Caol Ila 10y,
destilliert 2005, abgefüllt 2015
Gordon & MacPhail,
56,4% vol.,
nicht kältefiltriert, nicht gefärbt
Sample: McWhisky.com
Verkoster: Reinhard Pohorec
Es ist weitverbreiteter Usus geworden eigene Exklusivabfüllungen in Partnerschaft mit Destillerien auf den Markt zu bringen, besonders wenn man sich mit einem Shop oder Online Store in den Whisky-Ring geworfen hat.
“Vor genau 5 Jahren, im August 2010 haben wir uns dazu entschlossen einen Whiskyshop zu eröffnen. Was zunächst als Versorgung von Bekannten oder Verwandten begann, hat sich innerhalb dieser Zeit prächtig entwickelt. Wir schauen stolz auf die letzten 5 Jahre zurück und blicken erwartungsfroh auf die nächsten 5-Jahre hinaus.” – mcwhisky.com
Nun mit einer fast ungläubigen Retrospektive und einem hoffnungsvollen Blick in die Kristallkugel lässt sich dann schon gut und gern ein zehnjähriger Whisky feiern. Wenn’s dann noch eine Fassstärke von Caol Ila via den Unabhängigen Abfüller Gordon & MacPhail ist, kann nicht mehr allzu viel schief gehen. Oder?
Nase: trocken holzig, cremige Anmutung von lemon curd, Limettenzeste, auch Teeblätter sind dabei, Earl Grey – wie passend für einen waschechten Briten, Vanilleschote, sehr druckvoll wabern die Düfte aus dem Glas, ein Jungspund voller Kraft und Energie, vollreifer Pfirsich, ein kleines Schlagobers-Häubchen dazu, milchig üppig, und ja, natürlich ist da auch äußerst prominenter Torfrauch, das Lagerfeuer lodert (nicht nur im Hintergrund), generell ist die phenolische Note aber eher von einer holzig wurzeligen Festland Prägung, weniger maritim und mit Seetang beladen, glimmende Kohlen, Lakritz und eine zunehmend süßliche Wolke steigt auf, sehr spannend und mit ansprechender Komplexität
Gaumen: aber Hallo! Nun, es ist nicht der eleganteste Zungenschmeichler für Novizen, die noch nie mit schottischem Whisky in Berührung gekommen sind. Die Fassstärke versucht gar nicht ihre Alkoholmuskeln zu verstecken, dennoch ist der Eindruck nicht sprittig, aber “gehaltvoll”. Erst brandet eine opulente Süße auf, wiederum von holzig vanilliger Karamell Struktur, Biskuit getränkt mit Räuchernoten, dann setzt sich auch am Gaumen die teeblättrige Würze durch. Druckvoll füllig, intensiv, einzig die Vielfalt und Breite fehlt ein wenig.
Abgang: verglichen mit den imposanten Eindrücken von Nase und Gaumen ist das Finish am ehesten ein leiser Schwachpunkt des Malts, es bleiben ein wenig Süße, Zitrusfrische und der leise Nachhall von Asche sowie glühenden Holzscheitern, jedoch ist das Finish nicht so sämig, voll und cremig, wie die Nase erst versprechen würde. Dennoch rundum gefällig und ohne große Aufreger. Zum Schluss hin grüßt noch einmal der Earl Grey ehe der Malt seinen mittellangen Ausklang dahin schmeichelt.
Alles in allem: der Malt besticht besonders im Opening durch seine Kraft und jugendliche Aufgeregtheit, vielversprechend in der Nase, würzig aschig, in sehr guter Harmonie mit Süße und Cremigkeit, einzig im Abgang zeigen sich “vergleichsweise” leise Abzüge in der B-Note, in zehn Jahren braucht man aber auch nicht die Komplexität des Jahrhunderts erwarten. Und das was der Malt verspricht, zu können meint, das bringt er aber sowas von auf den Punkt. Frei Schnauze, fett und mit Kraft. Aber hallo…
Und Winter wird’s ja auch wieder irgendwann.
Mit den besten Spirits,
Reinhard Pohorec