Die Destillerie Benromach liegt in der Speyside und wurde im Jahr 1898 gegründet. Sie ist nach Eigendefinition die kleinste Speyside-Destillerie und gehört seit 1993 dem unabhängigen Abfüller Gordon & MacPhail. 1998 wurde sie, nach einer gründlichen Umbauphase, von Prince Charles offiziell neu eröffnet.
Drei Distillers betreiben die Anlage, und sie destillieren dort eine relativ umfangreiche Standardrange mit unterschiedlichsten Abfüllungen. Ein Teilaspekt davon sind die Heritage Bottlings. Unter diesen Heritage Bottlings werden momentan zwei Jahrgangsabfüllungen veröffentlicht, Benromach 1969 und Benromach 1976, sowie eine 30jährige Abfüllung.
Wir haben von Gordon & MacPhail ein Sample des Benromach 1976 zugeschickt bekommen und wurden um unsere Tasting Notes gebeten. Silvia Behrens und Bernhard Rems haben sich den Whisky ins Glas geschenkt und geben hier ihre Eindrücke wieder.
Nase: Was sich bei diesem Whisky über die Zeit in der Nase entwickelt, ist schlichtweg überwältigend. Es beginnt mit malziger Süße, ein Apfel-Streuselkuchen, der frisch aus dem Ofen gekommen ist. Dann changiert es zum Geruch alter Holzmöbel, die in der Abendsonne gestanden sind. Milder Tabak macht sich bemerkbar, ein heller Virginier. Später der Eindruck von Nougatcreme auf Weißbrot, Mandeln, Kekse, Honig. Noch später ein Bouquet an Wiesenkräutern. Das Wechselspiel scheint nicht enden zu wollen und besticht mit seiner fast schon aberwitzigen Komplexität.
Gaumen: Eine Öligkeit, die sich schon in der Viskosität der Tropfen am Glas abgezeichnet hat, macht das erste Anfluten des Whiskys am Gaumen angenehm und sanft. Nach dem Gesamteindruck der Nase würde man einen süßen, fruchtigen Whisky erwarten, aber der Whisky kommt nun eher kräuterig und würzig daher, auch eine Spur Florales ist dabei, der Eindruck von Pfingstrosen. Herb wirkt er, man merkt das Holz und fühlt, dass der Whisky nicht mehr viel länger im Holz des Fasses hätte bleiben dürfen – die Reife ist ausgeprägt. Irgendwo auch eine herbe Nussigkeit, mehr Walnuss als Haselnuss.
Finish: Sehr lange. Sehr, sehr lange. Wärmend und angenehm ledrig. Die Süße, von denen die offiziellen Tasting Notes sprechen, haben wir nicht in diesem Ausmaß erleben können. Auch hier wieder: Man merkt, dass man ein gereiftes Destillat im Glas hatte.
Alles in allem: Die Nase ist, man kann es nicht anders sagen, ein Erlebnis. Wunderbar dicht, komplex, immer wieder changierend, immer wieder neue Entdeckungen bereithaltend. Im Gaumen dann überraschend würzig, mehr auf der kräuterigen Seite und wenn mit Fruchttönen, dann fragil und zurückgenommen. Es ist interessant, aber es ist auch ein unerwarteter Bruch. Das Finish ist von fast epischer Länge und präsentiert sich näher dem Geschmack am Gaumen denn dem Erlebnis in der Nase. Wir geben dem Benromach 1976 insgesamt ein „Sehr Gut“. Zur Spitzenklasse fehlt ihm für uns die Durchgängigkeit des Erlebnisses.
Ist er mit dem Benromach 10yo, den wir gestern verkostet haben, zu vergleichen? Wir finden: Nicht wirklich. Das sind tatsächlich zwei unterschiedliche Whiskys, unterschiedliche Charaktäre. Wenn sie etwas gemeinsam haben, dann das überraschende Moment – der Benromach 10yo mit seiner hintergründigen Rauchigkeit, der Benromach 1976 mit dem sich Verwehren gegenüber der Süße am Gaumen. Aber der 1976er ist nicht der ältere 10yo, und der 10yo ist nicht der einfachere Benromach 1976. Freude haben uns beide gemacht, jeder auf seine Art.