Oft liegt es am Preis, dass ein Whisky nicht in unseren Empfehlungen zu Beginn eines jeden Monats auftaucht. Denn eine überzeugende Qualität und hohe Verfügbarkeit weisen viele Bottlings auf. Auch unsere Empfehlung in diesem Monat hatte bei seiner Markteinführung in Deutschland einen empfohlenen Preis, der über unserem, hier beim Whisky des Monats geltenden, Limit liegt. Doch die Dynamiken der Marktwirtschaft wirkten danach verbraucherfreundlich auf den, nun attraktiveren, Verkaufspreis, und so können wir nun auch im April 2022 den Fettercairn 12 yo empfehlen.
Wer erinnert sich schon an den Zweiten?
So geht die Geschichte: Als 1823 eine Gestzesänderung den damaligen Schwarzbrennern in Schottland eine attraktive und kostengünstige Möglichkeit bot, ihre berufliche Tätigkeit innerhalb eines legalen Rahmens auszuüben, war es George Smith, der die erste Lizenz im folgenden Jahr erwarb. Seine Destillerie Glenlivet gilt deshalb als erste legale Brennerei nach diesem „Act of Excise“. Von da an arbeitete die Brennerei in einem gesetzeskonformen Rahmen, was ihr mancher der lokalen Konkurrenten recht übel nahmen. Die Instrumente des nun notwendigen Selbstschutzes, die George Smith der Legende nach täglich bei sich trug, werden auch 200 Jahre später noch gerne und mit einem gewissen Stolz in der Brennerei vorgezeigt.
In den folgenden Jahren kam die schottische Schwarzbrennerei fast vollständig zu erliegen, immer mehr Destillerien arbeiteten nun lieber gesetzestreu mit einer Lizenz, und folgten dem legalen Weg, den George Smith zuvor einschlug. Doch, wer war der Zweite?
Das Einhorn und der Kühlring
Auf der Suche nach dem zweiten Lizenznehmer finden wir eine schmale und dünne Quellenlage vor. Denn der Zweite, der zweite Platz, der Nachkommende, dies sind alles Titel oder Bezeichnungen, mit denen sich niemand schmücken möchte. Die deutsche Wikipedia-Seite zur Whiskybrennerei Fettercairn weißt derselben und seinem Gründer Sir Alexander Ramsay diesen vermeintlichen Ruhm zu. Auf ihrer eigenen Website spricht Fettercairn selbst allerdings nur von „einer der ersten“. Dies hört sich deutlich besser an als der Zweite. Zumal die Brennerei einige bessere Besonderheiten und deutlichere Alleinstellungsmerkmale vorweisen kann.
Zum einen ist da natürlich das Einhorn. Dieses mystische Fabelwesen genoss in den letzten Jahren außerhalb der Whisky-Welt eine immer größer werdende Popularität. Doch das Fettercairn-Einhorn ist nicht Teil einer Modewelle. Vielmehr soll es innerhalb des Wappens des Clans der Ramsays Verwendung finden, verweist somit auf den Gründer Sir Alexander Ramsay und findet sich aktuell sowohl auf den Umverpackungen wie auch als Plakette auf den Flaschen.
Zum anderen ist da dieser Kühlring. Im Jahr 1952 fand der damalige Distillery Manager Alistair Menzies, der New Make der Brennerei müsse fruchtiger und etwas leichter werden. Dies erreichte er, in dem im oberen Bereich der Sprit Still kaltes Wasser an der Brennblase herunterläuft und so vor allem an der schmalen Stelle der Brennblase zu einem reflux-artigen Effekt führt. Schwerere Alkohole kondensieren, die leichteren steigen auf.
Diese Verfahren ist im Detail einzigartig, anderen Brennereien wenden anderen Techniken an, um diesen Effekt zu erzielen. Doch im Endeffekt zählt hier nicht der Weg, sondern das Ergebnis. Und das schauen wir uns jetzt mal beim Fettercairn 12 yo an:
So sind wir dann auch nicht überrascht, dass wir in der Nase auch schon direkt Frucht-Aromen wie süßliche Apfel und reife Birne vorfinden. Nicht überbordend, sonder fein abgestimmt, mit einem leicht würzigen, holzig-floralem Hintergrund, einem Anflug von Vanille und einer leichten säuerlichen Note. Am Gaumen etwas süßer, bestätigt der Fettercairn 12 yo die Aromen der Nase, dazu etwas mehr Aromen von frischem Holz und dafür etwas weniger Frucht und Säure. Im Finish recht lang und trocken werdend, hier dann erneut frisches Holz und etwas Karamell.
Nach der anfänglich ambitionierten Preisempfehlung ist diese Einstiegsabfüllung in das Portfolio der Brennerei mittlerweile im Handel für um die 40 € erhältlich. Neben dem Fettercairn 12 yo bietet die Brennerei noch weitere Abfüllungen an, so zum Beispiel die Fettercairn Warehouse Collection sowie Fettercairn 16 yo und 22 yo. Bei diesen Abfüllungen kommen auch Fässer mit unterschiedlichen Vorbelegungen zum Einsatz. Nur der 22-jährige reifte, wie über auch unsere Empfehlung in diesem Monat, ausschließlich in ehemaligen Bourbonfässern. In diesem Sinne: slàinte mhath! Und bleiben Sie neugierig.