Nun gilt es wieder, wie eigentlich jeden Monat, eine Abfüllung auszuwählen, den wir dann Whisky des Monats nennen. Die Qualität dieses Bottlings muss uns – selbstverständlich, möchte wir hier einschieben – überzeugen. Dazu muss es eine hohe Verfügbarkeit vorweisen können. Zusätzlich muss unsere Empfehlung auch zu einem annehmbaren Preis erhältlich sein. Manches mal fällt unsere Wahl auf eine Neuerscheinung. Und manches mal greifen wir auf eine Abfüllung zurück, die schon länger erhältlich ist, deren Qualität wir jedoch hier in diesem Rahmen noch nicht präsentierten. So wie in diesem Monat. Denn unsere Empfehlung für den Juni 2021 heißt Glen Garioch 12 yo.
A lot of work in progress
Schottlands Brennerei-Landschaft scheint momentan eine große Baustelle mit kleineren und größeren Um-, An- und Neubauten zu sein. Branchen-Primus Diageo gestaltet die Four Corners of Scotland, Ardbeg erhielt ein neues Stillhouse, die Isle of Barra Distillers möchten noch ihre eigene Brennerei bauen … Und so weiter und so fort.
Wir haben aus der langen Liste der geplanten, noch auszuführenden und abgeschlossenen Bauarbeiten diese Bauspiele zufällig herausgesucht und dadurch diese Liste auch deutlich gekürzt. In den immer, trotz aller Widrigkeiten, noch andauernden Zeiten großer Nachfrage und gestiegener Umsätze sehen die Gesetze des Marktes solche Handlungen und Aktivitäten vor. Doch nicht alle Investitionen dienen dem Zweck der Produktions- und Umsatzsteigerungen. Manchmal gehen Dinge auch einfach kaputt und müssen ersetzt werden. Optimalerweise wird gewartet, bis genügend Einrichtungsgegenstände nicht mehr die vollumfängliche Funktionsweise haben. Dann renoviert man verschiedene Bereiche der Brennerei in Einem. So wird diese dann auch wieder auf den neuesten technischen Stand gesetzt. Das führt dann auch oft zu einer Minderung der Produktionskosten. Und auch die immer wichtiger werdende Klimaneutralität kann und wird dann dabei berücksichtigt. So weit, so gut.
Viel Geld für alte Techniken
Auch Beam Suntory nimmt in diesem Jahr viel Geld in die Hand. 6 Millionen Pfund möchte man ‚in die renommierte Brennerei von Glen Garioch in Oldmeldrum‘ investieren, wie es in der Ankündigung heißt. Bereits im letzten Jahr wurden in der Brennerei kleinere Arbeiten ausgeführt. Doch diese hören sich allerdings eher nach einer Aufräum-Aktion an: Ein neues Washback erhielt die Brennerei, und eine dritte Brennblase, die wohl lange nicht mehr in Betrieb war, wurde entfernt. Und auch die Arbeiten, die in diesem Jahr durchgeführt werden, bringen für die Brennerei nicht den großen Sprung nach vorn. Und dies bewusst und gewollt.
Denn, abgesehen von einer ungefähr 15-prozentigen Reduzierung des CO2-Fubabdrucks, investiert Beam Suntory viel Geld, damit alles bleibt und wird, wie es früher einmal war. Die Eckpfeiler dieser Transformation, wie Beam Suntory/Glen Garioch es nennen, sind die Wiedereinführung von floor maltings und sowie die Installation einer Direkt-Beheizung der wash still. Also, mit recht viel Geld werden einige Bereiche in der Whisky-Herstellung auf den Stand der Technik von vor, sagen wir mal, ca. 50 Jahren gesetzt. Warum, bitte schön, sollte man denn so etwas machen?
Mälzen und Brennen in traditioneller Weise
Wie wir auf unserer bisherigen Reise durch die Welt der Whisk(e)ys erfuhren, machen eigene floor maltings für Destillerien keinen Sinn. Die großen Mälzereien können mit ihren optimierten Prozessen können Malz von beständigerer Qualität herstellen, und arbeiten zusätzlich auch deutlich kosteneffektiver. Und die Direkt-Beheizung von Stills birgt die Gefahr des Anbrennens der wash und dadurch dann die Entwicklung von unerwünschten Fehlnoten. Deshalb muss dann ein wie auch immer genau definiertes Rührwerk eingebaut werden. Viel Aufwand, der sich durch den Einsatz einer indirekten Beheizung durch heißen Dampf, der mittels Rohren die stills und ihren Inhalt erhitzt. So lernten wir es, als die Brennereien ihre floor maltings schlossen, und auf indirekte Befeuerung der stills umstellten. Und das hatten wir auch verstanden und eingesehen.
Glen Garioch begibt sich nun also auf einem Weg, der zu den „traditionellen Brenn- und Mälzmethoden“ führt. Als Destillerie mit einer Kapazität von etwa 1,4 Millionen Liter sind sie kleinste schottische Brennerei im Portfolio von Beam Suntory. Hier passt das Attribut „Handwerk“ am Besten. Die alten Gebäude der Destillerie vermitteln den Eindruck, sie wären bereits zur Brennerei-Gründung 1797 entstanden. In Aberdeenshire gelegen und somit zu den Highlands gehörend, ist sie die am östlichsten gelegene Brennerei in Schottland und somit etwas abseits liegend. Und ihren Namen finden wir in wirklich jeder Liste mit Namen schottischer Destillerien, die immer falsch ausgesprochen werde. Und diese listen erklären uns dann auch, wie sie wirklich ausgesprochen werden. In unserm Fall gilt: Glen Garioch wird Glen Geery ausgesprochen. Ganz einfach Glen Geery. Dies ist der alte Doric dialect, und er ist im Nord-Osten von Schottland wohl immer noch verbreitet. Und das Doric möchten wir nicht mit dorisch übersetzen. es hat nämlich weder etwas mit der Dorischen Notierung noch der Dorischen Ordnung zu tun. Wenigstens wohl nicht direkt. Aber, das würde hier soweit führen.
Glen Garioch 12 yo: Kräftig und ausgewogen
Der Glen Garioch 12 yo kommt uns mit kräftigen 48 % Vol., ohne Kühlfiltrierung und in einer stämmigen (eher gedrungen und bauchig ist bei uns stämmig) und robusten Flasche entgegen. Seine zwölfjährige Reifung genoss der Malt in ehemaligen Bourbon-Casks und in mit Sherry vorbelegten Fässern. Und der Einfluss der beiden Fassarten ist bei diesem Malt wohldosiert und sorgt insgesamt für einen sehr ausgewogenen Genuss. Getreidenote in der präsenten Nase werden umspielt von Frucht – in Richtung Birne – und etwas süßlich-herbem – wir könnten es floral nennen.
Mit diesen Aromen geht es auch am Gaumen weiter, die durch eine Cremigkeit unterstützt werden. Und in der ganzen zeit schwirrt so etwas wie eine subtile Rauchigkeit ganz leicht im Hintergrund mit, die den Genuss noch weiter abrundet. Im Finish recht lang nachhallend, zeigt sich hier die Getreidenote mit einem kleinen süßen Tupfer noch einmal deutlich hervor. Und als sich der Glen Garioch 12 yo dann gänzlich verabschiedet, fragen wir uns: Wo sind denn diese 48 % Vol.? So wunderbar eingebunden und umschlossen, wäre hier ein in Verkostungsnotizen oft geforderte Erhöhung des Alkoholanteils ohne näheren Sinn.
Dem Brennerei-Inhaber Beam Suntory und ihren Produkten steht in unseren Regionen hervorragende Vertriebsmöglichkeiten zur Verfügung. So wundert es uns auch nicht, dass wir den Glen Garioch 12 yo sowohl im stationären und virtuellen Fachhandel als auch im Getränke-Fachmarkt sowie im gut sortierten Lebensmitteleinzelhandel finden. Preislich bewegen wir uns hier, wie meistens beim Whisky des Monats, unter der 40 € Marke. Wir wünschen Ihnen viel Spaß und Genuss mit einem Single Malt der eher älteren Schule – abseits der Moden der Vergangenheit und der Zukunft. Und Glen Gariochs Distillery Manager Kwanele Mdluli wünschen wir sehr viel Freude bei und an der Arbeit in seiner Brennerei.