Wir freuen uns sehr, Ihnen heute einen interessanten Artikel über einen Besuch in der Hammerschmiede, der Heimat des Glen Els Whiskys, präsentieren zu können. Er stammt aus der Feder von Dirk Lunken und wurde auf seiner Facebookseite Maltkanzlei veröffentlicht. Die Maltkanzlei beschäftigt sich mit vielen interessanten Themen rund um Whisky, bringt Tasting Notes und Reiseberichte – so wie jenen über Glen Els, den wir mit freundlicher Erlaubnis als Gastbeitrag veröffentlichen:
Glen Els 2017 – ein Besuch bei der Hammerschmiede
Dieses Jahr war für die Feis Ile leider aus verschiedenen Gründen kein Raum. Zum einen wäre es mit der Familie nicht verhandelbar gewesen, zum anderen wäre auch ein längerer Urlaub derzeit dienstlich nicht umsetzbar gewesen.
Also den Brückentag und das herrliche Wetter für eine spantane Stoppvisite mit der Family in den Harz genutzt. Das Gute ist, da meine Jungs die Hammerschmiede kennen und wissen, dass es ihnen dort Spaß macht und es viel Interessantes zu sehen gibt, ist die Brennerei traditionell ein fester Bestandteil unserer Touren in den Harz.
Ich bin neugierig. Inzwischen ist der Umbau der Brennerei weitestgehend abgeschlossen und selbst die Touren sind geändert worden. Klingt spannend. Optisch jedenfalls ist es wirklich toll geworden, soviel einfach mal vorweg.
Der Parkplatz der Hammerschmiede ist schon kurz nach 10:00 Uhr prall gefüllt. Die Segnungen des Brückentags. Ich sehe eine lange Kolonne Biker, die wohl das gute Wetter für eine gemeinsame Ausfahrt genutzt haben und nun schwer bepackt und glücklich grinsend aus dem Distillery Shop strömen. Das Team bleibt trotz des Andrangs locker und entspannt, wie man sie kennt. Die Biker erweisen sich als ausgesprochen nett und lassen mich noch kurz ein Bild des Verkaufsraums schießen. Zeitlich passt dann alles perfekt. Wir haben uns für die neue BOUTIQUE DISTILLERY TOUR entschieden, bei der für eine kleine Gruppe von interessierten Teilnehmern ein vertiefter Einblick in das Brennverfahren, die Manufaktur bzw. das Abfüllen/Verpacken und das Fassmanagement geboten werden. Achtung! Vorab buchen, damit es keine bösen Überraschungen gibt. Nach einer gründlichen Einführung in die Basisbegriffe des Whiskys, wie Single Malt, Single Cask etc., wird ein wenig zur Geschichte der Hammerschmiede selbst erklärt. Im Anschluss übernimmt Alexander Buchholz im Stillroom. Von da an geht die eigentliche Kernführung los. Die Gruppe ist äußerst interessiert und auch recht gut vorinformiert. Es hagelt förmlich Fragen. Viele Details zum Destillationsverfahren und zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Brennereien in Schottland und solchen in Deutschland werden ausgiebig diskutiert.
Währenddessen gibt es den neuen New Make zu verkosten. Der Feinbrand bei Glen Els kommt mit 71.8% ABV aus der Spirit Still. In die Fässer geht er dann mit 60%. Natürlich drängt sich die Frage geradezu auf, warum nicht mit jenen allgegenwärtigen 63.5% ABV abgefüllt wird, wie das in Schottland traditionell die Regel ist. Alexander verweist auf die unterschiedlichen Reifungsprozesse und -dauern. Ein Lösen ungewollter Stoffe aus dem Fassholz soll unbedingt vermieden werden. Okay, leuchtet erstmal ein, klingt vertraut. 25.000 Liter New Make, also nicht etwa Alkohol, produziert Glen Els mit der erweiterten Anlage jährlich. Sehr wenig. Viel, viel weniger als die schottischen Brennereien im Schnitt produzieren und auch weit weniger als die Nachfrage nach dem Whisky aus dem
Harz. Trotzdem ist man sehr zufrieden mit dem Ausstoß und dem Absatz. Qualität geht vor Quantität. Man möchte Herr des Verfahrens bleiben. Glen Els soll eine reine Fachhandelsmarke bleiben.
Während Alexander geduldig weiter Fragen beantwortet, werden die Holzöfen unter den gerade arbeitenden und indirekt (Wasserbad) erhitzten Wash Stills kontinuierlich durch einen Mitarbeiter mit Holzscheiten befüllt. Wir alle schwitzen, obwohl wir nur rumstehen. Die Wash Stills strahlen eine extreme Wärme in den von der Sonne ohnehin bereits aufgeheizten Raum ab. Wir nähern uns so langsam der Sommerpause, erfahren wir. Es wird einfach zu warm zum Brennen. Das ist im kühleren Schottland ja auch nicht anders. Der Kühlprozess wird zu aufwendig und kostenintensiv, die Arbeit schlicht zu schweißtreibend. Aber der heute in unserer Gegenwart destillierte Rohbrand wird in jedem Falle noch vor der Silent Season in die Spirit Still gehen. Im Detail erläutert Alexander alle Schritte des Produktionsprozesses und erklärt die Unterschiede zwischen alter und neuen Brennblasen. Während der Erklärungen werden Gläschen/Phiolen mit den Ergebnissen der verschiedenen Produktionsschritte zum Verriechen herumgereicht. Von den Foreshots mit ihren giftigen Methanolanteilen und einem “Schein”-Alkoholgehalt von 81% ABV über das eigentliche Herzstück des Prozesses, bis hin zu den Tails und ganz zuletzt den Feints, die über ein Verrieselungsfeld unter Zollaufsicht entsorgt werden. Das Herzstück oder auch Hauptlauf genannt, eben der neue New Make, wird sodann in unserer Gruppe verkostet und kommt allgemein ausgesprochen gut an. Mit 71,8% ABV wirkt er äußerst fruchtig und nussig und zeigt ein angenehmes, schon recht breit gefächertes Geschmacksprofil. Könnte man auch gleich so verkaufen, ist die einheitliche Meinung der Gruppe. Fehlnoten hat er jedenfalls keine. Wenn man an dieser Stelle unbedingt mit den Schotten vergleichen möchte, liegen die Highlandbrennereien geschmacklich wohl am nächsten. Muss ich unbedingt mal gegeinander verkosten. Balblair oder auch Tullinardine gegen Glen Els New Make. Gut 20-25 Minuten an Vor- und Mischlauf gehen bei der Destillation in Zorge zeitlich übrigens regelmäßig ins Land, bis der Hauptlauf folgt. Interessant übrigens auch der rauchige New Make. Rauchmalz verändert den Charakter des Destillats völlig. Das Rauchmalz (Alrik!) lässt ihn weniger intensiv in der Nase erscheinen als den regulären New Make. Nicht torfig, natürlich, sondern eben rauchig. Kaltes Lagerfeuer, Speck und Räucherwurst, das sind die Assoziationen, die in den Raum gerufen werden. Sehr schön!
Kurzer Blick rüber in den Bereich “Manufaktur”, wo zwei der Beschäftigten gerade dabei sind, in Handarbeit Miniaturen zu verpacken. Bei Glen Els wird an Großflaschen alles ausnahmslos handgefüllt, handverschlossen, handetikettiert und handgesiegelt. Sicher nicht der effizienteste Produktionsprozess, den man sich vorstellen kann. Aber jede Flasche wandert so durch mehrere Hände. Ein durchlaufender Fehler wird ausgesprochen unwahrscheinlich. Im übrigen aus meiner Sicht in einer wirtschaftlich tedenziell eher schwächeren Region eine gute Sache. Zumal der Prozess für das gesamte Sortiment der Hammerschmiede gilt, nicht nur für den Whisky, rund 56.000 Flaschen pro Jahr all-in-all.
Wir gehen weiter, rüber ins oberirdische Fasslager. Eines von 3 Lagern, die Glen Els unterhält, 500 Fässer sind es insgesamt mittlerweile, die so gelagert werden. Wenn man an die Zehntausenden Fässer selbst kleinerer oder mitelgroßer Brennereien in Schottland denkt, muss man unwillkürlich schmunzeln.
Weiter geht es mit dem Fassmanagement. 100-150 Fässer für Whisky kommen jedes Jahr neu rein. Alles unterliegt der 100% Kontrolle. Auch wenn die Fässer bei GE zumeist nur einmal, nämlich als First Fill genutzt werden. Refillfässer bilden bislang die Ausnahme. Gekennzeichnet sind letztere durch vollfarbige, weiße oder schwarze Fassböden. Zuckercouleur kommt natürlich nicht zum Einsatz. Klar, bei First Fill und Single Casks bzw. kleinen Batches auch nicht wirklich erforderlich. Wir hören einiges über die Reifungseigenschaften verschiedener Fasstypen sowie über unterschiedliche Eichenarten, von der Stileiche üer die Traubeneiche bis hin zur ungarischen Schwarzeiche wird alles im Detail erklärt. Wir erfahren auch, warum “Alter” also die Reifezeit in Deutschland und in Schottand sich signifikant unterscheiden. Das Thema Angels’ Share fasziniert die Gruppe besonders, nicht erst, seitdem Alexander erklärt hat, der gute Stoff müsse nunmal verdunsten, um zu reifen. Große Augen in der Runde, als er konkret ausführt, dass der Angels’ Share bei einem Blood Tub, mit 35 Litern das extreme untere Ende der kleineren Fasstypen, im Harz 18%/Jahr und mehr ausmachen könne. Ob denn der Zoll das akzeptiert, möchte jemand wissen. Akzeptieren tue er per se 3%, heißt es. Alles andere hänge prinzipiell von der Erfahrung und Gesprächsbereitschaft der zuständigen Zollbeamten ab. Neben den reinen Produktionsdaten werden auch eine ganze Reihe wirtschaftlicher Details gefragt und erklärt. Welche Fässer lagern denn eigentlich bei Glen Els? Im Wesentlichen Süßwein- und Sherryfässer, wobei die PX Traube, aufgrund der persönlichen Präferenz, beim Sherry den Löwenanteil ausmacht. Die erworbenen Fässer werden einer 100%-Kontrolle unterzogen. Die Kosten für ein sehr gutes First Fill Sherryfass werden mit aktuell 1.200-1.800 EUR angegeben, ein gutes Bourbonfass, der Name Heaven Hill fällt, mit gerade einem Zehntel dieses Wertes…
Im Anschluss geht es bestens gelaunt in die Verkostung. Ich suche mir die drei neuen Weinlagerungen aus. Amarone, Banyuls und Rivesaltes. Tip: wer es, so wie ich, fruchtig mag, der sollte sich den Amarone nicht entgehen lassen. Danach der grandiose Handfilled und obendrauf ein Alrik Ostara. Gut, dass die bessere Hälfte fährt.
Fazit: Wieder mal ein toller und sehr informativer Vormittag in der Hammerschmiede. Ich hatte unseren Großvater im Schlepptau, der früher einige Jahre in Zorge gelebt hat und dieses Jahr, wenn alles planmäßig läuft, seinen 90. Geburtstag feiert. Kommentar: “Richtig toll machen die das hier. Spitze! Muss man wirklich mal gesehen haben!” Treffender könnte ich es nicht sagen.
SLÀINTE aus der #Maltkanzlei