Verkostet von Bernhard Rems
Sample von Benromach Distillery via Gordon & MacPhail
Nase: Der anfänglich eher zurückhaltende Eindruck weicht bald fruchtigen Aromen von Quittengelee, gedämpften Noten von Orangenmarmelade, Mus von reifen, grünen Trauben mit Zimt und Anklängen von frischem, grünem Holz. Dann gesellen sich rote Beerenfrüchte und reife Kumquats dazu. Das Ganze wirkt leicht und unbeschwert, so wie die Früchte in Gelee auf Obstkuchenboden, und wird mit jeder Minute im Glas immer lebendiger im Erscheinungsbild.
Gaumen: Der Benromach 35yo tritt honigsüß an, fast schon sahnig, aber sofort setzt sich wieder der opulente Eindruck eines Fruchtkuchens durch. Man schmeckt reife, grüne Trauben, hauchzart in Milchschokolade getunkt, getoppt mit zerstoßenem bunten Pfeffer. Dann Zucker- und Honigmelonen, und zwar das sämige Innere, sowie subtile Tabaknoten, die mit der Fruchtigkeit auf interessante Weise einerseits kontrastieren, aber auch harmonieren.
Finish: Fast endlos, wärmend. Fruchtig, süß und würzig streiten um die Dominanz im Abgang, letztlich verschwinden zunächst die pfeffrigen und dann die süßen Noten. Es bleibt Frucht und wieder dieser zarte Hintergrund aus hauchdünnen Tabakblättern.
Alles in allem: Man freut sich immer mal über die jungen Spunde, die ihre Lebensart überzeugt in die Welt trompeten – das hat was, das kann was. Aber dann kommt so ein gesetzter Herr daher, und der fängt an zu erzählen, und man hört ihm gebannt zu, weils einfach fesselnd ist und dabei nicht von der Lautstärke lebt, sondern von der Stimme und dem, was er zu sagen hat.
So einer ist der Benromach 35yo – faszinierend und vielschichtig und interessant in jeder Phase der Begegnung. Die 43% sind gut gewählt, sie machen ihn einerseits zugänglich, andererseits beschneiden sie nicht die Komplexität, die er bietet. Nicht das geringste Anzeichen von Altersschwäche trübt sein Erscheinungsbild, bei aller Reife ist er lebendig und zeigt ein changierendes Spiel von Geschmacksnoten. Mit Freuden, mit Leichtigkeit und mit Nachdruck verleihen wir ihm das Prädikat Spitzenklasse.
Seit Beginn des Jahres verzichten wir in unseren Tasting Notes auf numerische Bewertungen und geben unseren Eindruck nur mehr über die Beschreibung wieder. Wir tragen damit unserem Gefühl Rechnung, dass man mit einem starren Punkteschema Vergleiche forciert, die den Whiskys nicht gerecht werden.