Anfang Mai begeht die auf historischen Grund entstandene Lindores Abbey Distillery die „Burning of the Bear Ceremony„, eine Tradition, die von der McKenzie Familie vor 50 Jahren ins Leben gerufen und jetzt von der Destillerie übernommen wurde. Fassbesitzer und Mitglieder des Vereins zur Pflege der Abbeyruine sind dazu eingeladen.
Zwei der geladenen Gäste waren auch Stefan Bügler und Nicole Krohn aus Hamburg, die dort fotografierten und ihre Eindrücke zu einem lesenswerten Reisebericht zusammenstellten. Stefan Bügler stellte uns seinen Text und seine Bilder sowie die Bilder von Nicole Krohn zum Publizieren für unsere Leser zur Verfügung – wofür wir uns sehr herzlich bedanken.
Kommen Sie also mit auf eine Reise an den Ursprungsort des schottischen Whiskys:
Burning of the Bear Ceremony, Lindores Abbey, am 4. Mai 2019
Text: Stefan Bügler
Zwischen Perth und Dundee, auf der Südseite des River Tay am Ortsende von Newburgh liegt die Lindores Abbey Distillery. Der Ort an dem sie steht, gilt als Wiege des schottischen Whiskys und Heimat von Friar John Cor, der 1494 die Genehmigung bekam, „8 bolls of malt“ für den König zu destillieren.
Die sichtbaren Überreste des ehemaligen Tironenser Klosters befinden sich nördlich der Abbey Road, die gleichzeitig die Highland-Lowland Line darstellt. Auf der anderen Straßenseite in den Lowlands liegt die Destillerie, die seit dem 20. Dezember 2017 ihren New Make Spirit produziert.
Am letzten Wochenende fand die traditionelle „Burning of the Bear Ceremony“ statt. Das Symbol des „Bären mit Stab“ geht über 1000 Jahre auf den Earl of Warwick zurück. Es steht im weitesten Sinn für Mut und findet in Großbritannien immer wieder Verwendung.
Im besonderen Fall von Lindores geht die Tradition auf den „bear stone“ zurück, der im Haus des Klosterabtes vermauert war. Vor rund 50 Jahren ließ die McKenzie Familie – heute Eigentümer der Destillerie – das Logo eines Bären mit Stab in einen Hügel unweit der Klosterruine pflügen und nutzte dessen Entzündung als Höhepunkt von Festivitäten, die u.a. Theaterstücke und historische Umzüge beinhalteten.
Die Tradition wurde nun von der Destillerie übernommen. Sie ist der jährliche Anlass, Mitglieder des Fördervereins zur Erhaltung und Pflege der Abbeyruine und Lindores Fassbesitzer einzuladen, um die Rückkehr der Destillation an diesen geschichtsträchtigen Ort zu feiern.
Natürlich ist der Bär auch im Lindores Logo verewigt.
Der Abend startete mit einem Warehouse Tasting. Destillerie Manager Gary Haggart, der in gleicher Funktion bei Cragganmore wirkte, stellte Lindores Mitarbeiter aus Produktion, Marketing und Sales vor, die als persönliche Paten für die jeweiligen Fassproben eines Lindores Spirit fungierten.
Schnell entwickelten sich Gespräche unter den Gästen und mit den Lindores Mitarbeitern. Viele zeigten sich sehr beeindruckt, dass der sehr volle, cremige und fruchtige Lindores New Make in der kurzen Lagerzeit über alle Proben hinweg schon eine sehr bemerkenswerte Reife und Geschmack erlangt hat.
Es wurden 7,5 bis 14,5 Monate alte Proben aus folgenden Fassarten ausgeschenkt:
- Virgin Oak very strong char (die Eiche stammt aus Tiron, dem Ort, aus dem der Mönchsorden stammte, der Lindores Abbey gründete)
- 1st fill American Standard Barrel (Old Forrester)
- zwei Refill Quarter Casks (Vorbefüllung jeweils peated und unpeated)
- Re-charred Red Wine Cask
- Monbazillac Cask (französischer Süßwein)
- 2nd fill Sherry Hogshead
- 1st fill Oloroso Sherry Butt
Dann wurde es Zeit für die Rede des Destillerie Inhabers Drew McKenzie-Smith. Im Stillhouse schilderte er sehr emotional den Weg von der ersten Idee an dieser historischen Stelle wieder Whisky zu produzieren bis hin zu diesem Samstagabend. Das große Spotlight schien dabei auf den leider zu früh verstorbenen Whiskyexperten Dr. James Swan, der sehr großen Anteil und Einfluss auf die Gestaltung des Produktionsprozesses bei Lindores hatte. Ihm zu Ehren wurde dann auf viele kommende Jahre Whiskyproduktion mit einer Fassprobe aus einem STR-Cask (Shaved, Toasted, Re-Charred Wine Cask) angestoßen, eine Fassart, die Dr. Swan entwickelt hat. Slàinthe Mhaht!
Es legte sich nun langsam die Dämmerung über die Destillerie und den nahen River Tay. Die mittlerweile zahlreichen Besucher, die vor allem aus den umliegenden Ortschaften zu diesem traditionellen Fest strömten, versammelten sich auf der anderen Straßenseite in den „Highlands“, auf dem Gelände der alten Abbey und verfolgten die Entzündung des Bären auf dem nahen Hügel.
In vielen Gesprächen bei Burgern und Getränken zeigte sich die Verbundenheit der Einwohner mit dieser Tradition, die sie schon als Kinder erlebt hatten. Umso größer ist die Freude, dass sich im Ort die Lindores Abbey Destillerie etabliert hat, als wichtiger wirtschaftlicher und sozialer Faktor in der Region. Das wurde bis spät in die Nacht gefeiert.
Mein persönlicher perfekter Ausklang des Abends in der Bar von Lindores, einer Partner-Bar der Scotch Malt Whisky Society, war ein letztes Dram aus dem STR Cask, das sich gegen die Whiskies in der Bar schon behaupten konnte.
Mit dem immer noch brennenden Bären auf dem Hügel im Blick ging ich mit der Gewissheit in die Nacht, dass bei Lindores Abbey sehr viele interessante Abfüllungen für den Whiskyfan heranreifen und irgendwo Friar John Cor und Dr. James Swan ganz sicher zufrieden lächeln.