Vielleicht werden einige schon Armorik, den bretonischen Whisky kennen, dieses vordergründig relativ langweilige Produkt der Warenghem Distillerie. Und vielleicht haben aus diesem vordergründigen Gefühl einige nicht die Möglichkeit wahr genommen, diese Brennerei und ihren Directeur Générale David Roussier bei seiner Tour durch Deutschland näher kennen zu lernen. Wir müssen ehrlich sein, vielleicht hätten wir, Simon Rosenkranz und Dirk Piesczek, diese Gelegenheit ohne die Einladungen von ALBA Import und Kaspar Spirituosen (vielen Dank nochmals an dieser Stelle) auch nicht wahrgenommen. Dafür sprach nicht nur die Einladung, sondern auch der problemlos für beide zu erreichende Veranstaltungsort und die Möglichkeit, nach fast sechsmonatiger Zusammenarbeit beim Internetprojekt Whiskyexperts sich mal im Real Life zu treffen. Und: Bedauert haben wir die Zusage nicht. Ganz im Gegenteil.
Schon seit 1900 wird in Warenghem destilliert, zu Beginn ausschließlich l’Elixir d’Armorique, ein Kräuterlikör. 1984 kam Melmor Chouchen, ein bretonischer Honigwein, später noch Fine Bretagne, eine bretonischer Calvados, und Pommeau de Bretagne, eine Kombination von Apfelsaft und Apfelbrand hinzu. 2001 wurde die Produktpalette noch durch das Bier Diwall erweitert. Für uns viel interessanter, 1987 präsentierte die Warenghem Distillerie den ersten bretonischen Whisky und 1998 den ersten bretonischen Single Malt Whisky.
Die Warenghem Distillerie ist seit ihrer Gründung im Familienbesitz. In Kombination mit der Herstellung verschiedener Produkte ermöglicht dies gewisse Experimente und Ungewöhnliches in der Whisky-Produktion. Und dies zeichnete auch die Präsentation am gestrigen Abend aus. Als Begrüßung wurde das Diwall Bier gereicht, zum Einstieg in die Armorik Whiskys gab es eine Probe des New Spirit. Als erste Kostprobe des Ungewöhnliche der Warenghem Distillerie präsentierte uns David Roussier eine Fassprobe eines Single Pot Still Grain Whiskys aus Weizen, der sechs Jahre in einem Oloroso Fass lagern durfte! Es ist noch nachvollziehbar, seinen Grain Whisky im Pot Still Verfahren zu brennen. Jedoch diesen dann in ein zehnmal teureres Sherryfass abzufüllen, statt in ein Ex-Bourbon Fass, wie es alle anderen Brennereien machen, zeigt deutlich den Mut der Warenghem Destillerie, ganz ungewöhnliche Wege auszuprobieren.
Zum Abschluss des ersten Teils des Tastings wurde Breizh verkostet, ein bretonischer Blended Whisky aus 50 % Single Malt Whisky, was schon außergewöhnlich genug ist, da bei den meisten schottischer Blends der Maltanteil zwischen 10% und 15% liegt. Die anderen 50 % bestehen aus Single Pot Still Grain Whisky, womit Breizh zu einem Single Pot Still Blend wird. Bis auf die Destillerie Loch Lomond produziert keine Brennerei auf der Welt so einen Blend. So wundert es auch nicht, dass dieser süß-fruchtige, ganz leicht rauchige Blend in einer Blindverkostung oft für einen Single Malt gehalten wird und in diesem Jahr bei den World Whiskies Awards in der Kategorie „Best European Blended“ gewann.
Am Ende der folgenden Pause verdeutlichte David Roussier seine Aussage, nicht viel aus seiner Destillerie verheimlichen zu wollen. Zum Nosen wurden geboten: Proben aus dem Vorlauf, dem Beginn des Mittellaufs, der Mittellauf auf seinem Höhepunkt und der Nachlauf. Welche Brennerei macht das noch?
Als Nächstes wurde der Armorik Classic 46% Vol. als Einstieg in die Armorik Single Malts vorgestellt. Dieser würzige, süß-malzige Whisky ohne Altersangabe besteht aus 60% 4 Jahre in Ex-Bourbon Fässern gelagerten Whisky, 30% lagerten 8 Jahre in Ex-Olorosa Fässern und die restlichen 10% kommen aus retoasted Fässern.
Ihm folgte der Armorik Double Maturation ncf nc, ein Vatting aus 2-Fill Oloroso Fässern und bretonischen Eichen-Fässern. Dieser süße, sehr rund und weiche Whisky mit leichten Holznoten gewann bei den World Whiskies Awards in der Kategorie „Best European Single Malt“, für die Warenghem Distillerie auch hier wieder völlig überraschend.
Den Abschluss bildeten zwei Single Casks in Fassstärke. Das Sauternees Fass no. 8037 wählte Alba Import vor Ort in der Bretagne selbst aus – und es wird so exklusiv für den Importeur abgefüllt. Während schottische Brennereien Sauternees Fässer zum gelegentlichen Finishen nutzen, lagerte dieser Whisky sechs Jahre ausschließlich in diesem Fass. Ein sehr guter und ungewöhnlicher Whisky, durch die Zugabe von Wasser wurde er noch würziger – ein Malt, mit dem man sich richtig auseinander setzen muss.
Zuletzt wurde der Armorik Millesime 2002 verkostet, welcher in diesem Jahr als 11jähriger in Fassstärke abgefüllt wurde. Er lagerte für 4 Jahre in einem Ex-Bourbon und danach in einem Oloroso Fass. Zur erwarteten Sherry-Süße kommt ein ganz leichte Holznote, ein wunderbarer Whisky.
Insgesamt eine sehr faszinierende Veranstaltung, beeindruckend die Offenheit, mit der David Roussier seine Brennerei vorstellte. Denn auch mancher Misserfolg bei der Wahl von Sherry Fässern, welche sich nachher als zu stark geschwefelt herausstellten, wurden nicht verschwiegen – und manch anderes auch nicht.
Wir können die beiden letzten Termine – heute in Linden / Gießen und morgen in Mainz – seiner Armorik Tasting Tour in Deutschland jedem nur wärmstens ans Herz legen.
Für das Tasting am Freitag in Mainz sind noch kurzfristig drei Plätze frei! http://www.whisky-selection.de