Dienstag, 05. November 2024, 06:41:39

Wir verkosten: Prometheus 27yo Speyside Single Malt Whisky

Ein Ausnahmewhisky in der Verkostung bei Reinhard Pohorec

Prometheus 27yo Cache#2, 47%
Verkoster: Reinhard Pohorec
Sample: A Wee Taste of Scotland

prometheus27

Da ist er also, viel diskutiert, sehnsüchtig erwartet und von Mythen und Mystik umrankt – Prometheus geht in die zweite Runde, die zweite Abfüllung des raren, nicht offiziell deklarierten Speyside Single Malts, der in strengst limitierter Menge den Whisky Enthusiasten zum Genuss feilgeboten wird.

Lassen wir die vielen Worte und Floskeln und tauchen schlichtweg die Nase und Zungenspitze ins Glas, in die kleine Pfütze kostbaren Whiskys.

Nase: schwer üppig und mit einer ungemein sanften, tiefen Harmonie schwingen die Duftwellen hin und her, unmittelbar hat man das Gefühl, dass der Prometheus wahrlich in sich ruht, seine Mitte gefunden hat, von graziler Reife und fast ehrfurchterbietender Würde, beinahe schon kokett selbstsicher, fruchtige, frisch-rote Apfelnoten, Birnenmost nebst etwas parfümierter Quitte, stängelig schalig auch die Reminiszenz von Zitrus und ätherischen Spitzen, dick gekochter Porridge schimmert dahinter, überbordend volle Getreidefelder, in schwer goldgelbe Sonnenstrahlen getaucht, samtig, ein wenig Kornblume, Muskatblüte und dann macht sich erstmalig der dunkle Rauch auf, die Szenerie zu bereichern, geröstete Walnuss, gekleidet in röstig dunklen Karamell, Pumpernickel mit Waldhonig dick bestrichen, lemon sherbet, angedrückte Kardamomkapseln legen sich elegant neben Küchenkräuter, Sauerampfer, etwas Salbei aber auch Rosmarinnadeln, gelbfruchtig, fast marmeladig, Marille, pürierte Weingartenpfirsiche zu weiß glimmender Asche, Sanddorn kommt dann bevor sich einmal mehr die würzig-rauchigen Akzente in die erste Reihe schieben wollen. Es ist ein ständiges In-Bewegung-Sein, ein andauerndes Wogen der Brandung, eine Flut von Düften und Eindrücken, welche die Sinne betört

Gaumen: ebenso gewaltig setzt sich der Whisky auf die Zunge, gelockert und pointiert von straff würziger Reife, holzig rauchige Akzente von glimmenden Kohlen, schwarz eingelegten Nüssen, verbranntem Karamell und geröstetem Getreide, Malzkaffee, Salzmandeln und Sesam, dann die marmeladige Süße mit Erinnerungen an Marille, Birnenquitte und dem schon duftig präsenten, roten Apfel, geriebene Muskatnuss, Zimtzucker und auch etwas tropische Frucht, ein leiser Umami Anflug, maritime Einflechtungen, Meeresbrandung und auch die dazu wehende Brise, eine frische Gischt von grünlicher Herbe, Seetang, Nori Alge und Sepia, druckvoll und sehr üppig ist der Körper, dennoch filigran gezeichnet, die Würze und Komplexität kitzelt immer wieder eine Idee von Frische über den Gaumen, Weihrauch, Moschus und Myrrhe branden auf, wahrlich sakrale Noten und eine kontemplativ, geistliche Größe, die man in diesem Malt mit Sicherheit zu entdecken vermeint, beeindruckend!

Finish: als krönende, finale Inszenierung spannt sich ein Spannungsbogen über die Geschmacksknospen, der den Malt schier endlos erscheinen lässt, kolossal ist der Abgang, getragen von dem Spiel aus Würze, Gerbstoff und holzig-kompaktem Fokus, sowie der dick üppigen Fruchtsüße, Cremigkeit und der öligen Statur, Frucht, Gewürze, Kräuter – make your pick, es ist alles da. Nie ist das Sherry Fass übertönend, nie fordern Säure, Holz oder Alkohol zu viel vom Genießer, stets ist da diese Harmonie, diese Ruhe und Überlegenheit. Noch einmal zeigen sich Menthol, samtweiche, rote Beeren, Rosenblüten und Laubblätter, Sternanis, Lavendel und Arancini.

Alles in allem: Wie ein zutiefst selbstreflektierter, erfahrener Mensch, der scheinbar alles gesehen und erlebt hat, wie eine Speise, die kaum feiner zu komponieren sei, wie ein Kunstwerk, dem wenig hinzuzufügen sei – so imposant, groß und stolz steht Prometheus 27y da.

Man muss sich nicht vom Gerede imponieren lassen, man muss nichts auf Blabla und ach so schöne Marketing Stories geben, aber wenn ein Whisky so fein gezeichnet ins Glas und auf den Gaumen kommt, bleibt man ehrfürchtig und freudig, wie ein kleines Kind vor seinem Glas sitzen, ein Lächeln auf den Lippen, die Gedanken in die Ferne schweifend und auf der Suche nach all der Reife und Erfahrung eines solchen Malts. Weltklasse.

Mit den besten Spirits,
Reinhard Pohorec

Seit Beginn des Jahres verzichten wir in unseren Tasting Notes auf numerische Bewertungen und geben unseren Eindruck nur mehr über die Beschreibung wieder. Wir tragen damit unserem Gefühl Rechnung, dass man mit einem starren Punkteschema Vergleiche forciert, die den Whiskys nicht gerecht werden. PS: Wir haben Geschmack. Unseren. Nicht Ihren. Unsere Verkostungsnotizen sind also kein richterliches Urteil, sondern unser persönlicher Eindruck.

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