Freitag, 19. April 2024, 08:01:37

Exklusiv: Interview mit Alasdair Day, Mitbegründer & Master Distiller der Isle of Raasay Distillery

Zum Erscheinen des ersten Single Malts der Isle of Raasay Distillery haben wir ein Interview über Whisky und Destillerie geführt

In einigen Tagen wird hier in unseren Ländern die erste Abfüllung aus der Isle of Raasay Distillery im Handel zu finden sein. Die auf der gleichnamigen, östlich von Skye gelegenen Insel beheimatete bildhübsche Brennerei hat vor mehr als drei Jahren zu destillieren begonnen und jetzt mit dem Isle of Raasay Single Malt Inaugural Release ihren ersten Whisky abgefüllt. Ihm wird dann im nächsten Frühjahr der erste Whisky aus der Core Range folgen.

Wir haben diese Premiere zum Anlass genommen, mit dem Mitbegründer und Master Distiller der Brennerei, Alasdair Day, ein Interview zu führen und ihn zum ersten Single Malt und zu den Besonderheiten der Brennerei zu befragen. Das Interview können Sie untenstehend in einer deutschen Übersetzung lesen. Viel Vergnügen damit!

Alasdair Day, Mitbegründer & Master Distiller der Isle of Raasay Distillery

Whiskyexperts: Herzlichen Glückwunsch zum Erscheinen des ersten Single Malt Whiskys. Es wird noch bis Ende Oktober dauern, bis er nach Deutschland geliefert wird und wir dann die Erstausgabe des Single Malts von der Isle of Raasay Distillery probieren können. Was erwartet uns?

Alasdair Day: Unsere Erstabfüllung wurde aus 100% schottischer Gerste hergestellt, die mit Hochlandtorf (> 48 ppm) gemälzt wurde. Weil wir nur einen schmalen Cut aus den Spirit Stills verwenden, ist sie dabei im Geschmack trotzdem nur leicht getorft. 2017 destilliert, reifte der Spirit für die ersten zwei Jahre in ehemaligen Tennessee Whiskey Fässern und ein Jahr in Bordeaux-Rotweinfässern – das schenkt ihm zusätzlich süße Gewürzaromen mit dunklen Fruchtnoten. Für uns ist dieser Whisky das Verbindungsglied zwischen „While We Wait“ und unserem zukünftigen Core Range Single Malt Isle of Raasay. Insgesamt bietet der Isle of Raasay Single Malt Inaugural Release leichten aromatischen Rauch mit dunklen Früchten (wie Himbeermarmelade auf geröstetem Malzbrot).

Whiskyexperts: Was waren in der Rückschau die größten Herausforderungen auf dem Weg zu dieser Erstveröffentlichung?

Alasdair Day: Eine der größten Herausforderungen war die Schaffung eines jungen Single Malt, der Ausgewogenheit, Komplexität und Tiefe vereint und der mit jungen drei Jahren schon reif zur Veröffentlichung war. Wir haben hart gearbeitet, um diese Balance zu erreichen und dafür zuerst einen eleganten neuen New Make mit Süße, dunklen Fruchtaromen und aromatischem Rauch geschaffen. Der wurde dann in zwei sehr unterschiedlichen Fassarten (nordamerikanische und europäische Eiche) gereift, wobei durch diese unterschiedlichen Fässer Aromen aus Tennessee und Bordeaux zu ihm hinzugefügt werden.

Unser ganzer Spirit ist auf der Isle of Raasay gereift, daher mussten wir zwei zusätzliche Lagerhäuser bauen, ein Dunnage Warehouse und ein Hochlager. Unser ursprüngliches Reifungslager konnten wir so in eine Abfüllhalle umwandeln. Auch das war eine Herausforderung.

Whiskyexperts: Das Wasser stammt von einer „blassen Kuh“, für die Gärung der Maische lässt man sich mit bis zu 118 Stunden sehr lange Zeit und man produziert sowohl getorften als auch nicht getorften Spirit. Rund um die Herstellung von Whisky aus der Isle of Raasay Distillery gibt es also einige Besonderheiten. Erzählen Sie uns doch mehr darüber.

Alasdair Day: Ja, das gesamte Wasser, das wir verwenden, stammt aus unserem „Brunnen der blassweißen Kuh“ (the well of the pale white cow) vor Ort in der Brennerei. Wir verwenden dieses Wasser für den Brennprozess, zur Kühlung, für unseren Dampfkessel, zur Reduzierung des Alkoholgehalts, wenn wir den New Make ins Fass füllen und zur endgültigen Abfüllung.

Aufgrund der komplexen Geologie der Insel Raasay ist unser Wasser reich an Mineralien, insbesondere Mangan, das für die Hefeentwicklung wichtig ist. Es ist auch etwas hart, was unserem New Make Süße verleiht.

Alasdair Day: Wir fermentieren die Maische 3 bis 5 Tage, normalerweise haben wir in zwei Schichten 4 x 3-Tage-Fermentationen und 6 x 5-Tage-Fermentationen. Die fünftägigen Fermentationen bringen diesen Geschmack dunkler Früchte (wie Schwarzkirschen) hervor und ermöglichen auch die Entwicklung von Lactobacillus, wodurch die Komplexität der Aromen erhöht und mehr Säure in der Wash entwickelt wird – das Mehr an Säure wiederum ergibt eine stärkere Wechselwirkung mit dem Kupfer in der Wash Still.

Wir haben auch Kühlmanschetten an unseren Edelstahl-Washbacks, mit denen wir die maximalen Temperaturen während der Fermentation kontrollieren können. Durch das Aus- oder Einschalten können wir auch in unseren torfigen und nicht getorften Fermentationen unterschiedliche Aromen entwickeln.

Jedes Jahr brennen wir sechs Monate mit nicht getorfter Gerste und sechs Monate mit stark getorfter Gerste. Der Spirit von beiden wird getrennt gereift. Beim Vatting füllen wir die verschiedenen Spirits zusammen in einen Bottich, um entweder einen leicht getorften Single Malt zur Abfüllung zu erhalten – oder in der Zukunft Abfüllungen ohne Torf oder stark getorften Single Malts.

Wir haben auch noch eine Kühlmanschette am absteigenden Lyne-Arm unserer Wash Still. Wenn die aktiviert ist, werden die schwereren Dämpfe frühzeitig kondensiert und in die Wash zurückgeführt, woraus dann schwerere, öligere Verbindungen in den resultierenden Low Wines resultieren. Das tun wir vornehmlich beim Brennen mit getorfter Gerste und schalten es bei nicht getorfter Gerste aus – was dann bedeutet, dass unser getorfter Spirit viel viskoser und schwerer ist als unser nicht getorfter Spirit.

Außerdem haben wir einen kleinen Purifier mit sechs Platten (Kupferplatten mit bubble caps) nach der Spirit Still. Zusätzlich gibt es bei uns einen Satz von zwei Ventilen am Ende des aufsteigenden Segments des Lyne-Arms an der Spirit Still – noch kurz vor dem Kondensator. Wenn diese geöffnet sind, gehen die verschiedenen Dämpfe durch den Purifier zum Kondensator, was zu einem leichten Spirit mit einer intensiveren Note von schwarzer Johannisbeere führt. Auch hier können wir dies ein- oder ausschalten, um zwei weitere verschiedene Arten von Spirits aus den zwei verschiedenen Arten von Low Wines zu kreieren. So können mindestens vier verschiedene Arten von New Make-Spirit hergestellt werden, noch bevor der Geschmack von unseren Fässern beeinflusst wird. Momentan produzieren wir das ganze Jahr über zwei Arten von Spirits – stark getorft und nicht getorft -, aber unsere Brennerei bietet uns die Flexibilität, im Laufe der Zeit mit mindestens vier verschiedenen Charakteren von Spirits zu arbeiten, wodurch wir grundlegend verschiedene Geschmacksvariationen erzeugen können – ergänzend zu unserer Verwendung von verschiedenen Gerstensorten und Fassarten.

Whiskyexperts: Die Destillerie verwendet nur schottische Gerste, aber in Zukunft auch lokale Gerste direkt von der Isle of Raasay. Das klingt auch sehr spannend – wie viel Prozent Ihrer Produktion können mit dieser lokalen Gerste bestritten werden?

Alasdair Day: Stimmt, wir haben in den letzten drei Jahren unsere eigene Gerste auf Raasay angebaut. Damit wollten wir herausfinden, welche Gerstensorten während der sehr kurzen Vegetationsperiode (Mai bis August) auf Raasay wachsen und reifen würden. Wir haben verschiedene Sorten erfolgreich angebaut und gemälzt, zum Beispiel Bere, Iskria und Brage. Das macht aber natürlich nur einen sehr kleinen Prozentsatz unserer Gesamtproduktion ausmacht – bisher ungefähr 9 Fässer. Was auch immer wir hier lokal anbauen werden – es wird in Zukunft nur einen Bruchteil unserer Produktion ausmachen und zu ganz besonders limitierten Abfüllungen verarbeitet werden.

All unsere anderen Gerstensorten werden in verschiedenen Regionen Schottlands angebaut, von Arbikie, den Borders, Orkney und Campbeltown bis zu den traditionelleren Gebieten von Aberdeenshire, Angus und der Black Isle. Aus diesen Regionen verwenden wir auch jeweils verschiedene Sorten: Zusätzlich zu Concerto und Laureate gibt es bislang schon einmal Salome und Planet. Alle diese Sorten werden bei uns in der Brennerei separat destilliert und gereift. Wir freuen uns also darauf, nicht nur den Geschmacksunterschied diverser Gerstensorten aufzuzeigen, sondern auch die Auswirkungen der verschiedenen regionalen Wachstumsbedingungen auf den Geschmack einer jeweiligen Sorte.

Whiskyexperts: Auf Ihrer Website präsentieren Sie die Fassarten, die für den Whisky der Isle of Raasay Distillery verwendet werden. Können Sie sie uns vorstellen? Und können Sie auch etwas über die eher ungewöhnlichen Arten von Fässern sagen, wie die Ex Woodford Reserve Rye Whisky-Fässer und die frisch ausgekohlten Chinkapin Virgin Oak-Fässer?

Alasdair Day: Ja, wir verwenden sechs verschiedene Fässer für unseren Single Malt Signature Isle of Raasay, der ab Mai nächsten Jahres veröffentlicht wird. Zwei verschiedene Arten von New Make (getorft und nicht getorft) in jeweils drei verschiedenen Fasstypen. Das allgemeine Geschmacksprofil, das wir in unserem typischen Single Malt Isle of Raasay anstreben, ist ein leicht getorfter Whisky mit reichen Aromen dunkler Früchte. Jedes Fass verleiht dem gesamten Geschmacksprofil ein anderes Element, und die zwei unterschiedlichen Spirituosentypen, die in drei unterschiedlichen Fasstypen gereift und dann im Vattingbottich „verheiratet“  wurden, ermöglichen es uns, einen Single Malt herzustellen, der sowohl Komplexität als auch Tiefe aufweist.

Die Woodford Reserve Rye-Fässer bringen vor allem eine intensive würzige Note mit schwarzem Pfeffer und dann süßere Butterscotch-Noten.

Die Chinkapin-Fässer (Quercus muehlenbergii) mit ihrer hohen  Auskohlungsgrad und ihrer starken Toastung bringen einen Charakter, der weicher und süßer ist als Quercus alba mit weniger Vanille und mehr dunklen Fruchtaromen.  Es erinnert an ein amerikanisches Diner (Pfannkuchen & Sirup) – mit dem torfigen New Make erhält man dazu mehr rauchigen Speck oder BBQ-Spareribs.

Das Bordeaux-Rotweinfass bringt mehr dunkle Früchte, schwarze Trauben, Kirschen und schwarze Johannisbeeren. In Verbindung mit dem torfigen Spirit bekommt man mehr Holzrauch und eine Salzigkeit am Gaumen.

Alle sechs verschiedenen Fässer werden miteinander im Vatting vermählt, um das Gleichgewicht, die Komplexität und die Tiefe zu schaffen, die wir suchen. Im Laufe der Zeit können wir verschiedene Elemente der sechs gereiften Isle of Raasay Single Malts in unterschiedlichen Gewichtungen einsetzen, um verschiedene Abfüllungen zu erzeugen, beispielsweise einen stark getorften und einen nicht getorften Whisky – zusätzlich zu geplanten Einzelfassabfüllungen jeder der verwendeten Fasstypen im Standard Single Malt.

Außerhalb unseres Rezepts für den Single Malt in der Core Range haben wir auch eine Auswahl anderer Fässer, die mit getorftem und nicht getorftem Spirit gefüllt sind, für zukünftige Veröffentlichungen:

  • Manzanilla
  • Oloroso
  • PX
  • Four Roses Bourbon
  • Tawny Port
  • Australischenn Muskat
  • Australischen Cabernet und australischen Shiraz
  • Französische Quercus petraea Fässer
  • Französische Quercus robur Fässer
  • Ungarische Quercus petraea Fässer
  • Fässer aus Quercus humboldtii aus Kolumbien.

Whiskyexperts: Die Isle of Raasay Distillery wurde als Tourismusdestination des Jahres ausgezeichnet – was ist Ihrer Meinung nach das Besondere an der Brennerei und der Insel? Wenn Sie jemanden überzeugen müssten, warum man ihr einen Besuch abstatten sollte, was würden Sie sagen?

Alasdair Day: Die Isle of Raasay ist eine kleine zerklüftete, windgepeitschte Insel vor der Ostküste von Skye. Nur 14 Meilen lang und 3 Meilen breit ist sie so groß wie Manhattan, aber mit einer Bevölkerung von 161 bei der letzten Volkszählung. Sie bietet einige der besten Aussichten auf Skye und die Cullin-Berge.

Wir haben 20 Leute, die alle auf Raasay leben und in der Brennerei arbeiten. Einige, die auf der Insel geboren und aufgewachsen sind, waren weggezogen, sind aber zurückgekehrt, um in der Brennerei zu arbeiten.

Die Gemeinde auf Raasay hat die Brennerei sehr unterstützt und wir liefern alle unsere Restprodukte aus der Vermaischung an die örtlichen Farmer und Züchter, um ihre Schafe und Rinder zu füttern.

Wir haben für Gäste 6 Schlafzimmer mit Bad als Teil des Brennereigeländes, damit man hier übernachten, unseren Whisky entdecken und genießen kann, während man sich an der ständig wechselnden, atemberaubenden Aussicht auf Skye erfreut. Dies ist eine Erfahrung, die einen lange nach der Abreise noch als wunderbare Erinnerung begleiten wird.

Wahrscheinlich sind wir die einzige Brennerei in Schottland, in der Besucher übernachten können.

Whiskyexperts: Wie sehen die Pläne für die nahe Zukunft aus? Was können wir in naher Zeit von der Isle of Raasay Distillery erwarten?

Alasdair Day: Wie man aus dem bisher Besprochenen sehen kann, haben wir viel für die Zukunft geplant. Von der Einführung unseres Single Malt-Kernsortiments, beginnend mit unserem im Mai 2021 erscheinenden leicht getorften Signature Malt, bis zu allen anderen Projekten, mit der wir die Geschmacksvielfalt, die jetzt schon in unseren Lagerhäusern reift, präsentieren wollen – genauso wie die verschiedenen Gerstensorten und deren Unterschiede durch die Regionen, dann die Vielfalt unserer New Makes und Destillationstechniken sowie Fass- und Eichenarten: In den kommenden Jahren sind viele aufregende Whisky-Veröffentlichungen geplant.

Neben dem Whisky selbst planen wir, unser Besuchererlebnis auf der Isle of Raasay innerhalb unserer Brennerei auszubauen, um mit weiteren Übernachtungsmöglichkeiten mehr Gästen den Zugang zur Brennerei zu bieten. Die Menschen sollen diese wunderbare Insel noch mehr genießen können.

Aber jetzt einmal freuen wir uns darauf, dass alle unseren Isle of Raasay Single Malt probieren und uns auf unserer Reise durch den Geschmack begleiten können. Und wir hoffen, bald viele neue Gäste in unserer Brennerei begrüßen zu dürfen!

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