Dass sich Bourbon immer größerer Beliebtheit auch in unseren Regionen erfreut, merken wir von Whiskyexperts auch an den ständig steigenden Zugriffszahlen auf Artikel zu diesem Thema. Leider ist es im deutschen Sprachraum noch immer etwas schwierig, an etwas ausgefallenere Abfüllungen zu gelangen.
Zumindest für Wien und für einen Abend gab es allerdings Abhilfe: Die EBRA veranstaltete am Samstag in der österreichischen Hauptstadt ein ganz besonderes Bourbon und Rye – Tasting, bei dem wir von Whiskyexperts ebenfalls anwesend waren.
Wer ist nun die EBRA? Hier ein Zitat von der Website des Vereins:
Die European Bourbon and Rye Association, kurz EBRA, ist ein Verein nach Schweizer Recht und hat als Ziel amerikanische Whiskeys bekannter zu machen und eine Plattform für Liebhaber dieser Whiskeys zu bilden. Der Verein organisiert für seine Mitglieder und neugierige Gäste mehrere internationale Tastings im Jahr.
Das Tasting startete um 19 Uhr im 5. Wiener Gemeindebezirk, wie auf dieser Einladung angekündigt:
Verkostet wurden neun Abfüllungen, darunter auch Spezialabfüllungen der EBRA und alle durchaus kräftige Vertreter ihrer Gattung (nur zwei davon waren unter 50%). Damit konnte man einen sehr schönen Überblick über handwerklich herausragende Vertreter amerikanischen Whiskeys gewinnen. Zuvor konnte man sich noch bei ausgezeichnetem Essen für das Kommende stärken.
Nach einem Bulleit Bourbon als Einstieg, der mithalf, die Sinne auf die geschmackliche Intensität des amerikanischen Whiskeys vorzubereiten, ging es gleich in medias res:
Der zehnjährige Bulleit, der mittelfristig auch nach Europa kommen soll, gefiel als rundere und dichtere Ausgabe des normalen Bulleit. Lediglich im Finish wirkte er eine Spur zu alkoholisch.
Der Larceny 92 Proof vermittelte den Eindruck des heftigen alkoholischen Abgangs noch deutlicher – bis dahin konnte er aber mit Weichheit und Honignoten punkten.
Der Wild Turkey, der speziell für EBRA abgefüllt wurde, zeigte die alte Charakteristik von Wild Turkey mit mehr Holz und viel Süße sowie einem schönen, langen Abgang. In der Nase begann er mit Pappkarton und Champignons, zeigte dann aber rasch deutliche Süße.
Weiter ging es zu Whiskey Nummer vier:
Fast bei allen Teilnehmern des Tastings unter den Top 3: Der Maker’s Mark Cask Strength. Ein komplexer, ständig changierender Whiskey mit fruchtigen Noten wie Marille oder Papaya, dazu angenehme Süße durch den Weizen und einem tollen Finish.
Der Knob Creek Single Barrel mit 60% war eigentlich vornehmlich eine laute und ungestüme Variante des normalen Knob Creek, ohne diesem Neues hinzuzufügen.
Aus der George Dickel Distillery stammte der Tennessee Whiskey, der extra für die EBRA abgefüllt wurde. In der Nase gebuttertes Popcorn, am Gaumen Pfirsich und ein wunderbar sanftes, aber langes Finish – dieser Whiskey wusste durch seine Andersartigkeit zu begeistern und zählte bei viele Gästen zu den Lieblingen des Abends.
Der nächste Whiskey war eine ausgesprochene Rarität und so nirgendwo im Handel zu beziehen: Ein sechsjähriger Corn Whiskey (99% Mais, 1% Gerste) aus Indiana. Extreme Süße am Gaumen und ein sehr langes, speicheltreibendes Finish kennzeichneten ihn – die 67.25% Alkohol konnte man eigentlich nur an diesem wirklich bemerken. Er ruht übrigens nach wie vor im Fass und wird wohl erst in ca. 2 Jahren endgültig abgefüllt.
An ihm scheiden sich die Geister: Für manche ist der Elijah Craig Barrel Proof (im Tasting das Batch mit 68.5%) nur mehr holzig, für andere der Inbegriff des Bourbon-Geschmacks. Auch bei ihm war der Alkohol gut eingebunden.
Ein würdiger Abschluss des Abends war der im Weinfass nachgereifte Corn-Whiskey, ebenfalls eine EBRA-Abfüllung. Eine harmonische Komposition süßer Geschmäcker, ein Dessert zum Abschluss und bei den meisten Teilnehmern an Platz 1 gereiht.
Die Verkostung endete erst knapp nach Mitternacht, und sie hat gezeigt, wie viel Vielfalt und Qualität im Bourbon steckt. Die EBRA hat diese Vielfalt als Botschafter nach Wien gebracht (und bringt sie auch in andere Nachbarländer) – wir wollen auf jeden Fall beim nächsten EBRA-Tasting in unserer Nähe wieder dabei sein und Neues aus den USA entdecken.