Über 50 Jahre war und ist David Stewart, der scheidende Malt Master von The Balvenie, in der Whiskyindustrie tätig, und nicht umsonst wurde dieser Grandseigneur des schottischen Whiskys für seine Verdienste im letzten Jahr von der Queen mit dem Titel „Member of the British Empire“ (MBE) ausgezeichnet.
Mit seinem Schaffen für The Balvenie war er auch ein Wegbereiter der Finishes, deren Siegeszug im Jahr 1993 mit The Balvenie DoubleWood 12 Year Old begann und die heute aus dem Portfolio der Destillerien nicht mehr wegzudenken sind.
Wir hatten die Gelegenheit, David Stewart, der Interviews eher reserviert gegenübersteht, einige Fragen zu stellen, die er uns schriftlich beantwortete. Die Übersetzung unserer Fragen und seiner Antworten bringen wir hier.
Den Artikel haben wir mit Bildern von David Stewart bei seiner Arbeit garniert, darunter auch ein älteres aus einer Zeit, als nicht nur beim Whisky noch vieles anders war…
Mr. Stewart, mit mehr als 50 Jahren Erfahrung und in der Rückschau: Welches war, Ihrer Meinung nach, die wichtigste Entwicklung in der Whiskyindustrie die die Art, Whisky zu machen, oder vielleicht auch ihn wahrzunehmen, verändert hat?
In der Destillerie Balvenie hat sich eigentlich wenig verändert. Manchmal sagen wir: Sollte William Grant hierher zurückkehren, würde er wenig Veränderung bemerken. Wir machen Whisky immer noch sehr traditionell. Wir sind eine der wenigen Destillerien in Schottland, die noch ihren eigenen Mälzboden haben und unsere eigene Gerste keimen lassen können. Wir haben auch eine eigene Fassbinderei, weil wir glauben, dass es sehr wichtig ist, dass wir uns selbst mit erfahrenen Küfern um unsere Fässer kümmern.
Ich denke, dass die wichtigste Veränderung in den letzten 20 Jahren die Einführung von Finishes war. Wir trugen mit dem The Balvenie DoubleWood 12 Year Old dazu bei, als wir ihn 1993 am Markt einführten und er vom Stand weg durchaus überwältigend positiv aufgenommen wurde. Wir haben viele Abfüllungen mit Finishes gemacht, mit Port-, Rum- oder Madeirafässern, um nur einige zu nennen.
Ein 12jähriger Whisky, der in diesem Jahrtausend gemacht wurde, schmeckt dann doch relativ unterschiedlich zu einem, der vor 40 Jahren in die Flasche kam. War die Herstellung anders, oder liegt es daran, dass, wenn auch der Whisky in der Flasche nicht mehr altert, er sich dennoch in ihr verändert? Oder fallen wir einfach einem Trugschluss anheim, wenn wir glauben, älter sei bei Whisky besser?
Zunächst einmal: Als Malt Master achtet man darauf, Whisky in den Abfüllungen sehr konsistent zu produzieren, was den Geschmack anbelangt – und in der Hauptsache gelingt das auch sehr gut. Wir sagen dass, wenn der Whisky in Glas gefüllt wurde, er sich nicht mehr verändert. Jedoch: Über längere Zeit können darin doch leichte Veränderungen passieren. Ein anderer Faktor, der mitspielt , könnte der Umstand sein, dass die Industrie jetzt viel mehr amerikanische Eichenfässer einsetzt als vor 40 Jahren, als zum Gutteil europäische Eichenfässer in Form von Sherryfässern zum Einsatz kamen. Bei unseren Abfüllungen können auch leichte Unterschiede in den Zusammenstellungen der Fässer für die Unterschiede verantwortlich sein.
Single Malts werden heute als die wertvollsten und besten Whiskys angesehen, und wir scheinen kollektiv die Wertschätzung für Blends und Blended Malts etwas verloren zu haben. Ihre Meinung dazu?
Ich stimme Ihnen zu wenn Sie meinen, dass Single Malts viel mehr Aufmerksamkeit als Blends erhalten und die meisten Tastings sich um diese drehen. Aber man darf nicht vergessen, dass sie gerade einmal rund 10% der Produktion der Destillerien ausmachen, also sind Blends eigentlich immens wichtig. Und man kann auch sagen, dass es eine Kunst ist, einen Blend immer konsistent im Geschmack zu halten, gibt es doch immens viele Grains und Malt Whiskys, die dafür verwendet werden. Ein Master Blender muss die Charakteristiken von so vielen Whiskys – egal ob Malt oder Grain – aus ganz Schottland kennen, um im Fall des Falles den einen durch den anderen ersetzen zu können, wenn es einmal notwendig wird, damit sich der Gesamtgeschmack des Blends nicht verändert. Beim Single Malt geht es eher um das Alter und die Fassauswahl, um Konsistenz zu schaffen.
Und zum Abschluss noch: Wären Sie ein Whisky – welcher wären Sie und warum?
Ich denke, das müsste dann der The Balvenie DoubleWood 12 Year Old sein. Dieser Whisky hat durch seine Charakteristik Balvenie auf der Whiskylandkarte während der letzten 20 Jahre sichtbar gemacht. Es war der Wegbereiter aller Finishes und er war so erfolgreich, dass er viele andere Finishes von uns und der gesamten Industrie nach sich gezogen hat.
Mr. Stewart, danke für Ihre Zeit und die Antworten.