Glen Garioch, manchmal auch unter dem Namen Old Meldrum zu finden, ist eine der etwas weniger bekannten Destillerien Schottlands, gelegen in – richtig geraten – Oldmeldrum [sic!] oder einfach Meldrum, Aberdeenshire.
Somit den Eastern Highlands zuzurechnen, ist Glen Garioch eine der wenigen noch aktiven Brennereien, die bereits im 18. Jahrhundert gegründet wurden. Von 1968 bis 1973 sowie zwischen 1995 und 1997 kurzfristig stillgelegt, spielte die Destillerie die Vorreiterrolle bei der Umstellung auf Gasbefeuerung der Brennblasen, viele andere sollten folgen.
Seit der Übernahme Morrison Bowmores durch Suntory meinen vielen Malt-Enthusiasten, der Charakter des Whiskys hätte sich deutlich geändert und an peaty Noten verloren.
Im Zuge einer Reihe von Verkostungen, deren Fokus auf Standardabfüllungen liegen soll – quasi back to basics – soll hier der Glen Garioch 12y beleuchtet werden, der zusammen mit der 1797 Founder’s Reserve die core range bildet, beide übrigens mit dem leicht ungewöhnlichen Alkoholgehalt von 48% vol.
Glen Garioch 12y, 48% vol.
Nase: malzig, getreidig, mit Vanille und Zitrus beginnt der Whisky seinen Auftritt, Limettenzeste, grünliche Noten, frische saftige Töne von Blütenhonig, langsam beginnt sich eine sanfte Rauchnote einzustellen, gesalzene Mandeln, spicy pfeffrig, Muskatnuss und Zimt, weniger süßlich lieblich als eher straff, mit einer kribbelnden, vibrierenden Würze, eine aromatische verspielte Nase, die hin und her wiegt, impulsiv, ein frisches Spiel aus frischen, grünlich grasigen Akzenten, mit blumig floraler Anmutung, aber dahinter lauert ein klein wenig Rauch, gerade um etwas Komplexität aufkeimen zu lassen, Himbeeren und Erdbeeren klingen nach, Kräuter, Heublumen und Erinnerungen an eine frische Almwiese
Gaumen: extrem vollmundig, die alkoholischen Umdrehungen machen sich bezahlt, aber nie negativ bemerkbar, samtig, richtig ölig, füllt den Mundraum mit Wärme und Wohlwollen, wieder Vanille, nussig, eine feine Süße balanciert die Würze von schwarzem Pfeffer und Oliven, wieder frische Zitruszesten, Limecordial, Haselnuss diesmal, und die malzig getreidige Jugendlichkeit darf auch mitspielen, etwas Möbelpolitur, fruchtig, Weintrauben
Finish: ein Malt der sehr dicht liegen bleibt, lange zieht sich das Finish von Würze, getreidigen Noten, Balsamico, Pfeffer, Nelkenpfeffer, Zimtrinde, Macis, eine zitronige Vanillenote, später entwickeln sich auch noch Holunderblüte, zuerst grüner Apfel, dann kommt aber etwas Süße und mit einem Hauch von reifem roten Apfel schließt der Whisky
Alles in allem: ein sehr fein gezeichneter Single Malt, dem trotz seiner Jugendlichkeit ein schönes Spiel der verwendeten Bourbon und Sherry Casks anzumerken ist. Viel Druck in der Nase und am Gaumen lassen Großes erwarten, nicht ganz kann alles erfüllt werden, was man versprochen bekommt oder erhofft. Dennoch ein sehr runder, stimmiger Whisky der mit seiner – typisch Eastern Highland – Komplexität eine wunderbare Alternative zu vielen Speysidern bietet und einige Kollegen klar in die Schranken weist.
Verkoster: Reinhard Pohorec arbeitet zur Zeit als Bartender in London und beschreibt sich selbst als leidenschaftlicher Whiskygenießer. Er hat sich in seinem Berufsfeld auf den Purbereich und Whiskys spezialisiert und ist für whiskyexperts als freier Kolumnist tätig.