[alert type=white]Ledaig 7yo, 60.6%, C&S Dram Collection
Refill Sherry Butt, 652 Flaschen
destilliert: 13.5.2008
abgefüllt: 28.9.2015
nicht gefärbt , nicht kühlfiltriert
Sample: Caminneci Wine & Spirit Partner
Verkoster: Reinhard Pohorec[/alert]
Auf der Isle of Mull stehend, kann man bisweilen die Zeit vergessen, die Welt hinter sich lassen, den Stress und Lärm des Alltags abstreifen. Hier ticken die Uhren das Quäntchen gemächlicher, wenngleich doch eine rege Betriebsamkeit, Offenheit und Herzlichkeit überschwappt, gleich den Wogen, deren Gischt die raue Haut jener Inneren Hebriden Insel benetzt.
Tobermory Distillery ist nicht nur ein für sich genommen spannendes Werk sondern auch infrastrukturell bedeutsamer Teil des Eilands – die Whiskys von Klasse und Charakter geprägt.
Ledaig bezeichnet die getorften Vertreter hiesiger Brennkunst; wie sich das Ganze mit strammen sieben Lenzen, knackiger Fassstärke und aus den Händen eines unabhängigen Abfüllers ausnimmt…? Nun, read on, fellow.
Nase: Geröstete Nüsse, ölig, fettig süßliche Haselnüsse, auch Creme, wie auf einem saftigen Butterbrot verstrichen, gebrannte Mandeln, ein Hauch von Kirchtag und Weihnachtsdüften, dahinter mahnt wie eine aufsteigende Gewitterfront der dunkle, schwarze Vorhang schwer rauchiger Naturgewalt, eine Explosion, ein Feuerwerk im Duft, dazu grünliche Noten von Seetang, Avocado, eingelegte Oliven mitsamt der Salzlake, begleitet von Ahornsirup und Kürbiskernen, dann kurz auch helles Getreide, frisch-malzige Milchkaffee-Reminiszenz im Widerstreit mit Jod, Terpentin, Petrol und Teer, was für eine Nase, welch fordernd und beglückendes Spiel der Aromen
Gaumen: Schmeichler, Romantiker und Zartbesaitete seien gewarnt: hier geht die Post ab, filigran und elegant sind anders, die Modellfigur und High Heels müssen Muskelpaket und Boxhandschuhen weichen, eine brüllende Kraft wärmt Mund, Rachen und den ganzen Körper, wiederum schwarz-grüne Noten von Teer, Sepia, Moos, Moschus und russischem Leder, Karamell dazu, ein süßlicher Hauch von Erdnussbutter, Nougat und Bitterschokolade, Austernwasser, mineralische Schieferanklänge. Natürlich sind rund sechzig Umdrehungen am Alko-Tachometer eine stolze Ansage aber der Malt ist in keinster Weise sprittig, offensiv oder unangenehm, ein solch kompakt-fokussiertes Energiebündel aber trotzdem mit weichem Kern, die Wogen wiegen hin und her, kitzeln einmal hier, fordern da, überwältigen und begeistern, ein Haufen von Komplexität, der Spaß macht und nach einem nächsten Schluck schreit.
Finish: zart kleidet sich der Ausklang in ein Gewand von Melasse, heißer Schokolade, wärmenden Maroni, Biskuit und in Sepia getauchter Nuss-Marzipan-Karamell, Sellerie, Fruchtschmelz und rote Rübe, lange und impulsiv ist der Nachklang, verwegen, verstörend in seiner wundervollsten Art
Alles in allem: Sieben Jahre und so was von einem frechen, vorlauten Bengel, der aber eine Klasse, Reife und Seriosität versprüht, dass von Jugendlichkeit oder unerfahrener Lausbübigkeit keine Rede sein kann. Die Komplexität dieses Malts ist beeindruckend, die Kraft und Fülle fesselnd und zupackend, das Spiel aus Süße, Opulenz, maritim-salziger Individualität verführerisch. Ich bin kein Fan von Whisky-Lagerfeuer-nördliche-Breiten-Kitsch-Klischees, aber selten habe ich mich bei einem Dram so sehr an die raue Inselprovenienz und seine wärmste, herzliche Gastfreundlichkeit erinnert gefühlt. Pure Ambivalenz, glimmende Begeisterung im Glas – und ein „Spitzenklasse“ von uns.
Mit den besten Spirits,
Reinhard Pohorec