Donnerstag, 25. April 2024, 03:06:34

Wir verkosten: Longmorn 1961/2018, Gordon & MacPhail Private Collection Cask #512 & #508

Teil 1 unserer Verkostung seltener Whiskys: Zwei 57 Jahre alten Whisky aus der G&M Private Collection...

Longmorn 1961/2018, 40.8%, Gordon & MacPhail, Private Collection, cask #512
Longmorn 1961/2018, 45%, Gordon & MacPhail, Private Collection, cask #508
je 97 Decanter, nur im Doppel erhältlich
Sample: Gordon & MacPhail
Verkoster: Bernhard Rems

Zwei Fässer, am selben Tag gefüllt, in unmittelbarer Nachbarschaft gelagert, dann am selben Tag, 57 Jahre später, aus dem Fass entnommen – sie bilden die Grundlage für eine außergewöhnliche Abfüllung in der Private Collection von Gordon & MacPhail.

Die Whiskys wurden als „Twins“ in zwei Decanter abgefüllt und werden seit dem ersten Oktober als Set um satte 30.000 Britische Pfund angeboten. Beide stammen sie aus 1st Fill Sherry Hogsheads, aber Fass Nummer 512 bestand aus amerikanischer Eiche, während Fass 508 aus europäischer Eiche gefertigt wurde.

Wir haben von Gordon & MacPhail zwei Samples der beiden Raritäten zur Verfügung gestellt bekommen – und waren vor allem darauf gespannt, wie sehr sich die beiden Whiskys voneinander unterscheiden würden.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Der Unterschied zwischen den beiden Abfüllungen ist mehr als deutlich – nicht in der Qualität, da sind sie beide wirklich hervorragende Ausnahmewhiskys, sondern in der geschmacklichen Ausprägung.

Hier unsere Tasting Notes, nachdem beide Samples gut eine halbe Stunde im Glas ruhen durften:

Longmorn 1961/2018 (40.8%, Gordon & MacPhail, Private Collection, cask #512

Nase: Preiselbeeren, eingelegte Feigen, grünes Walnusshäutchen, etwas Vanille, etwas von fast schon trockenem Pfeifentabak in einer Mahagonischatulle, Weinbeisser mit weißer Zuckerglasur, sehr verhalten Speisewürze. Von den beiden Fässern die etwas zurückhaltendere, elegantere Nase. Jedenfalls ein Erlebnis.

Gaumen: Rote Johannisbeermarmelade mit Staubzucker, danach leichte Holznoten, die zum Ende hin stärker werden, angekauter Bleistift, etwas Tabaksaft, Espresso mit dunkler Schokoladenbohne, erstaunlich fruchtbetont – Preiselbeeren als Gatekeeper zum Finish.

Finish: pfeffrig, abtrocknend, getrocknete Johannisbeeren mit Mokka, endlos.

Longmorn 1961/2018 (45%, Gordon & MacPhail, Private Collection, cask #508

Nase: Dicht, eingelegte dunkle Früchte, Datteln, Kletzenbrot und Brombeeren, minzige Kräuternote, warmes Holz alter Bauernmöbel. Insgesamt wuchtig und deutlich mehr Körper als das Schwesterfass.

Gaumen: Edelhölzer mit wachsiger Politur, Schokolade, dann schwarze Kirschen, ungezuckerter Nusslikör, dunkle Blutorange und die kandierte Schale davon, eingelegte Sultaninen, Säuerliches vom Kampfer, dann wieder etwas Schokolade.

Finish: Sehr würzig, zerstoßene Chilis, ebenfalls abtrocknend, mit starken Einschlägen von Sauerkirschen und Tawny Orange.

Alles in allem: Beide Whiskys sind wunderbare Beispiele dafür, wie komplex und gleichzeitig lebendig so lange gereifte Tropfen sein können. Während Fass #512 fast noch verspielte Noten zeigt, trotz des Holzeinschlags, der aber eher ein Statement des Alters als eine Alterserscheinung ist, ist Fass #508 kraftvoll, breit und in seinen komplexen Eindrücken ein fast schon überwältigendes Erlebnis. Würde man den Verkoster vor die Entscheidung stellen, eines der beiden Fässern nochmals verkosten zu können, würde er sich nach reiflicher Überlegung für Fass #508 entscheiden, seine Präsenz ist wirklich begeisternd.

Abschließend möchten wir einem potentiellen Sammler oder Investor eines der 97 Decanterpaare in aller Bescheidenheit einen kleinen Rat geben: Falls Ihnen 30.000 Pfund keine gröberen Schmerzen bereiten, sollten es 60.000 Pfund auch nicht tun. Kaufen Sie bitte zwei Sets und öffnen Sie eines zum Trinken. Sie werden sich dann am Anblick der noch ungeöffneten Flaschen doppelt erfreuen. Mindestens!

Seit 2016 verzichten wir in unseren Tasting Notes auf numerische Bewertungen und geben unseren Eindruck nur mehr über die Beschreibung wieder. Wir tragen damit unserem Gefühl Rechnung, dass man mit einem starren Punkteschema Vergleiche forciert, die den Whiskys nicht gerecht werden. PS: Wir haben Geschmack. Unseren. Nicht Ihren. Unsere Verkostungsnotizen sind also kein richterliches Urteil, sondern unser persönlicher Eindruck.

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