Freitag, 22. November 2024, 14:56:50

Messeschlaglichter – Die Whiskyfair in Limburg

Eine Messe-Rundgang über das „Whisky 2023 Festival“ in Limburg an der Lahn mit unserem freiem Mitarbeiter Stefan Bügler

Am vergangen Wochenende fand das Festival „The Whisky Fair“, oder auch „Whisky 2023 Festival – Das Festival der Sinne“, statt. Zum mittlerweile 21. Mal wurde Limburg an der Lahn, wie der Veranstalter in seiner Pressemitteilung treffend schrieb, „zur Whiskyhauptstadt Europas“. An zwei Tagen lud die Veranstaltung zu über 6.000 Probiermöglichkeiten ein. Unser freier Mitarbeiter Stefan Bügler wählte aus diesem übergroßen Aangebot drei Messeschlaglichter aus, die er uns auf seinem Messe-Rundgang näher vorstellt.

Alle Bilder Copyright Stefan Bügler


Dornoch -Saillt Mór – Chichibu.
Die Messeschlaglichter aus Limburg!

Die Schlaglichter aus Limburg erzählen diesmal Geschichten aus Schottland, Deutschland und Japan. Es sind Geschichten die sehr interessante Gemeinsamkeiten, aber natürlich auch ihre individuellen Einzigartigkeiten aufzeigen.

Limburg is back!

Endlich wieder Whiskyfair in Limburg! Die Messe dürfte am letzten Samstag ein Besucheraufkommen wie vor 2020 erreicht haben. Auch der Sonntag war gut besucht, ist aber traditionell eh immer etwas entspannter. Viele bekannte Gesichter der letzten Jahr(e)zehnte aus Sammler-, Händler- oder Genießerkreisen sorgten für ein breites Angebot und rege Nachfrage rund um das Wasser des Lebens.

Dornoch Distillery | Thompson Bros.

In diesem Jahr kamen die Brüder gemeinsam nach Limburg: Phil und Simon Thompson. Mit dabei – erstmalig auf einer kontinentalen Messe – war Dornoch Distillery Manager Euan Christie. Die drei boten einen Querschnitt ihrer unabhängigen Abfüllungen sowie drei Dornoch Fassproben und sogar zwei Dornoch Abfüllungen, die im Grunde kaum zu bekommen sind. Diese Flaschen werden verlost und auf jede verfügbare Flasche kommen häufig 10-15 Interessenten im Losverfahren. Letzteres führt vor Augen, dass Dornoch eine sehr kleine Brennerei ist, die derzeit nur etwa 10.000 Liter reinen Alkohol produziert und davon den größten Teil davon zur Whiskyproduktion nutzt. Die Thompson Bros. Abfüllungen sowie alle Schritte der Produktion von Dornoch erfolgen ausschließlich vor Ort. So sind Simon und Phil immer mit aufgekrempelten Ärmeln unterwegs und stolz, werthaltige Produkte anzubieten. 

Dornoch: Distillery Manager Euan Christie, Phil und Simon Thompson (v.i.)

„Niemand hat damals den Whisky produziert, den ich selbst trinken wollte“, sagt Simon. Inspiriert von den Abfüllungen aus den 1920er und 1930er (Glen Grant) sowie aus den 1950er und 60er Jahren (Bowmore, Glen Garioch, Laphroaig) aus der Bar des familieneigenen Hotels, machten sich Simon und Phil auf – quasi um die Ecke – in einer alten Feuerwehrstation eine kleine Brennerei aufzubauen und starteten 2016 mit der Destillation. Parallel zu Dornoch bauten sie Thompson Bros. auf, einen „full process bottler“, der vom Warehousing bis zur Abfüllung alles selbst macht und dadurch außerordentlich flexibel ist. Jetzt schon legendär: die 1990er Secret Islay Abfüllungen.

Seit September 2019 werden sie dabei von Euan Christie unterstützt, der im September 2017 anfing in der Bar und auch in der Brennerei zu arbeiten und dann seinen Master in Brewing & Distilling an der Heriot-Watt University machte. Nun stecken die drei die Köpfe zusammen, um einen Whisky möglichst „wie früher“ zu produzieren, mit traditionellen Methoden und Rohstoffen. Zudem beschäftigen sie sich mit dem Ausbau der Brennerei – die Pläne dafür sind schon eingereicht. Also wird es hoffentlich nicht mehr soooo lange dauern, bis Dornoch vielleicht etwas besser verfügbar ist.

Destillerie Ralf Hauer | Saillt Mór

Von der alten Feuerwache nun zur großen Saline. In Limburg waren sie nur rund zehn Meter voneinander getrennt. Die Rede ist natürlich von der Destillerie Ralf Hauer und deren Whiskymarke Saillt Mór, die auf die große Saline zurückgeht, die einst auf dem Grundstück der heutigen Brennerei stand.

Saillt Mór: Brennmeister Ralf Hauer und sein Sohn Nils

Ralf Hauer hat Brennerfahrung seit 1990 und entwickelte zwei Whisky-Rohbrände autodidaktisch in seinem „stillen Kämmerlein“. Der eine wird in einer Kolonne gebrannt und später in Fässer aus Pfälzer Eiche gefüllt: es handelt sich dabei um den gleichnamigen im Grunde immer erhältlichen Saillt Mór „Standard“ Pfälzer Eiche. Er repräsentiert etwa ein Drittel der Produktion, die insgesamt nur bei etwa 3.200 Liter reinem Alkohol liegt – das entspricht etwa 4.500 Litern in Fassfüllstärke. Die anderen zwei Drittel der Produktion gehen in den Single Malt, der in Bourbon, Sherry, Port oder auch Madeira Fässer gefüllt wird und häufig als Einzelfassabfüllung erhältlich ist. Ralf Hauer erzielt eine kleine aber sehr feine Tagesausbeute von etwa 160 Litern reinen Alkohols nach 16 Stunden Destillation. Damit befüllt er bis zu 20 Fässer pro Jahr. Eines davon kommt demnächst neu auf den Markt: ein Madeira Finish. Rund siebeneinhalb Jahre verbrachte das Destillat in einem Heavy Toasted Woodford Reserve Bourbon Fass und weitere sechs Monate in einem frischen Madeira Fass. Eine Probe hatten Ralf und sein Sohn Nils in Limburg dabei und wussten damit jeden Zweifler, in Bezug auf Deutschen Whisky zu überzeugen. Probieren geht halt über studieren – also bedeutet das: Nicht meckern, Nase reinstecken! Genau das macht übrigens auch Ralf Hauer, der den Rohbrand tatsächlich ohne Instrumente, sondern nur mit seinem Geruchssinn trennt – der hat ihn scheinbar noch nie getrügt. ‚Diese Nase…’

Chichibu Distillery | Venture Whisky

Angesichts der sehr kleinen Produktionskapazitäten von Dornoch und Saillt Mór, wirkt Chichibu mit jährlich 53.000 Liter reinen Alkohols aus der ursprünglichen Brennerei (2008) und den etwa 250-300.000 Litern aus der in 2019 eröffneten Chichibu #2 wie ein Industriegigant. Doch damit ist Chichibu immer noch eine vergleichweise kleine Brennerei. Die Messe in Limburg konnte in diesem Jahr ihren Eigentümer und Japanische Whiskylegende Ichiro Akuto begrüßen, der die Japanische Whiskyindustrie in den letzten 20 Jahren maßgeblich geprägt hat.

Chichibu: Global Brand Ambassador Yumi Yoshikawa, Whisky-Gigant Ichiro Akuto und Taichi Moriyama.

Im Jahr 1625 begann die Familie Akuto Sake zu Brauen. Damit startete eine Tradition über viele Jahrhunderte. Im Jahr 1941 wandelte der Großvater von Ichiro-san die Firma um und produzierte dann unter anderem Pot Still Rum, Sake, Shochu und Whisky. Letzterer wurde in der legendären Hanyu Distillery destilliert. Doch im Zuge der Rezession gingen die Geschäfte schlecht und die Familie war gezwungen die Firma zu verkaufen. Der neue Inhaber war damals nur am schnellen Sake und Shochu Business interessiert und schloss Hanyu in 2000 und baute sie in 2004 ab.

So fügte sich das Schicksal, dass Ichiro-san, der von seinem Vater und Großvater viel über die Whiskyproduktion lernte und bei Hanyu noch als Salesman gearbeitet hatte, die Fässer von Hanyu zurückkaufen konnte, die sein Vater produziert hatte. Er startete seine eigene Firma Venture Whisky und brachte unter anderem seine legendäre Hanyu Playing Card Series heraus.

Damit sollte es für ihn aber nicht getan sein, denn Ichiro-san möchte die Familientradition fortführen und Whisky für zukünftige Generationen produzieren.

Im Jahr 2008 nahm Chichibu den Betrieb auf und war die erste Whiskybrennerei in Japan seit der Hakushu Distllery in 1973. Rückblickend war dies eine Initialzündung zur Revitalisierung der Japanischen Whiskyindustrie und bereitete den Boden für die vielen neuen Brennereien, die in Japan in den letzten Jahren entstanden sind.

Um den Chichibu Stil zu entwickeln hatte Ichiro-san um 2006 herum über 6000 Whiskies innerhalb von zwei Jahren verkostet und auch er wurde vor allem von den Whiskies aus den 1950er und 60er Jahren inspiriert und von den traditionellen Produktionsweisen dieser Epoche. Diese Erkenntnisse, ihre Anwendungen, die leidenschaftlichen Menschen, die bei Chichibu arbeiten sowie die natürlichen Voraussetzungen um die Brennerei (große Temperaturschwankungen nicht nur innerhalb des Jahres, sondern auch des Tages) sind für Ichiro-san die maßgeblichen Faktoren für einen komplexen, geschmackvollen und reifen Chichibu – auch schon in jungen Jahren.

Faßproben dieser Destillationskunst haben Ichiro Akuto, Global Brand Ambassador Yumi Yoshikawa und Taichi Moriyama auch in diesem Jahr wieder mit nach Limburg gebracht. Für mich stach das exzellente First Fill Bourbon Cask stark heraus, das absolutes Gänsehautpotential hat.

Dornoch – Saillt Mór – Chichibu. Frei gedacht nach Ichiro-san, verbindet die drei Brennereien nicht nur dieser Artikel, sondern dass sie mit ihrem individuellen Ansatz Traditionen wieder aufgreifen und fortführen. Ihre Whiskys sind schon jetzt ein Geschenk für die derzeitige Whisky-Generation.

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