Freitag, 22. November 2024, 08:23:56

Wir verkosten: Stronachie 18yo, 46%, A.D.Rattray

Einen echten, alten Stronachie hat wohl keiner von uns jemals getrunken. Diese längst geschlossene Destillerie (sie machte 1928 dicht) lag in einem Glen in den Orchil Hills an der Grenze zwischen Perth und Kinross und ist nicht einmal in den Grundmauern mehr vorhanden, und ob es davon noch mehr als eine Handvoll Flaschen gibt, darf heftigst bezweifelt werden. Stronachie wurde allerdings 2002 zumindest dem Namen nach erneut zum Leben erweckt – mit einer Abfüllung von A.D.Rattray, die in zweifacher Hinsicht bemerkenswert ist. Erstens haben A.D.Rattray und die alte Stronachie-Destillerie tatsächlich eine gemeinsame Vergangenheit, und zweitens wird diese Abfüllungslinie in der Destillerie Benrinnes hergestellt – und ist damit eine der günstigsten Möglichkeiten, an Whisky aus Benrinnes zu kommen. Denn – das gleich vorab – preiswert sind die Stronachie-Abfüllungen jedenfalls.

Stronachie1904Die gemeinsame Geschichte von A.D.Rattray und Stronachie stellt sich so dar: Damals war der Firmengründer von A.D.Rattray, Andrew Dewar, der Repräsentant von Stronachie. Tim Morrison, der heutige Inhaber von A.D.Rattray, hat in Erinnerung an diese geschäftliche Verbindung die Marke „The Stronachie“ auferstehen lassen. Nebenbei ist Morrison auch ein Nachfahre von Andrew Dewar. Und er ist auch einer der Wenigen der eine Originalflasche Stronachie Malt aus dem Jahr 1904 besitzt.

Nun also bringen A.D.Rattray eine neue 10-jährige Variante des Stronachie heraus und stellen zugleich das nächste Batch der 18-jährigen Version vor. Die 10jährige Variante löst die alte 12jährige Abfüllung ab und soll heute nicht Gegenstand unserer Betrachtung sein. Der 18yo ist der, der uns interessiert. Das erste Batch kam in der für A.D.Rattray typischen Runddose auf den Markt, nun hat das zweite Batch eine eckige Überverpackung und ist damit leicht zu unterscheiden.

Zu den Daten und Hintergründen zitieren wir die Presseaussendung der Firma Alba-Import: Stronachie ist ein Small Batch Highland Single Malt, abgefüllt aus Fässern von Benrinnes Distillery in der Speyside, wie auch auf dem Label genannt. Nachdem eine Probe aus der Originalflasche entnommen wurde, entschied man sich bei A.D.Rattray für Benrinnes Single Malt, da dieser dem Stil des historischen Stronachie sehr nahe kommt.

Das erste Batch des neuen 10-jährigen Stronachie ist ein Vatting aus 27 Bourbon Barrels und Hogsheads aus den Jahren 2002 und 2003. Der neue 18-jährige Stronachie wurde aus nur sechs ausgewählten Bourbonfässern aus dem Jahre 1995 komponiert, die in Sherry-Holz vermählt wurden.

Silvia Behrens und Bernhard Rems haben den neuen Stronachie 18yo verkostet. Das Sample wurde uns freundlicherweise von der Firma Alba Import zur Verfügung gestellt.

ADR-Stronachie-18sm

Nase: Vom ersten Riechen an sehr rund und angenehm. Honignoten, leichter Einfluss von Sherry, der eine Fruchtigkeit hinzufügt mit überreifem Pfirsich, Birne und ganz leichter Ananas. Dominant ist aber die Süße, etwas aufgefrischt von Zitrusnoten. Etwas später dann wird Vanille stärker und ein Hauch Pfeffer. Da tut sich viel in der Nase, es lässt sich nicht so leicht festnageln, changiert immer wieder. Schön und interessant.

Gaumen: Ölig, weich, süß; ein runder, greifbarer Körper. Der Honig ist jetzt sehr präsent, wieder die schwere Süße von sehr reifen Früchten hineingemischt. An der Zunge das Prickeln von Ingwer. Danach Pfeffrigkeit, etwas Zitronenzeste, aber beides nicht vordergründig, sondern in die malzige Süße verwoben.

Finish: Die Süße nimmt der Stronachie 18yo mit, das leicht Prickelnde ebenso, und beides setzt sich lange fort, ist wärmend und endet ohne Bitterkeit, vielleicht gerade ein Hauch Holz.

Alles in allem: Das Schöne am Stronachie 18 ist, dass er sich einerseits durchaus komplex, andererseits sehr verspielt zeigt. Er ist so unlangweilig, wie man sich einen Whisky nur wünschen kann, öffnet sich für eine Entdeckungsreise mit der Nase und dem Gaumen. Er bekommt von uns ein „Sehr gut“, weil er wirklich vieles bietet – und weil man sich nach dem Leeren des Glases schon darauf freut, sich ihn andertags nochmals einzuschenken. Eine sehr lobende Erwähnung verdient auch der überaus faire Preis, der ihn summa summarum eigentlich unwiderstehlich macht…

 

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