Freitag, 26. April 2024, 12:53:25

The Macbeth Collection – Die Master Class im Brühler Whiskyhaus

Unser Bericht von der Masterclass am 20. Mai 2023 mit Sukhinder Singh, Alexis Burgess und Oliver Chilton

Braucht die Whisky-Welt eine neue Kollektion? Eine weitere Sammlung von Flaschen, die mit mehr oder minder bunten Bildern verziert, und die mit Whiskys gefüllt sind, deren Aroma-Profile dem momentanen Whisky-Zeitgeist entsprechen? Sicherlich nicht, da ist Sukhinder Singh in der Einleitung der Masterclass zu „The Macbeth Collection“ reicht eindeutig. Neben Sukhinder Singh reisten noch Alexis Livingstone ‚Lexie‘ Burgess und Oliver Chilton über den Ärmel-Kanal, um am 20. Mai 2023 im Brühler Whiskyhaus gemeinsam mit Kirsch Import die Deutschland-Premiere und Master Class der „The Macbeth Collection“ zu zelebrieren.

Von links nach rechts: Sukhinder Singh, Oliver Chilton und Alexis Livingstone ‚Lexie‘ Burgess

Auch wenn diese auf den ersten Blick wie nur eine weitere Kollektion aussieht, geht es hier doch um etwas anderes. Und an dieser Stelle übernimmt Alexis „Lexie“ Burgess die weitere Erklärung. Er arbeitet seit langer Zeit im Bereich Design für und mit der schottischen Whisky-Industrie. In dieser Zeit beschäftigte er sich mit der Geschichte der Destillerien, der einzelnen dahinter stehenden Familien sowie ihrem großen Wettbewerb und Kampf. Und dachte, dies sei genau so wie bei „Macbeth“. Die Idee der Whisky-Kollektion rund diese große, schottische Tragödie von Shakespeare war geboren, musste allerdings auch weiterentwickelt werden. Und dafür suchte er nun Mitstreiter, die sich für das Stück von Shakespeare und für Scotch Whisky begeistern.

Für die Illustration der Figuren der Tragödie konnte er Sir Quentin Blake gewinnen, wie er weiter ausführte. Mit ihm arbeitete Lexie bereits seit längerem zusammen. Der Cartoonist, Illustrator und Kinderbuchautor zeigte anfänglich nur eine überschaubare Begeisterung, nun womöglich sehr viele Kilts mit unterschiedlichen Tartans zeichnen zu dürfen. Doch die 42 verschiedenen und unterschiedlichen Charaktere jeweils als Vogel dargestellt – Sir Quentin Blake liebt das Zeichnen von Vögeln -, dafür konnte sich Sir Quentin begeistern. Und begann fast augenblicklich mit seiner Arbeit.

Wie wären dann die einzelnen Charaktere der Tragödie „Macbeth“ jeweils als Whisky? Mit dieser Frage plus den Skizzen von Sir Quentin Blake wandte sich „Lexie“ an den berühmten Whisky-Autoren Dave Broom. Nach dem eingehenden Studium des Stücks um den zunächst treuen Vasallen des Königs Duncan von Schottland, den Macbeth dann später ermordet, um dann selbst zum neuen König und zum Ende dann auch selbst ermordet zu werden (um die Handlung sehr stark abzukürzen), schuf Broom zu jedem der 42 im Stück vorkommenden Figuren kurze character notes, die sowohl den Charakter als auch den Whisky der jeweiligen Figur beschreiben.

Jetzt fehlten also „nur noch“ die Whiskys zu „The Macbeth Collection“. Sukhinder Singh, Mit-Gründer von The Whisky Exchange und den Elixir Distillers, und Oliver Chilton, Whisky Maker und Head Blender der Elixir Distillers, fanden diese Idee zu spannend, um sie nicht umzusetzen und die Aufgabe zu faszinierend, um sie abzulehnen. Also suchten die Beiden die zu den Illustrationen und character notes passenden Destillerien, die entsprechenden Whiskys oder kreierten diese. Dave Broom erhielt dann regelmäßig Samples mit den von Sukhinder und Oliver vorgeschlagenen Whiskies. Und es oblag ihm, dann zu bewerten, ob dieser Whisky dem Charakter der Figur entspricht – oder eben nicht.

Der erste Akt der Macbeth Collection

In diesem Jahr wurde der erste Akt der „The Macbeth Collection“ veröffentlicht. Vier weitere werden folgen und jährlich erscheinen. Die 42 Charaktere sind in sechs Gruppen aufgeteilt: The Leads (Fünf Abfüllungen), The Thanes (zwölf Abfüllungen), The Ghosts (Sechs Lost Distilleries), The Witches (Drei Malts und ein Blend), The Murderers (Vier Insel-Malts) und The Household (Zehn Whiskys). Nach einer Premiere in London war die Master Class im Brühler Whiskyhaus erst die zweite Veranstaltung, auf der Akt 1 der „The Macbeth Collection“ präsentiert wurde.

Den 30 Teilnehmenden der ausverkauften Master Class boten sich nach der notwendigen ausführlichen Einleitung unterschiedliche Möglichkeiten, sich mit den neun Scotch Whiskys auseinanderzusetzen. Natürlich bot es sich an, auf gewohnter Weise die Aromen und Nuancen in den einzelnen Abfüllung herauszuarbeiten, und sich darüber auszutauschen. Denn hier gab es einiges zu entdecken.

Der erste Akt

Der Auftakt oblag dem ‚Bloody Sergeant‚, ein 10 Jahre alter Blair Athol, mit kräftigen 51,8 % Vol. abgefüllt. Dieses Small Batch Bottling reifte in einer Kombination aus Bourbon Hogsheads und Rotwein-Fässern. Diese sorgen einerseits für einen süß-fruchtigen Single Malt mit Aromen von Äpfeln und Birnen. Zusätzlich finden sich mehr oder minder deutliche mineralische Noten, die dem hervorragenden, recht wuchtigen Whisky einen Gegenpart zu seiner Fruchtigkeit bieten.

Auf der anderen Seite galt es als eigentliche Aufgabe, einen dem Charakter des ‚Bloody Sergeant‘ entsprechenden Whisky zu kreiieren. Dieser unterrichtet König Duncan im ersten Akt der Tragödie von Macbeths Sieg im Kampf gegen den Rebellen Macdonald und dessen Verbündete. Wie schmeckt der Triumph in einer blutigen Schlacht, der fast zwangsläufig aufgrund der Art der Auseinandersetzungen den gleichzeitigen Tod der Kontrahenten bedeutet? Nach einem ersten Erriechen und Erschmecken des ‚Bloody Sergeant‘ verlas Alexis Burgess die character notes von Dave Broom, nach denen dieser Whisky gestaltet und ausgewählt wurde. Und die Teilnehmenden des Master Class konnten einerseits den Whisky an sich bewerten, und andererseits, ob dieser dann auch den charakterlichen Beschreibungen entspricht.

Seyton, Macbeth’s treuer Diener und Waffenmeister, ist ein 12 Jahre alter Ardmore, der in ehemaligen Laphroaig-Fässern aus europäischer und amerikanischer Eiche reifte. Eine große Süße trifft auf eine starke Rauchigkeit und vereint hier den Whisky-Ausdruck eines guten Charakters (süß) mit dem eines bösen Charakters (Rauch).

Der First Ghost kommt aus der Lost Distillery Cambus. Der Grain Whisky reifte 31 Jahre in refill Hogsheads aus amerikanischer Eiche und ist und entspricht einem Geist: Präsent und wahrnehmbar, doch schwer zu fassen, dabei langsam verschwindend und dadurch dann doch lange zugegen.

Lady MacDuff nimmt in der Tragödie nur eine kleine, jedoch wichtige Rolle. Sie und ihre Kinder werden auf Befehl von Macbeth ermordet. Doch in den wenigen Szenen, die ihr Shakespeare einräumt, zeigt sie sich mutig und stark, zudem gleichzeitig mit Frauen zugesprochenen Attributen und Eigenschaften. Ihre charakerliche Interpretation findet sich in einem 31 Jahre alten Linkwood, der ebenfalls in refill Hogsheads aus amerikanischer Eiche reifte. Stark und filigran zugleich, mit viel Frucht-Noten ebenso wie Holzaromen. Ein vielschichtiger und komplexer Malt, der scheinbar Gegensätzliches zu vereinen vermag.

Menteith, einer der zwölf Thanes der Kollektion, der in seinem Leben manche Schlacht geschlagen hat und am Ende der Tragödie mit für Macbeths Ende sorgt, findet seine Entsprechung in einem Benriach. Der Malt lagerte 31 Jahre refill Hogsheads aus amerikanischer Eiche, hat einen vollen, reifen Charakter mit viel kraftvoller Würzigkeit mit nussigen und fruchtigen Aromen.

Der nächste Thane, Angus, ist in zunächst auf Macbeths Seite, wechselt dann aber im Verlauf des Stücks auf die Seite dessen Gegenspielers. Der für diesen Charakter gewählte Glen Garioch zeigt sich zunächst recht leicht. Mit zunehmender Zeit im Glas wird er stärker und entwickelt deutlich, was zunächst im Hintergrund bereits erschien. Ebenfalls 31 Jahre lagerte dieser Highland Malt, allerdings in first fill bourbon barrels.

King Duncan ist der Gegenspieler von Macbeth, er steht für das Gute, für die einzuhaltende Ordnung, hat einen sanften Charakter, und dies ist alles zugleich seine große Schwäche. Der 1965 destillierte Glen Grant lagerte in einem Sherry Butt, und bei allem Fass-Einfluss, die in den 56 Jahren Reifezeit in diesen Single Malt übergingen, bleibt noch immer eine große Leichtigkeit und viel Eleganz in diser auf 100 Flaschen limitierten Abfüllung. Für den deutschen Markt sind drei Bottlings vorgesehen, von denen nach dem Tasting im Brühler Whiskyhaus nur noch zwei übrig sind.

Kurze Fermentationszeit, schnelle Destillation, langer Mittellauf: Die Brennerei Tobermory und ihr rauchig-torfiger Whisky mit dem Namen Ledaig scheint prädestiniert für den Charakter des First Murderer. 18 Jahre lagerte der 2005 destillierte Malt in american oak hogsheads, trotz der langen Reifezeit bleibt der Malt sehr rauchig, salzig, rau und ist fordernd.

Der Whisky der First Whitch verdeutlicht vielleicht am deutlichsten, dass die Macbeth Collection nicht eine einfache Sammlung guter Whiskys mit bunten Etiketten ist. Diese erste der Weird Sisters kündigt Macbeth an, bald König zu sein. Den Prophezeiungen der „unheimlichen Schwestern“ haftet etwas Unheimlichen an, ihre zweideutigen Vorhersagen lassen sich unterschiedlich deuten. Ähnlich uneindeutig und gleichzeitig sonnenklar ist auch die Angabe der Herkunfts-Brennerei. Sie spielt dem Konzept der Macbeth Collection keine große Rolle. Und doch finden wir, der Art und Weise der Weird Sisters gleich, Andeutungen und Hinweise auf eine Destillerie im Süden Islays in der Nähe der Kildalton-Küste gelegen. Der Single Malt der First Witch lagerte insgesamt 19 Jahre, eine abschließende, zirka zwei Jahre dauernde Reifung fand in Pedro Ximénez Fässer statt. Ein dunkler und gefährlicher Whisky, mit Torf, Rauch und der Süße des PX-Sherrys.

Der Vorhang fällt, die nächsten Akte folgen

Jetzt fällt der Vorhand nach diesem Ersten Akt. Den Anspruch der „The Macbeth Collection“, nicht nur eine weitere Whisky-Sammlung, aufgehübscht mit bunten Bildern, zu sein, erfüllt sie in voller Gänze. Die einzelnen Abfüllungen sind hervorragend ausgewählt, sie sind in sich durchgehend sehr gute bis hervorragende Whiskys, die zusammen mit den von Dave Broom erstellten charcter notes und den von Sir Quentin Blake gezeichneten Charakter-Figuren eine einmalige Sammlung bilden.

„The Macbeth Collection“ ist limitiert. Wie hoch dieses Limitierung sein wird, ist wohl erst nach dem Erscheinen des abschließenden Aktes 2027 entschieden.

„The Macbeth Collection“ ist hochpreisig. Für den kompletten ersten Akt müsste ein niedriger fünfstelliger Betrag entrichtet werden. Vier weitere werden noch folgen, und wir können sicherlich nicht davon ausgehen, dass diese günstiger werden.

Für die Meisten unter uns bleibt „The Macbeth Collection“ in ihrer Gänze unerreichbar und unerschwinglich. Doch die Sammlung ist bei der Bepreisung und Verfügbarkeit ausdifferenziert aufgestellt. Die Abfüllungen aus der Gruppe „The Household“, in der Auflage die höchsten und im Preis die niedrigsten der Kollektion, sind ebenso sorgfältig ausgewählt und von hoher Qualität wie die der anderen Gruppen. Und unabhängig davon, ob Sie „The Macbeth Collection“ anspricht oder nicht, schließen wir mit der Frage:

Welcher Whisky entspräche Ihrem Charakter?

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