Sonntag, 22. Dezember 2024, 07:00:13

Whisky aus dem Supermarkt – geht das?

Kann man sich als Einsteiger mit schmaler Brieftasche und nur einem Supermarkt in der Nähe in Sachen Single Malts eigentlich einen Überblick über die verschiedenen Ausprägungen des Whiskys verschaffen, ohne dabei auf einen Mindestanspruch an Qualität verzichten zu müssen?

 

weinweltIch habe mir einmal für Österreich die Produkte der Spar Weinwelt (zu beziehen über viele Interspar-Filialen oder den Webshop (http://www.weinwelt.at) vorgenommen und versucht, typische Whiskys mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen zu finden, die man Neulingen durchaus empfehlen kann und die die Brieftasche dabei möglichst wenig belasten. Für Deutschland sind alle Empfehlungen ebenfalls in der Spar Weinwelt beziehbar (Lieferkosten nach Deutschland für drei Flaschen knapp unter 10 Euro), aber da es sich bei allen Abfüllungen um Standardware handelt, sollten sie auch in jedem Fachgeschäft auffindbar sein. In die Schweiz kann keine Lieferung erfolgen, da muss man sich mit lokalen Geschäften behelfen.

Und siehe da: Ein Einsteiger-Sortiment ist dort eigentlich ganz gut zusammenstellbar. Natürlich finden wir uns mit den Whiskys nicht auf höchstem Niveau, aber ebenso wenig navigieren wir damit in jenen Gefilden herum, wo man schon beide Augen zudrücken muss, um zur Flasche zu greifen.

Schauen wir uns also einmal ein Bouquet an, das sich dort erstellen lässt.

Für einen sherrylastigen Whisky könnten wir entweder den Glendronach 12y (€ 24,99) oder (etwas teurer) den Glenfarclas 15y (€ 44,99) wählen. Beide stammen aus guten Destillerien, die sich entweder wie Glenfarclas in privater Hand befinden oder wie Glendronach von einer kleinen Gruppe Enthusiasten, die auch BenRiach betreiben, geführt werden. In diesen Whiskys überwiegen die fruchtigen Sherrynoten, da beide in ehemaligen Sherryfässern gelagert wurden. Sie sind angenehme Trinkwhiskys, die weder in der Nase noch am Gaumen oder beim Finish Enttäuschung hinterlassen.

Hier mal die Verkostungsnotiz aus der Spar Weinwelt für den Glendronach:

Glendronach_12

Farbe : Bernsteinfarbenes Rot-Gold

Nase : süß mit Vanille und einem Hauch von Ginger und Herbstfrüchten

Geschmack : reichhaltig, sahnig und seidenweich, warm und reichhaltig nach Eiche im Einklang mit der süße von Kirschen, ein volles Aroma an Rosinen und weichen Früchten, würzig mit mittellangem Abgang und einem trockenen Abschluss

Ausklang : angenehm lang anhaltend und beständig, leicht nussig

Und das sagt man dort über den Glenfarclas:

glenfarclas_15_fbx

Goldenes Farbspektrum. Köstlicher leicht öliger Charakter mit Eichenfasskomponenten. Im Abgang eröffnen sich aufgrund des hohen Sherryfassanteils während der Lagerung süße Malznoten mit einer leichten Rauchigkeit. Lang anhaltend und sehr komplex.

Wer einmal rauchige Whiskys probieren will, ist mit dem Laphroaig Quarter Cask um € 38,90 gut bedient. Dieser typische Islay-Whisky wurde in kleinen Fässern (Quarter Casks) gelagert und schmeckt intensiv nach Rauch und maritimen Noten. Nicht jedermanns Sache, aber wenn man einmal auf den Geschmack gekommen ist, sind die Islay Whiskys fast schon eine Sucht. Als günstigere Alternative käme der Smokehead (€ 27,90) vom unabhängigen Abfüller Ian Mac Leods in Frage – er verschweigt zwar die Destillerie, aus der er stammt (das hat seinen Grund darin, dass der Abfüller zwar die Fässer, aber nicht die Namensrechte gekauft hat), aber seiner brauchbaren Qualität tut das keinen Abbruch.

Hier wiederum die Verkostungsnotizen, zunächst einmal für den Laphroaig:

laph_qua_fbx

Auge: volles, strahlendes Gold.
Nase: glühende Torfasche im Kamin, Aromanuancen von Kokosnuss und Banane.
Gaumen: tief, komplex und rauchig, verwöhnt den Gaumen jedoch auch mit einer überraschenden, leichten Süße. Abgang: sehr lang und trocknet mit Rauch und Gewürz passend aus.

Ziemlich lapidar jene über den Smokehead – aber mit “Rauchgranate” ist eigentlich alles gesagt:

smokehead_fbx

Ein sehr rauchiger, maritimer Maltwhisky mit Anklänge an Seetang, Jod, Toffee und frische Früchte. Ein Kultwhisky für alle Islay-Freunde

Ziemlich genau in der Mitte zwischen den beiden oben erwähnten Ausprägungen ist der Glen Moray 12y (€ 24,99) beheimatet. In ihm regiert die Malzigkeit, die weder durch Torfung noch durch Lagerung in ehemaligen Sherry- oder Weinfässern verändert wurde. Insgesamt ist der Glen Moray ein schöner, ehrlicher und harmonischer Whisky, der auf der leichteren Seite zu finden ist.

Auch hier wieder die Verkostungsnotiz aus dem Shop:

glenmoray 12

Geschmack: Wie es sich für einen klassischen Speyside Malt ziemt, ist der Geschmack glatt und rund gemacht mit einem guten festen Körper. Viele süße, weiche malty Geschmäcke entwickeln sich im Zentrum des Gaumens, umgeben durch das Karamell im Mund, der Früchte (schwarze Johannisbeeren und getrocknete Aprikosen). Bei der Erwärmung im Mund erreicht leichte Süße den Gaumen vor dem Erscheinen der Lakritze, des Tees und des Nuss-Öls.
Haupttöne: Karamell, Brombeeren, Ingwer-Orangen-Marmelade
Farbe: Golden
Nase: Aroma kraftvoll, süß, fruchtig, außergewöhnlich rund, Malz, Blumen-. Der erste Eindruck Karamel und Zuckerwatte mit süßen und Waffelmalztönen, Heidekraut und Brombeersträuchern. Mit Wasser ändert sich Honigwabe zum Bienenwachs, und reiche fruchtige Zeichen erscheinen mit schwarzen Johannisbeeren, ausgetrockneten Aprikosen und Feigen. Im Vordergrund locken Gewürze mit Nelken und Ingwerorangenmarmelade.

Um nicht ganz 80 Euro können Sie also auch im Supermarkt drei Eckpfeiler der schottischen Destillierkunst erwerben und verkosten: Einen sherrylastigen, einen rauchigen und einen malzigen Whisky. Natürlich gibt es noch viele weitere Geschmacksvariationen im Reich der Single Malts wie zum Beispiel florale Lowlands oder sehr charaktervolle, eigenwillige Whiskys aus der Campbeltown-Region, um nur einige zu nennen. Aber mit unseren drei vorgestellten Richtungen können Sie für sich bereits ganz gut feststellen, in welchen Gegenden der Geschmackskarte Sie sich heimisch fühlen.

Sollten Sie dieses Verkostungsexperiment in Angriff nehmen, hier noch ein Tipp: Geben Sie jedem Whisky eine zweite und dritte Chance. Wie man etwas schmeckt, kann auch sehr von der Tagesverfassung abhängen. Es gibt zum Beispiel Tage, an denen kann ich keinen rauchigen Whisky sehen – an anderen giere ich förmlich danach.

(Dieser Artikel ist eine leicht modifizierte Fassung eines Beitrags des Autors in waesserchen.at)

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