Deutschland und der deutsche Sprachraum haben eine aktive, vielfältige und interessante Whiskyszene. Persönlichkeiten in der Industrie, im Handel und unter den Whiskyfreunden haben sie geprägt und ihren Weg bestimmt.
Auf Whiskyexperts wollen wir in der kommenden Zeit in lockerer Abfolge diese Personen zu Wort kommen lassen, um so ein umfassendes Bild dieser Szene zu entwerfen. Heute sprechen wir mit Corinna Schwarz. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Dietmar Schulz leitet sie Alba Import. Als Importeur und Großhändler bringt Alba Import verschiedene Whiskymarken nach Deutschland und vertreibt sie hier exklusiv, so zum Beispiel Kilchoman oder die unabhängigen Abfüller A. D. Rattray und Wemyss.
Neben Details zu ihrem Werdegang haben wir Corinna auch zu der Arbeit eines Importeurs und Großhändlers gefragt – und wieder interessante Einblicke in eine Facette der deutschen Whiskyszene erhalten:
Whiskyexperts: Frau Schwarz, gab es so etwas wie ein Schlüsselerlebnis, das Ihre Liebe zum Whisky entfacht hat?
Corinna Schwarz: In der Tat, das gab es. Mein Ehemann Dietmar Schulz hatte damit etwas zu tun, denn er ist schon viel länger beim Whisky als ich. Aber ganz so simpel ist es nicht. Als ich vor 15 Jahren meinen ersten Single Malt getrunken habe, war mir gleich klar, dass dieses Getränk etwas Besonderes ist. Mein erster war ein Balvenie, mein zweiter ein Ardbeg. Diese Bandbreite der Aromen hat mich begeistert, genau wie die Tradition und bewegte Geschichte, für die „uisge beatha“ steht.
Ihre Lebensgeschichte bis zu diesem Moment – wollten Sie immer schon das tun, was Sie jetzt tun oder hatten Sie erwartet, dass sich Ihr Leben anders entwickelt?
Es hätte sich in viele Richtungen entwickeln können, es gibt nie nur einen „vorgezeichneten“ Weg. Ich bin ein sehr vielseitig interessierter Mensch. Aber ich habe insofern alles richtig gemacht, als dass ich selbstständig bin und unser eigenes Unternehmen leite – eine Herausforderung, die ich nicht missen möchte. Noch dazu haben mein Mann und ich eine persönliche Vorliebe erfolgreich zum Beruf gemacht.
Wie begann das mit Alba Import – und wie lief die Entwicklung des Unternehmens zu dem, was es jetzt darstellt?
Es begann schon viel früher, denn Alba Import ist nicht unsere erste Firma. Die persönliche Whiskygeschichte meines Mannes reicht fast 30 Jahre zurück. Schließlich war es eine Mischung aus guten Kontakten und Gelegenheiten, die sich bieten, wenn man zur rechten Zeit am rechten Ort ist. 2006 haben wir unsere guten Kontakte nach Schottland nutzen können und erhielten durch Empfehlung eines Freundes den Import von A.D.Rattray. Kurze Zeit später sind wir dann Anthony Wills begegnet und konnten den Newmake der gerade eröffneten Kilchoman Farmbrennerei probieren. Wir waren gelinde gesagt verblüfft ob der tollen Qualität und wollten unbedingt Teil des Kilchoman-Projektes werden.
Für „unsere“ Marken haben wir stets mit viel Engagement und Herzblut gearbeitet, sind dabei aber fair und ehrlich geblieben. Anscheinend haben wir das richtig gemacht, ist doch Alba Import stetig gewachsen und weitere Empfehlungen haben uns neue Produkte beschert.
Ich erzähle dann noch gerne die Geschichte, wie mich Donald Hart anrief. Er sagte, er hätte Gutes über Alba Import gehört und ob wir nicht seine neuen Maltman Abfüllungen importieren möchten. Ich glaubte, ich hätte mich verhört – ruft mich wirklich die Whiskylegende Donald Hart an? Nachdem ich ihm eine Weile zugehört hatte, dachte ich, ich muss nachfragen, hilft ja nichts. Also unterbrach ich ihn mit „excuse me, but are you THE Donald Hart?“ Er – sichtlich erfreut über das Erkennen – „yes indeed, THE Donald Hart!“
Bild: Corinna Schwarz und Dietmar Schulz von Alba Import
Als Importeur und Großhändler für unabhängige Whiskymarken steht man ja ein wenig zwischen den Fronten – man ist Bindeglied, muss aber wohl immer auch einen Interessensausgleich bewerkstelligen. Wie würden Sie einem Interessierten erklären, was Sie machen, warum Sie es machen und warum Sie es so machen wie Sie es machen?
Stimmt, ein Thema, dass Dietmar und ich gerade vor ein paar Tagen bewegt haben, bevor ihr diese Frage nun stellt. Dass ihr fragt, zeigt mir, dass ihr den Markt gut kennt, denn wir haben wirklich eine Art Vermittlerrolle. Als Laie könnte man meinen, dass unsere Aufgabe als Importeur einfach ist. Aber es ist kompliziert. Denn Whiskykunden, Händler und auch unsere Lieferanten haben Erwartungen, die sich nicht immer decken. Zum Glück haben wir uns nie verstecken müssen, was die Qualität unserer Produkte angeht. Sollte es einmal passieren, dass wir von einer Abfüllung nicht überzeugt sind, so kaufen wir sie nicht ein. Soviel Eigenständigkeit muss sein und für diese eigene Meinung schätzen uns viele Händlerkunden.
Ein schwierigeres Thema ist, dass es häufig von limitierten Abfüllungen nicht genug zu verkaufen gibt und wir uns um eine gerechte Verteilung im Handel bemühen müssen. Uns ist dabei stets an einer breiten Händlerkundschaft gelegen. Ein zweites schwieriges Thema ist die Preisgestaltung. Wir mahnen stets gen Schottland die Preisentwicklung der letzten Jahre an und uns ist weder an Preisdumping bei ständig verfügbaren Artikeln noch an überzogenen Gewinnen bei seltenen Abfüllungen gelegen. Wir versuchen da im Sinne des Verbrauchers zu agieren, dem ja nicht damit geholfen ist, wenn er „Machir Bay“ 3,– EUR günstiger kaufen kann und dann für „Loch Gorm“ einen völlig überzogenen Preis bezahlen soll.
Sehr wichtig ist für uns immer ein partnerschaftlicher Kontakt sowohl zum Lieferanten als auch zum Händlerkunden. Darüber hinaus versuchen wir zu allen Produkten möglichst profunde und transparente Informationen zu liefern sowie den direkten Kontakt zum Whiskykonsumenten (z.B. auf Messen) zu pflegen.
Was wollten Sie einem Whiskyliebhaber aus Ihrer Position als Importeur immer schon mal sagen, was vielleicht seine Sicht auf Whisky verändern oder vertiefen könnte, weil er es vielleicht aus diesem Blickwinkel noch nicht gesehen hat?
Zunächst einmal – ich bin selber Whiskyliebhaber und bei aller Professionalität immer geblieben! Ich spreche also gerne von Whiskyliebhaber (der zufällig auch Importeur ist) zu Whiskyliebhaber ;-). Ich möchte sagen, verliert bitte nicht den Blick für die Vielfalt und bewahrt Euch die Neugierde! Manchmal ist es fast schockierend, wie viele Genießer anscheinend immer nur in eine Geschmacksrichtung tendieren, besonders zu Islay und zu schwer sherrytönigen Abfüllungen, und andere Stile fast schon verächtlich abtun. Ich frage mich, warum nicht mal häufiger links und rechts schauen, auch mal Speyside, auch mal schönes Bourbon Fass? Mir persönlich schmeckt nicht immer der gleiche Whisky, für mich gibt es verschiedene Drams für verschiedene Stimmungen.
Mein Plädoyer gilt auch dem jugendlichen und lebendigen Whisky. Wer nur alte Tropfen trinkt, der verpasst so manches Whiskyerlebnis. Und schließlich meinen viele, dass Einzelfassabfüllungen das Nonplusultra sind und am liebsten noch in Fassstärke. Lasst Euch nicht blenden 🙂 – eine Einzelfassabfüllung kann überragend sein, aber auch unterdurchschnittlich, das hängt nun mal maßgeblich vom jeweiligen Fass ab. Und beides wird angeboten und beides trägt den Namen „Single Cask Bottling“. Ich persönlich habe als Importeur beim Verkosten von Samples häufig die Erfahrung gemacht, dass „Small Batch Bottlings“ der Einzelfassabfüllung einiges an Komplexität voraus haben können. Also ein Lob auf die gut komponierte „Small Batch“ Abfüllung. Und ein Hoch auf den simplen und unkomplizierten „every day dram“. Beruflich muss ich Whisky förmlich „sezieren“, privat als Whiskyliebhaberin versuche ich, mir den Spaß und den Genuss daran zu wahren!
Nach welchen Kriterien wählt man eigentlich seine Produzenten für den Großhandel? Ist man dabei tatsächlich wählerisch oder würfelt einem da das Schicksal zusammen?
Beides – der Zufall hat natürlich auch die Hand im Spiel. Wir sind in der Tat wählerisch und keine „Markensammler“. Der Fokus in unserem Portfolio liegt auf unabhängigen Produzenten und Abfüllern. Unser Motto und Logo ist „Vibrant Stills“ – also dynamische und lebendige Marken. Dieser Ruf hat uns nun auch den Import des neuen Wolfburn Single Malt aus Thurso beschert, den wir gerne angenommen haben, da er erstens ein toller Northern-Highlander ist und zweitens zu uns passt. Wichtig war für uns immer, hinter der Marke zu stehen, sich also nicht „verbiegen“ müssen, dabei fair zu bleiben und niemandem anders eine Marke abzuwerben.
Wir haben diverse Import-Angebote abgelehnt, besonders dann, wenn wir dachten, dass wir nicht der ideale Partner sind. Das war zum Beispiel der Fall wenn uns der Whisky zu exotisch war oder es zu Überschneidungen mit unserem bestehenden Sortiment kam. Auch da wollten wir fair sein.
Was sind für Sie die markantesten Veränderungen im Whisky-Business in den letzten fünf Jahren? Wie sehen Sie diese, und was glauben Sie, wohin werden diese Veränderungen führen?
Ja, es gibt viele Veränderungen, die Entwicklung ist rasant und nicht ausschließlich positiv…. Ich begrüße es sehr, dass allerorts neue unabhängige Brennereien gebaut werden. Sie sprechen für den Unternehmergeist, der in der Whiskybranche herrscht und sie werden hoffentlich unter den alt-eingesessenen Konzernen munter „mitmischen“. Natürlich sehe ich auch, dass sich nicht alle gleichermaßen etablieren können, dazu sind es zu viele. Köpfchen und Strategie ist gefragt. Jedenfalls werden diese mittelständischen Brennereien dafür sorgen, dass die Whiskylandschaft nicht langweilig wird.
Zweitens ist da die Entwicklung zu NAS (non-age-statement) Whisky. Das ist für mich nicht schlimm, solange er in guten Fässern gelagert wurde. Und das macht es für junge Brennereien leichter.
Mit größerer Sorge sehe ich die Verknappung von älterer Whiskys und deren Preisentwicklung. Ich glaube auch, dass uns in Europa Märkte wie Russland und Fernost schaden, wo Whisky teuer sein muss, damit er als gut gilt. Wohin soll das führen? Schließlich gibt es nicht nur Reiche und ich befürchte, dass das Wachstum des europäischen Whiskymarktes stagnieren könnte. Viel ist zudem der negativen Entwicklung des EURO geschuldet…
Welche Entwicklung würden Sie gerne zurückdrehen oder aufhalten können und warum?
Siehe das obige Thema Preisentwicklung. Und den Trend „Whisky als Geldanlage“, der momentan sehr strapaziert wird. Neulich wieder ein Bericht auf N24 telebörse über Whisky als alternatives Investment. Dazu stehe ich sehr zwiespältig. Hier sehe ich nur noch mehr die Gefahr, dass die Preisspirale sich schneller dreht. So stört mich denn auch der große Sekundärhandel, der in den letzten Jahren entstanden ist. Bei ebay und sonstwo. Wenn dort seltene Abfüllungen zu horrenden Preisen auftauchen, bereitet mir das Unbehagen, zeigt es doch den Produzenten, was man von vornherein verlangen kann! Sammeln um später zu trinken oder Raritätentastings zu veranstalten, finde ich eine gute Sache, aber nicht als Geldanlage.
Welche Neuerscheinung in diesem Jahr hat Sie bislang am meisten begeistert? Und auf der anderen Seite des Spektrums: Gibt es einen Whisky, bei dem Sie sich gewünscht hätten, er wäre im Fass geblieben?
Sorry, wenn ich hier nichts Fremdes beisteuern kann. Ich finde so wenig Gelegenheit, mich noch durch die breite Whiskylandschaft zu probieren. Betriebsblindheit aus Zeitmangel :-). Der HYDE Irish Single Malt war für mich ein AHA-Erlebnis. Selten habe ich so sherry-tönigen würzig-kräftigen irischen Malt getrunken. Gleich gefolgt von unserem Armorik „Breton Oak pour Allemagne“. Armorik Single Malt gelagert in frischer bretonischer Eiche, ein Fass, das wir selbst ausgewählt haben.
Und zu guter Letzt: Wären Sie ein Whisky, welcher wäre das und warum?
Ich kenne die Frage eher als „wenn Sie ein Tier wären, welches Tier wären Sie dann“. Aber sei’s drum, schließlich spricht man ja auch beim Whisky von einem Charakter… Also ich bin facettenreich, mit vielen Gesichtern. Und ich bin ein Nordlicht, ich liebe das Meer. Ich könnte wohl ein Northern Highlander sein, ein Pulteney oder Clynelish. Beides Destillen, die ich sehr schätze. Ach nein – jetzt natürlich ein Wolfburn 🙂
Liebe Frau Schwarz, danke für das Interview.
Unser Whiskyszene-Interview mit Horst Lüning von Whisky.de können Sie hier nachlesen.