Montag, 23. Dezember 2024, 10:26:52

Exklusiv: Besuch in der High West Distillery, Park City, Utah

Unser Gastautor Erhard Ruthner hat im Zuge seiner verschiedenen Whiskey-Reisen durch die USA nicht nur die großen Destillerien im Whiskey-Kernland besucht, sondern auch kleinere, nicht weniger interessante Brennereien abseits der ausgetretenen Pfade. Von so einem Besuch im „Wilden Westen“ der USA stammen die Eindrücke aus der High West Distillery in Park City, Utah: 

Spätestens seit der Winterolympiade 2002 ist Park City nicht nur für eingefleischte Wintersportfans ein Begriff. Tatsächlich erinnert in dem beschaulichen Städtchen, das etwa 20 Minuten von der Metropole Salt Lake City in Utah gelegen ist, noch einiges an die Winterspiele. Unweit des historischen Kerns der Stadt trifft man etwas unvermittelt auf die High West Distillery & Saloon, die sich mitten in einer Wohnstraße über zwei Gebäude erstreckt. Im rechten Gebäudeteil befindet sich das Restaurant, das geschickt in eine ehemalige Kfz-Werkstatt eingebaut wurde. Hier wird nicht nur ein hervorragender Lunch angeboten, auch als Platz für ein rustikales Edeldinner eignet es sich bestens. Dabei sollte man zumindest am Wochenende jedenfalls eine Reservierung haben.

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Gleich neben dem Ein- bzw. Ausgang findet sich der Shop der Brennerei, in dem neben den verschiedenen Whiskeysorten auch eine feine Auswahl an Bekleidung, oder sonstigen brauchbaren Dingen, Gläser, Barmatten, etc. angeboten werden. Die eigentliche Brennerei liegt im mittleren Gebäudeteil. Hier muss jeder vorbei, der in den linken Teil des Gebäudes will, wo sich der Saloon, also die Bar befindet, die abends zu einem vielbeschäftigten Platz wird. Doch zurück zur Brennerei.

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Eine Pot Still mit niedrigem Helm und zwei daneben liegende Kolonnen sorgen dafür, dass der Spirit in Utah nicht ausgeht. Das Portfolio ist vielfältig und nicht alles wird wirklich hier gebrannt. Neben der Herstellung eigener Spirits hat bei High West auch das Blenden von Whiskey einen hohen Stellenwert. Zum einen, weil man noch über keinen eigenen Stock an altem Whiskey verfügen kann und zum anderen, da Geschmäcker erreicht werden sollen, die mitunter nach Zutaten verlangen, die nicht so einfach selbst gemacht werden können, wie etwa torfiger Scotch Whisky. Neben Whiskeysorten, die der traditionellen Vorstellung von American Whiskey entsprechen, verfolgt High West auch Produkte, die außer der Norm angesiedelt sein sollen. High West Silver ist so eine außergewöhnliche Abfüllung. Dieser weiße Whiskey besteht zu 85% aus Hafer, der Rest ist Gerstenmalz. Trotzdem er ungelagert ist, weist er doch sehr weiche Töne auf, Banane, Kokos und Brombeere finden sich in der Nase. Am Gaumen ist er weich mit nussigem Honiggefühl.

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Das Flaggschiff von High West ist der Double Rye, für den zwei Straight Rye Whiskies geblendet werden. Ein 2 Jahre gereifter, von High West produzierter Rye (95% Roggen, 5%Gerstenmalz) und ein 16 Jähriger (53% Roggen, 37% Mais), der zugekauft wurde. Im Endergebnis haben wir einen sehr würzigen Rye im Glas, dessen hohe Komplexität Ansprüche an den Verkoster stellen. Reichhaltige Gewürze von Nelken und Zimt bis hin zu Minze, zusätzlich Schokolade, Lakritze und Vanille finden sich im Geruch und Geschmack. Nicht zu Unrecht der am meisten nachgefragte High West. Wieder etwas ungewöhnlicher ist die nächste Kombination, die im Tasting kredenzt wird. Son of Bourye (also Bourbon und Rye) ist als Blend ein Unikum. Nichts desto trotz hat diese Kombination aus 5 jährigem Bourbon (75% Mais, 20% Roggen, 5% Gerstenmalz) und 3 jährigem Rye (95% Roggen, 5%Gerstenmalz) ihre Reize. Diese Süße des Bourbons und die Würzigkeit des Rye liefern sich ein interessantes Wechselspiel, mal was anderes! Campfire, der Name ist Programm. Bisher hat sich noch niemand eine Kombination von torfigem Scotch, feinsüßem Bourbon und würzigem Rye zugetraut. High West geht auch hier ganz eigene Wege und hat es so geschafft etwas Bemerkenswertes zu kreieren. Die Nase ist unheimlich vielschichtig, der Rauch kommt zwar sofort in den Vordergrund, eine feine Süße, Vanille, Frucht, Fudge und auch florale Noten folgen dicht. Neben kalten Rauch eines Lagerfeuers finden sich Toffee, Honig und dunkle Beerenfrüchte am Gaumen, bevor der lange Abgang für ein wärmendes Gefühl sorgt. Spannend!

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Neben den genau beschriebenen Abfüllungen gibt es noch weitere Versionen, wie dem Rendevouz Rye Whiskey – ein Blend aus 6 jährigem und 16 jährigem Rye und den Midwinter Nights Dream, der ein in Portweinfässern vollendeter Rendevouz Rye Whiskey ist.

Wenn man sich nach einem reichhaltigen Mahl aus der hervorragenden Western Style Cuisine Karte einmal in die untere Etage begeben muss, kommt man an dem Teil der Brennerei vorbei, wo die Arbeit stattfindet. Hier kann man beim Einmaischen und auch beim Blenden zuschauen und so ein Teil von High West werden. Zum Abschluss gönnt man sich dann noch einen innovativen Cocktail des Hauses, bei dem nicht unbedingt Whiskey im Spiel sein muss, wobei es ein Tombstone Punch (Rendevouz Rye, Goslings Rum, Allspice Dram, Ruby Port Carmenere Wine, Lime Juice, Simple Syrup und Angostura Bitters) es wirklich in sich hat!

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Das Vorurteil, das der Mormonenstaat Utah eine negative Einstellung zu hochwertigem Alkohol hat, wird in der High West Distillery großartig entkräftet, dazu muss aber auch gesagt werden, dass es in Salt Lake City mehrere gute Craft Breweries und staatliche Liqueur Stores gibt, die keine Wünsche offen lassen. Auf jeden Fall ist die Gegend eine Besuch wertund sei es „nur“ auf dem Weg nach Westen.

Erhard Ruthner ist Diplomsommelier mit praktischem Hintergrund in der gehobenen Gastro und im Wein- Spirituosenhandel, Vortragender am Wirtschaftsförderungsinstitut und Lehrer an der HTLW. Sein Faible für Bourbon & Co hat ihn dazu veranlasst, sich sein Wissen über amerikanischen Whiskey vor Ort anzueignen. Er hat die großen Brennereien in Kentucky und Tennessee (inkl. Prichards) besucht und weitere Craft Distilleries in 4 Bundesstaaten. Erhard Ruthner ist Leiter von Verkostungen und Mitglied von Kostjuries sowie ausgewiesener Kenner der österreichischen Brennereiszene.

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