Gestern Abend fand im Palais Coburg in Wien auf Einladung von Diageo die Verkostung von allen acht neuen Abfüllungen der Diageo Special Releases 2024 statt – und wir als Whiskyexperts waren eingeladen, uns im Rahmen der Präsentation durch Brand Ambassador Florian Mittendorfer einen Eindruck von den Whiskys zu machen.
Genau das haben wir getan, und möchten diese Eindrücke mit Ihnen teilen. Vor unsere eigenen Gedanken zu den einzelnen Whiskys stellen wir die offiziellen Infos, denn sie beschreiben unserere Meinung nach die Liquids recht gut, auch wenn nicht immer alle alles in ihnen wiedergefunden haben – auch die Notes sind immer eine Sache des persönlichen Eindrucks und der Tagesverfassung.
Zunächst aber vier Bilder aus der wirklich wunderschönen Location im ersten Wiener Gemeindebezirk:
Hier die Whiskys in der Reihenfolge, in der sie an diesem Abend verkostet wurden, und unsere Eindrücke dazu:
Roseisle „Origami Kite 2“
Die zweite Abfüllung der Roseisle-Destillerie, gereift in First-Fill-Ex-Bourbon Fässern und Refill Fässern, besticht durch ihre weiche, cremige Textur und führt die Handwerkskunst und den Pioniergeist von Roseisle in eine neue Geschmackswelt.
- Alkoholgehalt: 56,6 % Vol.
- UVP: 143,99 €
Unser Eindruck
Der Nachfolger der letztjährigen Abfüllung teilt den grundsätzlichen Charakter mit ihr, bringt aber mehr Breite an den Gaumen. Hier vereinen sich Weichheit und Punch zu einem sehr interessanten Dram. Für uns unter den Top 3 des Abends.
The Singleton „Autumn Walk“
Eine Kombination aus Ex-Bourbon-, aufgearbeiteten Ex-Wein- und Nachfüllfässern, veredelt mit europäischer Eiche und einzigartigen Eichenfässern aus den Pyrenäen. Das Ergebnis ist ein komplexer und geschmackvoller Malt mit süßen, würzigen und leicht trockenen Noten, die an einen Herbstspaziergang in den Pyrenäen erinnern.
- Alkoholgehalt: 54,7 % Vol.
- UVP: 149,99 €
Unser Eindruck
Die Nase hat tatsächlich etwas Herbstliches, aber eher auf der süßen Seite. Am Gaumen ein solider Whisky mit einer schönen, mundfüllenden Breite und einem doch recht langem Abgang. Einer, den man nicht nur nebenher trinken kann und will.
Benrinnes „Grand Crescendo“
Die älteste Edition der Kollektion – 21 Jahre alt, mit einer Symphonie aus Reifungen in amerikanischen Weinfässern, europäischen Eichenfässern und regenerierten Fässern mit verkohlten Böden. Ein wahres Meisterwerk.
- Alkoholgehalt: 55,4 % Vol.
- UVP: 459,99 €
Unser Eindruck
Fruchtgelee par excellence. Hier hat das Fassmanagement wirklich einen hervorragenden Whisky hervorgebracht, bei dem alle Geschmacksregler auf 11 gedreht wurden, was in diesem Fall sogar äußerst mögbar ist. Dieser Whisky hätte es locker in unsere Top 3 geschafft, aber der Preis ist etwas, wie man so schön sagt, prohibitiv…
Caol Ila „Ambrosial Feast“
Eine überraschend ungetorfte Variante, die cremige, nussige Noten mit frischem grünem Apfel kombiniert. Gereift in wiederbefüllten und erneuerten Weinfässern, enthüllt dieser Whisky die leichtere Seite von Caol Ila und lädt dazu ein, den Islay-Klassiker neu zu entdecken.
- UVP: 104,99 €
- Alkoholgehalt: 57,3 % Vol.
Unser Eindruck
Unser Sieger des Abends. Die Absenz von Rauch (abgesehen von einem winzigen Anteil, der in der Nase zu verspüren war) mach ihn zu einem Fest aus Malz, Nüssen und knackigem Getreide. Er kommt im persönlichen Ranking der ebenfalls rauchlosen „Stitchell Reserve“ von vor knapp einem Jahrzehnt ganz nahe.
Oban „Coastal Orchard“
In frisch ausgekohlten amerikanischen Eichenfässern gereift und mit Oloroso Sherry gewürzt, verbindet diese Abfüllung die frische Küstenbrise mit der Fülle der Früchte zu einem köstlichen Erlebnis.
- Alkoholgehalt: 58,0 % Vol.
- UVP: 114,99 €
Unser Eindruck
Not your typical Oban – aber sehr trinkbar. Die Fruchteindrücke wiegen etwas schwerer als der Küstencharakter, und das Ganze ist irgendwie etwas mehr als nur recharred plus Oloroso, da kommt auch das Liquid recht gut durch.
Mortlach „Midnight Dusk“
Veredelt in süßen Ramandolo-Weißwein- und Sangiovese-Rotweinfässern, tanzt dieser Whisky auf der Zunge, mit Schichten von Umami und Frucht. Seine ungewöhnlichen Aromen machen ihn zur perfekten Wahl für den Aperitif.
- Alkoholgehalt: 57,5 % Vol.
- UVP: 289,99 €
Unser Eindruck
Keine einfache Sache, dem in der Beschreibung gerecht zu werden. Die Rot- und Weißweinfässer wollen jedes für sich glänzen, und tun es damit gemeinsam nicht in der Weise, wie sie könnten. Für uns der Schwierige unter den Abfüllungen, für den es unserer Meinung nach einen passenden Moment braucht – vielleicht wirklich als Aperitiv…
Talisker „Tidal Churn“
Ein Whisky, der das tief verwurzelte maritime Erbe der Talisker Destillerie widerspiegelt. Inspiriert von den dynamischen Kräften des Meeres, kommt hier die Stone-spun-Methode zum Einsatz. Dieses Verfahren nutzt die kraftvolle Drehbewegung von Stein gegen Holz, wobei die Verkohlung mit Steinen und Wasser entfernt wird. Nach dem Steindrehen werden die Fässer noch einmal sanft getoastet, bevor der Whisky fertiggestellt wird. Diese Methode eröffnet eine neue Geschmackswelt, in der süße Noten von Birnen und Äpfeln unter dem für Talisker typischen maritimen Rauch hervortreten.
- Alkoholgehalt: 58,7 % Vol.
- UVP: 99,99 €
Unser Eindruck
Talisker geht immer, und als Achtjähriger hat er schon mehrmals bewiesen, dass er in diesem Alter und fassstark abgefüllt einen ersten Höhepunkt seines Daseins erreicht. Dass er diesmal kein Finish erhalten hat, tut ihm keinen Abbruch. Er schafft es damit, seiner Kraft und den maritimen Tönen, die aber nicht brachial daherkommen, in unsere Top 3.
Lagavulin „Fireside Tales“
Gereift in First-Fill-Ex-Bourbon- und wiederbefüllten Fässern, entfaltet dieser Whisky eine zarte, süße Rauchnote, begleitet von Toffee, Vanille und einem Hauch von Gewürzen. Eine wahre Lagerfeuergeschichte in jeder Flasche.
- Alkoholgehalt: 57,4 % Vol.
- UVP: 172,99 €
Unser Eindruck
The Return of the King. Nach dem Vorjahr ist er in diesem Jahr wieder mit seinen alten Qualitäten zurück – ein Zusammenspiel von Kraft und Eleganz. Dass er es nicht ganz in die Top 3 bei uns geschafft hat, liegt daran, dass diesmal die Balance nicht so perfekt ist wie in vielen vorigen Abfüllungen, sondern die Eleganz etwas die Oberhand gewonnen hat. Aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau. Empfehlenswert ist er auf jeden Fall!
Bitte beachten Sie, dass die Eindrücke unsere persönlichen Sichtweisen sind. Ihre Eindrücke mögen sichdann von den unsrigen unterscheiden – auch diese Individualität ist Teil der Faszination von Whisky…