn, dann immer mehr gesalzene Noten, savoury, geräucherter Aal und etwas Trockenfleisch, Bresaola, Erinnerungen an Rohschinken werden wach, pickled onions, salzig schmalzig, dann wiederum cremig buttrig, die Nase braucht ein wenig um sich zu öffnen und das recht bizarr ungewöhnliche und fordernde Spiel aus Süße und würzig maritimen Meerwasserimpressionen freizugeben, mit Wasser wird die Geschichte bunter, voller, es kommen plötzlich Zimtnoten, schwarzer Pfeffer, Weichselkompott, dann schummeln sich noch Orange und Grapefruit dazu, Mandarinen, etwas nussig, helle gesalzene Mandeln, ungewöhnlich, vielleicht auch gewöhnungsbedürftig, fesselnd

Gaumen: ein kalter, vernebelter Tag auf Islay kommt einem in den Sinn, Salzlake, die Meeresbrandung weht einem entgegen, floral blumig, cremige Vanille, Custard, sehr viel Zitronenzeste, frisch, grüner Apfel, die bittersalzige Limette ist überwältigend, Lime Squash, mundfüllend, mit Zeit dann macht sich mehr Süße bemerkbar, wieder Zimt, Muskatnuss und auch etwas Honig, dennoch sehr straff gehalten, fordernd, säuerlich. Mit Wasser verändert sich der Gaumen massiv, fleischiger, beefy, der Schinken und das Trockenfleisch sind zurück, gepökelt, sehr spicy und wild, Erinnerungen an feuchten Waldboden, stängelig, nadelig, dick ölig in der Konsistenz aber sehr von Limone und Salz dominiert und spitz in seinen Geschmacksnoten, wahrlich kein Schmeichler, aber ein außergewöhnlicher Malt, Tomaten, geröstete Champignons, Estragon

Finish: Mittellange, wiederum von Salzzitrone geprägt, frisch, blumig, Lavendel, erst im allerletzten Teil des Erlebnisses bleibt Süße liegen, Demerarazucker entwickelt sich, Heidehonig, man vermisst ein bisschen mehr Druck und Länge

Alles in allem: Caol Ila im Striptease, eckig, kantig, wild und ungewöhnlich auf seine Art, ganz anders, als man die Destillerie sonst kennt. Mit diesem Kollegen muss man sich schon eine Zeit lang auseinandersetzen, aber erlebt haben sollte man dies auf jeden Fall!

Mit besten Spirits,
Reinhard Pohorec

Unsere Partner

Werbung

- Werbung -

Neueste Artikel

Werbung

- Werbung -