Nicht nur der Einkauf von Whisky bei Online- und Destillerieshops im Vereinigten Königreich ist für Kontinentaleuropäer momentan ein frustrierendes und teures Unterfangen (einen Ratgeber dazu haben wir vor kurzem veröffentlicht) – auch für kleine Destillerien, vor allem in Schottland, ist es zur Zeit extrem schwierig bis völlig unmöglich, Alkohol in die EU zu verkaufen.
Alan Powell von der britischen Distillers Alliance, fasst es in einem einzigen Satz zusammen: „Es ist eine totale Katastrophe“. Die Verwirrung über die nötigen Formulare zum Versenden von Alkohol macht es zur Zeit nahezu unmöglich, auch nur eine einzige Palette mit Spirituosen auf die Reise zu schicken. Beiderseits der neuen Grenze seien Frächter, Produzenten und Handelskunden nicht vorbereitet darauf, mit den geänderten Bedingungen zurechtzukommen, die sich auch noch von Land zu Land in der EU unterscheiden. Während große Unternehmen Whiskey nach wie vor in großen Mengen über die Grenzen verschiffen können, finden kleine Brennereien kaum Frächter, die die vervielfachten Formalitäten auf sich nehmen.
Als Beispiel führt der Artikel in Explica die Isle of Harris Distillery an, wo Simon Erlanger, der dortige Managing Director, vor scheinbar unüberwindlichen Hürden steht, seine Produkte in die EU zu bekommen. Auch wenn es im Beispiel, das Erlanger anführt, um Gin geht, ist es wohl symptomatisch: Der deutsche Importeur hat seine Lager leerverkauft, und der Brennerei ist es momentan unmöglich, neue Ware nach Deutschland zu senden. Es scheitere schon daran, dass die Frächter sich außerstande sähen, Transportkosten anzugeben.
Niall Macalister Hall, CEO von Beinn an Tuirc Distillers auf der Kintyre-Halbinsel beklagt, dass kein Transportunternehmen kleine Lieferungen von ein oder zwei Palletten in die EU annimmt. Man hätte vier verschiedene Frächter kontaktiert, alle würden momentan nichts annehmen. Ähnliches berichten andere Brennereien mit Transporten nach Finnland: rien ne va plus.
Alan Powell von der britischen Distillers Alliance glaubt auch nicht daran, dass sich die Situation dann, wenn sich die Bürokratie eingespielt hat, substanziell verbessern werde. Alkoholsendungen aus UK in die EU würden im Vergleich zu früher wesentlich langsamer und wesentlich teurer ablaufen, weil das Procedere kompliziert bliebe, weil es selbst mit eingespielten Behörden die dreifache Arbeit im Vergleich zu vor dem Brexit bleibt. Und das würde die kleinen Produzenten ungleich härter treffen als die großen Konzerne.