Ein Bourbon in der Literflasche, destilliert in Kentucky, abgefüllt in Kalifornien – 8 Jahre alt und mit 45% abgefüllt, das ist der Joshua Brook. Wer sich fragt, welche Destillerie ihn erzeugt, wird auch am Web keine eindeutige Antwort finden – die Mutmaßungen gehen eher dahin, dass er ein Blend von verschiedenen Destillerien sei, eine davon Heaven Hill sein könnte.
Eines steht fest: Der Joshua Brooks ist ein sehr günstiger Bourbon, preislich bei Jim Beam oder Jack Daniels angesiedelt, noch unter Bulleit und anderen Small Batch Whiskeys. Die Literflasche ist um 25 Euro zu haben. Es stellt sich die Frage, in welcher Qualitätsliga so ein Bourbon mitspielt.
Um das herauszufinden, haben wir ein Sample aus der Whiskyexperts-Sammlung „The Nose“ Reinhard Pohorec zum Verkosten gegeben. Das Ergebnis ist durchaus positiv – und unten nachzulesen:
Nase: „HALLO“ schreit es mir aus dem Glas entgegen, hier benötigt jemand Aufmerksamkeit! Impulsiv, kräftig und mit sehr würzigen Noten eröffnet der Joshua Brook sein Konzert, trockenes Zimtpulver, schwarzer Tee und noch viel schwärzerer Pfeffer (ja, diese Übersteigerungen, ich weiß…), Ingwer, Chilihonig umspielt Salzmandeln und Buttertoffee, verkohlte, frische Eichenspäne, Orangenzeste, Kafirlimette, Sandelholz und etwas Weihrauch, auch die Bitternoten und das Harzige spielen hier mit, eine sehr impulsiv-stoffige Nase, mit ansprechender Komplexität, einzig der ganz leichte Lack-Eindruck zu Beginn irritiert kurz, mit etwas Zeit im Glas legen sich die anfänglichen Unruhen jedoch, dann vermehrt Dörrobst, Marille, kandierter Ingwer auch, Zwetschgenmus und ein Hauch Erdnussbutter
Gaumen: der erste Schluck mutet noch ein wenig fremd an, die oppulent würzige Signatur ist sofort da, allerdings schwingt dahinter ein dezenter, nicht wirklich näher zu definierender Muff-Ton mit, fast wie ein Obstbrand, der nicht bis ins Letzte sauber wirkt, stängelig, etwas grünlich, Vanille und dann Brioche, wiederum ein Spiel aus Haselnusscreme und Erdnussbutter, langsam findet der Bourbon seine Mitte, seine Ruhe, seinen Zug, viel dunkle Würze, Roggenbrot, geröstete Banane, auch unreife Banane, kein großer Schmeichler, eher ein Charakterdarsteller, Maple Syrup, Custard und Chocolate Brownie, viel Holz, ein deutlicher Reifeton
Finish: mittellanges Finish, mit viel Spice, Koriandersamen, Wacholder und auch etwas Vanillecreme, Mandelmilch, von Chili und Pfeffer aufgepeppt, im letzten Nachhall noch einmal grünliche Obstbrandnoten, Birne?, heller Karamell, Muskatnuss, ein Hauch Kokoscreme und etwas Dulce de leche, dann ein versöhnlicher Ausklang mit wärmendem Nachhall und Mango
Alles in allem: ja… anders! Der Joshua Brook ist nicht Kate Moss und auch nicht Heidi Klum, viel eher Mike Tyson oder Sylvester Stallone. Ein Kraftprotz… Sehr würzig tritt dieser Bourbon auf, die Reife ist klar ersichtlich, steht dem Gesamteindruck auch gut, einzig manchmal ist die Holznote etwas üppig und zu präsent am Gaumen. Nichts desto trotz, ein tolles Preis-Leistungs Verhältnis, ein ehrliches, sehr faires und anständiges Produkt – ob es „your everyday bourbon“ wird, muss jeder für sich entscheiden.
Mit den besten Spirits,
Reinhard Pohorec