Viel wurde schon über diesen Whisky geschrieben, noch mehr gemunkelt und gemutmaßt, viele werden entzückt sein, andere enttäuscht – so muss das wohl sein mit einer Ardbeg Limited Edition im 21. Jahrhundert. Konzentrieren wir uns also einfach darauf, den Whisky zu kosten…
Nase: nur ein sehr dezenter Touch von Rauch, Butterkaramell, recht jugendlich ist die erste Anmutung, frische Limettenzeste, hell, speckige Noten, straff, etwas Heu, Brioche, Lemoncurd, Selchfleisch, würzig lackige Düfte, Zitronensaft und auch die weißen, dezent herben Klänge der Schale, dann kommt mehr Lederpolitur, Banane, grünliche Kochbanane, weißer Rum, auch eine kleine Reminiszenz an Agricole und manchen Artesanal Cacacha, der Whisky steht voll im Saft, zeigt Druck
Gaumen: auch im Geschmack ist der unmittelbare Eindruck sehr frisch und straff, Zitrone, dazu der schwarze Schiefer, steinige Mineralität, dann wird die Geschichte brotiger, getreidebetonter, cremiger und sämiger, etwas Vanille, dunkler Toffee, erstmalig ist so etwas wie Kakao zu erkennen, Christmas Pudding, die Gewürze offenbaren sich, Spiced Rum, Curry???, mit Wasser dann kommen noch stärker Lebkuchen und Spekulatius zur Geltung, eine Melange aus Schokolade, Nuss und Holz, strohig, pfeffrig
Finish: lange und anhaltend präsentiert sich der Schlussakkord des Auriverdes, warm anhaltend, zuerst trocken, dann mit mehr Süße, wieder nasse Steine, Honig, Pumpernickel nebst Orangenzeste, sehr füllig, sehr chewy, ein überzeugender Abschluss, ein großes Finale
Alles in allem: polarisierend, spannend, das ist Ardbeg, das ist auch der Auriverdes! Man kommt einfach nicht umhin, die Jugendlichkeit hinter diesem Single Malt zu entdecken, was aber keinesfalls wertend ist. Einzig in manchen Momenten vermisst man vielleicht die allerletzte Harmonie der frisch-grasig und strohigen Komponenten, nebst der dunkleren, fassbetonten Seite. Das Finish ist sensationell und hier trumpft der Auriverdes wirklich auf. Generell braucht der Whisky recht lange im Glas, bis er sein ganzes Spiel, all seine Qualitäten Preis gibt, Geduld ist also gefordert, gerne auch ein dash Wasser, um die Aromenpalette zu kitzeln, allerdings sollte man sehr vorsichtig bei der Dosierung sein, ein paar Tropfen reichen…
Rundum, ein sehr gelungener Ardbeg Single Malt. Sehr gut, haarscharf an der Grenze zur Spitzenklasse. Punkt.
Mit den besten Spirits,
Reinhard Pohorec