Freitag, 22. November 2024, 18:30:02

Wir verkosten: Glenmorangie Spìos

Unser Eindruck von der neuen Private Edition von Glenmorangie

Glenmorangie Spìos

Private Edition No. 9
100% Matured in Rye Casks
46% Alk./Vol.
Verkoster: Bernhard Rems
Sample: Probe während des Launch-Events

Im Rahmen einer Live-Videoverkostung mit Dr. Bill Lumsden, Director of Distilling & Whisky Creation, und Brendan McCarron, Head of Maturing Whisky Stocks, wurde gestern am Abend der neue Glenmorangie Spìos, die neunte Private Edition von Glenmorangie, verkostet.

Bei der Private Editions handelt es sich um die Ergebnisse von Neugier und Lust am Experimentieren. Dr. Bill Lumsden versucht mit verschiedenen Finishes und Fassreifungen, interessante neue Whiskyvariationen zu kreieren – die sich manchmal harmonisch in die Glenmorangie-Range einfügen (z.B. Milsean), manchmal aber in eine ganz andere Richtung zeigen (z.B. Tusail).

Der Glenmorangie Spìos gehört zur zweiten Kategorie. Er ist ungefähr sieben bis acht Jahre (Dr. Bill Lumsden gibt keine Altersangabe, aber Eckpunkte zum Ausrechnen) in amerikanischen Rye-Fässern gereift. In diesen Fässern, die rund um das Jahr 2008 oder 2009 zu Glenmorangie kamen (laut Dr. Bill 240 bis 270 davon, die aber nicht alle geleert wurden), lagerte zuvor sechs Jahre lang Rye-Whiskey mit einem Roggenanteil von 95%. Das, und das Destillationsdatum von wahrscheinlich 2002, lässt zumindest die Vermutung zu, dass der Rye-Whiskey von MGP in Lawrenceburg/Indiana im Auftrag anderer Destillerien/Marken produziert wurde, um dann wie damals üblich unter dem entsprechenden Markennamen in Kentucky gelagert und verkauft zu werden (welcher das ist, wäre reine Spekulation) – als gesichert ist das aber nicht zu betrachten. 

Mit diesem Reifungs-Hintergrund sich als Resultat einen typischen Glenmorangie zu erwarten, wäre unangebracht. Und in der Tat hat der Spìos nichts von der Honigsüße, die man Glenmorangie gerne nachsagt.

Nase: Kräuterig, eher verhalten. Dunkle Toffee-Noten finden sich da, etwas Zitrusfrucht oder Mandarine. Anflüge von frisch gemähtem Gras. Mit Wasser ändert sich nicht viel, vielleicht mehr Kräuter als zuvor, aber das ist eher subtil zu nennen.

Gaumen: Würzig. Rufzeichen. Gewürznelken, Muskat, leicht holzig. Etwas Marzipan, etwas vom fruchtigen des Glenmorangie Original schlägt durch; Vanille gibt ihm etwas Weichheit, aber alles zusammen ist recht trocken angerichtet.

Finish: Die Trockenheit verstärkt sich, etwas Zitrus, die Restsüße verschwindet in Eichennoten. Mittellang.

Alles in allem: So wie zum Beispiel der Nectar d’Or kein Scotch mit darübergestreutem Sauternes ist, so ist der Spìos kein Scotch mit darübergestreutem Rye. Die Vorbelegung der Fässer mit Rye gibt dem sehr deutliche Würze, aber die dominant brotigen Noten von Rye oder dessen Eukalyptusfrische sind hier nicht wirklich präsent, allenfalls erahnbar.

Liebhaber von Glenmorangie und Liebhaber von Rye sollten zunächst einmal die buddhistische Tugend beherrschen, ohne Erwartungen an eine Sache heranzugehen. Er hat nämlich zu vieles nicht, was man sich erwarten würde. Aber er hat auch einiges, was ihn besonders und bemerkenswert macht.

In die Serie der Private Editions fügt sich der Glenmorangie Spìos bestens ein, denn er bietet eine interessante Eigenständigkeit. Er wird wohl nicht jedermanns Liebling, aber das sind die, die ein wenig anders sind, ja selten. 

Seit 2016 verzichten wir in unseren Tasting Notes auf numerische Bewertungen und geben unseren Eindruck nur mehr über die Beschreibung wieder. Wir tragen damit unserem Gefühl Rechnung, dass man mit einem starren Punkteschema Vergleiche forciert, die den Whiskys nicht gerecht werden. PS: Wir haben Geschmack. Unseren. Nicht Ihren. Unsere Verkostungsnotizen sind also kein richterliches Urteil, sondern unser persönlicher Eindruck.

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